Siegtor in letzter Minute, Elfmeter, Platzverweis – der Sonntag in England hatte es in sich. Vier Teams streiten um den Titel. Neben Leicester gibt es nun eine weitere Sensation.
Das Wort „super“ wird nicht nur auf Pressekonferenzen des FC Bayern mittlerweile inflationär gebraucht. Auch in den Trailern der Sportsender ist unverhältnismäßig oft von einem „Super-Sonntag“ die Rede, wenn ein „Halbwegs-interessanter-Sonntag“ treffender formuliert wäre. Am Valentinstag 2016 allerdings war der Slogan in England durchaus angemessen. Innerhalb weniger Stunden trafen die ersten Vier der Tabelle in direkten Duellen aufeinander, Tabellenführer Leicester spielte beim Dritten Arsenal, der Zweite Tottenham reiste zum Vierten Man City.
Für die Fans gab es dann wahrlich keine Produktenttäuschung, der Tag bot feinste Unterhaltung samt Siegtreffer in der letzten Minute, märchenhafter Comeback-Geschichte, Platzverweis, Elfmeter-Kontroversen und packender Zweikämpfe. Spielerisch setzte die Premier League wie so häufig in der Saison kaum neue Maßstäbe, doch die Spannung an der Tabellenspitze sucht sehr wohl in Europa ihresgleichen: 12 Spieltage vor Schluss streiten gleich vier Mannschaften um den Titel, mit den Teams auf Rang eins und zwei hätte vor der Saison wohl keiner gerechnet.
Arsenal – Leicester City 2:1
Nach Leicesters Coup bei Man City in der Vorwoche war auch dem letzten Zweifler gewahr geworden, dass diese Truppe jetzt doch wirklich und tatsächlich das Zeug zum Titelgewinn hat. Von großem Druck war bei den „Foxes“ allerdings nicht viel zu spüren, symbolisch dafür stand Topstürmer Jamie Vardy. Kurz vor dem Anpfiff feixte er mit seinen Mannschaftskollegen munter an der Auswechselbank, kurz vor der Halbzeit holte er nicht nur einen Elfmeter heraus, sondern verwandelte diesen auch höchstselbst zur 1:0‑Führung.
Vardys Auftritt war wie jener seiner zehn Kollegen in der ersten Halbzeit einfach nur: abgezockt. Leicester agierte kühl und effizient, im Stile einer Spitzenmannschaft. „Wir tun es mit einem Lächeln“, pflegt der italienische Trainer Claudio Ranieri leicht maliziös zu sagen.
Siegtor nach neun Monaten Pause
In der zweiten Halbzeit aber verbarrikadierte sich das Team nur noch am eigenen Sechzehner, was auch dem Platzverweis für Danny Simpson geschuldet war. In der 70. Minute kassierte das Team zwar den Ausgleich, doch dank der couragierten Verteidigung und eines überragenden Kasper Schmeichel im Tor hätte es zu zehnt beinahe den Punktgewinn über die Zeit gebracht.
Kurz vor Schluss entschieden die Einwechselspieler aber das Spiel: Zunächst Leicesters Marcin Wasilewski, der seinem Gegenspieler völlig ohne Not ins Gesicht griff und einen Freistoß in aussichtsreicher Position verschuldete. Dann Arsenals Danny Welbeck, der genau diesen Freistoß mit dem Kopf ins lange Eck verlängerte. Welbeck war nach einer neunmonatigen Verletzungspause erst kurzfristig in den Kader gerückt. Perfektes Timing.
Leicester zu übermotiviert
Jener Schlussakkord erzählte viel über die unterschiedlichen Welten zwischen Arsenal und Leicester. Die „Gunners“ profitieren nicht nur durch Welbecks Comeback über viel mehr Potenzial von der Bank, mit Theo Walcott hatte bereits der andere Joker zum 1:1 getroffen. Leicester hingegen spielt Woche für Woche mit der identischen Elf, im Vergleich zu den anderen Topteams haben sie zwar die breitesten Verteidiger, aber nicht den breitesten Kader.
Das fiel bisher weniger ins Gewicht, da die „Foxes“ weitgehend von Verletzungen und Sperren verschont blieben. Bis zum Spiel gegen Arsenal stellten sie die fairste Mannschaft der Premier League, am Sonntag allerdings kassierten sie gleich vier Verwarnungen und einen Platzverweis. Die sonst so kaltschnäuzigen Außenseiter agierten zu oft übermotiviert und überhastet.