Union Berlins Höhenflug stoppt auch gegen den VfL Wolfsburg nicht. Doch das Spiel zeigt auch: Union ist eben kein Spitzenteam. Vier Thesen zum Klub aus Köpenick.
Wie schnell man sich an Erfolg gewöhnt, zeigt das Beispiel Union Berlin. Vor der Saison noch als Abstiegskandidat gehandelt, stehen sie mittlerweile auf einem Europa-League-Rang. Plötzlich freut sich der Klub nicht mehr über ein Unentschieden gegen den VfL Wolfsburg – sondern muss sich fragen lassen, warum trotz Führung und Überzahl am Ende „nur“ ein 2:2 heraussprang. Erfolg weckt eben Erwartungen.
Dass Berlin-Köpenick plötzlich von Europa träumt, kommt nicht von ungefähr. Kaum eine Mannschaft punktet diese Saison so konstant wie Union. Gerade einmal zwei Spiele haben sie verloren. Das wirft die Frage auf: Ist Union ein verkapptes Spitzenteam? Oder doch eher ein Abstiegskandidat mit einer langen Glückssträhne? Vier Thesen zum Team.
Eckpfeiler des Berliner Erfolgs ist die stabile Defensive. Gerade einmal zwanzig Gegentore haben die Berliner diese Saison kassiert, das ist der fünftbeste Wert der Liga. Sie lassen die viertwenigsten Schüsse des Gegners zu. In dieser Statistik liegen sie sogar vor den Bayern.
Union überzeugt mit einer körperlich robusten sowie taktisch disziplinierten Abwehrreihe. Trainer Urs Fischer wechselt häufig zwischen Vierer- und Fünferkette. Zu Beginn der Saison kam häufiger ein 4 – 2‑3 – 1‑System zum Einsatz, zuletzt kehrte er zum 5−3−2 der Vorsaison zurück.
In beiden Varianten überzeugt die Berliner Abwehr durch ihre hohe Robustheit. Im Mittelfeld agieren die Berliner nah am Mann, zwingen die Gegner so in Zweikämpfe und drängen sie nach außen. Doch auch von hier hat er selten die Chance, vor das Tor zu gelangen: Die Innenverteidigung hat ihre Stärken vor allem in der Verteidigung von Flanken.
In der Offensive fand bei Union im Verlaufe der Saison ein Umdenken statt. Bereits zu Saisonbeginn setzte Trainer Fischer vor allem auf den Flügeln auf schnelle Offensivkräfte, die mit Tempo hinter die gegnerische Abwehr sprinten. Gefüttert werden sollten diese vom zurückfallenden Stürmer Max Kruse oder Sechser Robert Andrich.
Seit der Verletzung von Kruse setzt Fischer seine schnellen Spieler lieber im Zentrum ein. Sheraldo Becker, zu Saisonbeginn noch als Rechtsaußen aktiv, und Taiwo Awoniyi bilden einen Doppelsturm. Sie sollen mit ihrem hohen Tempo hinter die gegnerische Abwehr starten. Union setzte mit dieser Aufstellung zuletzt vermehrt auf Konter.
Die Taktik geht auf: Seit der Verletzung von Max Kruse erzielte Awoniyi drei Treffer, Becker traf in den vergangenen beiden Spielen. Im Spiel gegen den VfL Wolfsburg sah man dieses Tempo besonders beim Treffer zum 1:1: Nach einem Ballgewinn im Mittelfeld konnte Becker nicht einmal fünf Sekunden später am Strafraum abschließen. Das Tempo und das Timing beim Lauf hinter die Abwehr stellen die meisten Defensivreihen der Liga vor Probleme.