Vor zehn Jahren beendete Oliver Kahn seine Karriere. Wir blicken zurück, durch Bananenhagel, auf unfassbare Paraden und ein Denkmal, das schwer zu lieben war.
Dass er dem alten Kontrahenten Jens Lehmann vor dem Elfmeterschießen gegen Argentinien die Hand gab und ihm Glück wünschte, war im Endeffekt zwar nur eine Randnotiz, aber sie sorgte dafür, wenngleich gewaltig aufgebauscht, dass Kahn zum ersten Mal in seiner Karriere beliebt war. Der Einzelgänger war wieder Teil einer Mannschaft. Noch vor der WM und der Entscheidung der T‑Frage hatte ein in Zeitlupe hechtender Kahn in einem Werbespot quäken müssen „Titan, Titan, ohne Abwehr ist nichts mit Titan“, was zwar zu vielen Lachern, nicht aber zu der Annahme geführt hatte, Kahn sei plötzlich ein Teamplayer. Nun hatte er sich wieder eingegliedert. Dass er dabei keineswegs glücklich aussah, tat seiner neuen Popularität keinen Abbruch.
Echte Freude
So konnte er nach seinem letzten Länderspiel im kleinen Finale gegen Portugal, bei dem er noch einmal großartig hielt und die Kapitänsbinde trug, auf dem Höhepunkt seiner Karriere zurücktreten – nicht in sportlicher, sondern in menschlicher Hinsicht.
In seiner letzten Saison bekam Kahn nicht allzu viel zu tun, doch wenn er gebraucht wurde, war er zur Stelle. Noch einmal zeigte er einige unfassbare Paraden, zum Beispiel, als er es im Spiel gegen Leverkusen noch schaffte, an einen abgefälschten Ball noch im Flug die Fußspitze zu bekommen und ihn neben das Gehäuse zu lenken.
Noch einmal erlebte er einen dieser magischen Momente des Fußballs, als die Bayern in Getafe ein schon mehrfach verlorenes Spiel doch noch drehten und ins Halbfinale des Uefa-Cups einzogen. Dieses Mal hat sich Kahn nicht alleine gefreut, sondern im Kreise seiner Mitspieler, und auch wenn er dabei Mark van Bommel einen rechten Haken auf die Nase verpasste, sah es dieses Mal auch wirklich nach Freude aus und nicht nach manischer Ersatzhandlung.
Nicht die Erfolge allein machen glücklich
Oliver Kahn hat spät gelernt, dass ihn Erfolge allein nicht glücklich machen und dass er auch einen Ausgleich braucht für den, da ist das Wort ein letztes Mal, Druck, der all die Jahre auf ihm lastete und an dem er beinahe zerbrochen wäre.
Inzwischen glaubt man ihm, wenn er sagt, das Aus im Uefa-Cup gegen St. Petersburg habe ihm nicht so viel bedeutet. Dieser Pokal war ohnehin kein großer Ansporn mehr für jenen Mann, der außer dem Weltmeistertitel alles gewonnen hat, was es im Fußball zu gewinnen gibt, auch die EM, 1996 mit Jürgen Klinsmann. Doch über jene Nacht von Getafe freut er sich noch immer, und wenn er darüber spricht, dann lacht er. Aus vollem Hals.