Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Was soll man halten von dieser Bun­des­liga? Einer­seits: Jeder kann jeden schlagen, das Mit­tel­feld ist so dicht bei­sammen wie noch nie. Ande­rer­seits: Wirk­li­chen Spit­zen­fuß­ball hat uns diese Hin­runde nur selten beschert. Und: Trotz zwi­schen­zeit­lich schwä­chelnder Bayern ist ein span­nendes Titel­rennen weiter ent­fernt denn je.

Beide Seiten der Medaillen hängen eng mit der tak­ti­schen Ent­wick­lung der Bun­des­liga zusammen. Die Bun­des­liga hat sich in der Hin­runde in eine klare Rich­tung ent­wi­ckelt: Die meisten Teams favo­ri­sieren die Defen­sive. Wir listen die fünf größten tak­ti­schen Auf­fäl­lig­keiten dieser Saison.

1. Die Mann­de­ckung schlägt zurück

Mann­ori­en­tie­rung ist ein Mode­wort im modernen Fuß­ball. Es bedeutet letzt­lich nichts anderes, als dass ein Ver­tei­diger sich in erster Linie an seinem Gegen­spieler ori­en­tiert, nicht am Raum. In der Tat ver­folgen die Bun­des­liga-Ver­tei­diger ihre Gegen­spieler enger als vor drei, vier Jahren. Gerade im Mit­tel­feld kleben die Bun­des­liga-Spieler an ihren Gegen­spie­lern.

Machen wir uns nichts vor: Diese Mann­ori­en­tie­rungen sind letzt­lich nichts anderes als eine moderne Form der Mann­de­ckung. Auch in den Neun­zi­gern sind die Ver­tei­diger ihren Gegen­spie­lern nicht immer bis auf das Klo gefolgt“, wie Sepp Her­berger zu sagen pflegte, son­dern haben ihre Gegen­spieler an ihre Mit­spieler über­geben. Heute funk­tio­niert es ähn­lich, wenn auch etwas raum­ori­en­tierter. 

Der große Unter­schied: Heute wird auf dem ganzen Feld gedeckt, damit man den Gegner auch schon in dessen Hälfte unter Druck setzen kann. Die Ver­bin­dung zwi­schen Mann­de­ckung und aggres­sivem Angriffs­pres­sing ist einer der großen Trends dieser Saison.

2. Spieg­lein, Spieg­lein auf dem Feld…

Der Trend zur Mann­de­ckung hängt eng mit einem wei­teren Trend zusammen: Die tak­ti­sche Fle­xi­bi­lität hat zuge­nommen, immer mehr Trainer stellen sich auf den Gegner ein – zumin­dest defensiv. Die häu­figste Vari­ante in der Bun­des­liga: Ein Team spie­gelt die For­ma­tion des Geg­ners. Läuft der Gegner mit einem Sechser und zwei Zeh­nern auf, wird das ver­tei­di­gende Team dem Sechser einen Zehner und den Zeh­nern zwei Sechser ent­ge­gen­stellen.

Das Kalkül dieser Vari­ante: Auf dem gesamten Feld sollen Mann­de­ckungen her­ge­stellt werden. Spie­gelt man die For­ma­tion des Geg­ners, hat jeder Ver­tei­diger auto­ma­tisch einen Gegen­spieler. Ein­tracht Frank­furt und Han­nover 96 sind in dieser Saison die her­aus­ra­genden Ver­treter dieses Trends. Aber auch der VfB Stutt­gart, Werder Bremen und zu Teilen der FC Augs­burg setzen auf Spie­gel­for­ma­tionen.

3. Fün­fer­kette ist der neue Stan­dard

Wenn ein Bun­des­liga-Team mit einer Fün­fer­kette in eine Partie startet, ist der Kom­men­tator man­ches Mal über­rascht: Heute treten sie tat­säch­lich nicht mit einer Fün­fer­kette an, nicht mit einer Vie­rer­kette!“ Eigent­lich müsste man es mitt­ler­weile anders­herum betrachten: Die Aus­nahme ist heut­zu­tage, wenn ein Team nicht mit einer Fün­fer­kette antritt. Die Fün­fer­kette kam in dieser Saison ins­ge­samt häu­figer zum Ein­satz als die Vie­rer­kette.

Die Domi­nanz der Vie­rer­kette hat sich fast ein Jahr­zehnt gehalten; spä­tes­tens mit dieser Saison ist sie end­gültig vorbei. Die meisten Teams wollen auf den zusätz­li­chen Mann in der Abwehr nicht ver­zichten. Er soll das eigene Team besser gegen Pässe in die Tiefe wappnen. Zugleich muss im Aufbau kein Mit­tel­feld­spieler zurück­fallen, damit die Außen­ver­tei­diger auf­rü­cken können. 

4. Schließt das Zen­trum!

Viele Teams nutzen eine For­ma­tion mit Fün­fer­kette, um das Zen­trum zu schließen. Gerade die 5 – 3‑2-Vari­ante ist dazu prä­de­sti­niert, das Mit­te­feld­zen­trum zu domi­nieren. Die beiden Stürmer lenken schon den Aufbau nach außen, die drei zen­tralen Mit­tel­feld­spieler decken die geg­ne­ri­schen Mit­tel­feld­spieler. Schalke hat das Ver­schieben im 5−3−2 per­fek­tio­niert; auch des­halb über­win­tern sie auf Rang 2.

Aber auch in anderen For­ma­tionen sind Teams aktuell bedacht, das Zen­trum zu ver­schließen. Sie wissen, dass Flanken bei den meisten Geg­nern keine Pro­bleme dar­stellen. Zum einen sind Flanken schwer zu plat­zieren, zum anderen fehlt vielen Teams ein Ver­werter im Straf­raum. Nur Außen­seiter Augs­burg macht sich dies wirk­lich zunutze: Sie haben sich auf Flanken spe­zia­li­siert, Philipp Max füt­tert Stürmer Alfred Finn­bo­gason. 

5. Nehmt ihr ruhig den Ball! Wir brau­chen ihn nicht!

Seit Jürgen Klopp mit seinem Voll­gas­fuß­ball die Bun­des­liga domi­niert hat, haben sich viele Trainer dem Kon­ter­spiel ver­schrieben. Das spürt man beson­ders in dieser Saison: Viele Teams fühlen sich wohler, wenn sie dem Gegner den Ball über­lassen können und das Spiel nicht selber gestalten müssen. In der Tat steht diese Saison eher für Defen­siv­fuß­ball. Die Tor­quote ist mit 2,75 Tref­fern pro Spiel im Ver­gleich zu den Vor­jahren leicht gefallen, Spek­takel gab es nur in wenigen Par­tien. 

Dies ist einer der Gründe, warum der Bun­des­liga der­zeit ein Ver­folger für die Bayern fehlt: Die defen­siv­tak­ti­sche Ent­wick­lung ist weiter als die offen­siv­tak­ti­sche. Es ist kein Zufall, dass sich sämt­liche Taktik-Trends in diesem Artikel auf die Defen­sive beziehen. 

Spit­zen­teams fehlen aktuell die tak­ti­schen Mittel, starke Defen­siv­reihen zu kna­cken. Egal ob Leipzig, Hof­fen­heim, Schalke oder Lever­kusen: Sie alle haben einige Punkte liegen gelassen gegen indi­vi­duell schwä­chere Teams. So gelingt es vielen Außen­sei­tern, mit einer guten Defen­siv­taktik den Gegner matt zu stellen. Will­kommen in der defen­siven Liga.