Fenerbahçe Istanbul eilte jahrelang von einem Erfolg zum nächsten. Dann führte Präsident Aziz Yıldırım den Verein ins Chaos und landete im Knast. Kann der neue starke Mann die Talfahrt des Traditionsvereins stoppen?
Der mit reichlich Vorschusslorbeeren ausgestattete Cocu ließ den Nachwuchs jedoch meist auf der Bank und experimentierte viel mit Formationen, ohne dabei in seiner viermonatigen Amtszeit zu einem stabilen Mannschaftsgefüge zu finden. Darüber hinaus enttäuschten auch die erfahrenen Neuzugänge um Stürmer Islam Slimani auf ganzer Linie.
Schnell wuchs der Druck auf Cocu, der vielleicht auch die Sprachbarriere und Anpassungsschwierigkeiten in Istanbul unterschätzt hatte. Selbst ein Totalumbau und ein geduldiger Präsident schützen in Kadıköy nicht vor der Erwartungshaltung von Millionen von Fans, die spätestens ab Mitte Oktober einen alten Bekannten forderten: Ersun Yanal, mit dem Fener 2014 den letzten Meistertitel holte. Nach einigen durchwachsenen Wochen mit Interimstrainer Erwin Koeman gab Koç schließlich nach und die Anhänger bekamen, was sie wollten.
„Was wir jetzt brauchen, ist Ruhe“
Zurück in Charlottenburg läuft im Wettbüro auf allen Screens endlich das Topspiel des Abends: Der Tabellensiebzehnte Fenerbahçe trifft auf den Tabellensechzehnten Erzurumspor. Drei Tage nach seiner Verpflichtung sitzt Ersun Yanal zum ersten Mal an der Seitenlinie. Das Şükrü Saracoğlu Stadion in Kadıköy ist für einen Montagabend gut gefüllt und die Partie beginnt verheißungsvoll mit zwei schnellen Toren für das Heimteam.
Die Kamera zeigt immer wieder in Großaufnahme Yanal, der leidenschaftlich die Mannschaft anpeitscht. „Das ist es, was uns gefehlt hat“, wirft Fener-Fan Ceylan mit einer „geht doch!“-Geste ein. Wie bestellt, stimmen auf einmal die Kurven „Ersun-Yanal“-Sprechchöre an, während das Team ansehnlich den Ball laufen lässt. Doch direkt nach der Pause fällt nach hanebüchenem Defensivverhalten der Anschlusstreffer, in der Nachspielzeit das 2:2. Fenerbahçe steht weiter auf einem Abstiegsplatz.
Für Ceylan bleibt es indes dabei, Koç war die richtige Wahl: „Man kann Alis Arbeit nicht nach nur sechs Monaten bewerten. Was wir jetzt brauchen, ist Ruhe für langfristige Planung, wie sie Manager in der Premier League gewährt bekommen.“ Ruhe und Weitsicht – gelingt es dem neuen Präsidenten diese Tugenden in den Süper Lig-Alltag einzuführen, wäre es nicht weniger als die erhoffte Revolution für den Verein.