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Breit grin­send grüßte David Beckham am 5. Sep­tember von der Dach­ter­rasse des Soho Houses Miami. Von dort, wo laut peni­blem Hotel­ma­nage­ment eigent­lich keine Fotos erlaubt sind, um die Exklu­si­vität seiner Gäste zu schützen, hielt Beckham die Titel­seite des Miami Herald“ in die Höhe. Die sah im ersten Augen­blick wie eine Kopie der Gazetta dello Sport“ aus, die gesamte Seite war in Pink gehalten und im Zen­trum prangte das Logo von Flo­ridas neu­estem Exportgut: Inter Miami FC. David Beckham war am Ziel.

Nicht immer schwarzen Zahlen, aber ganz viel Gewinn

Denn bereits kurz nach seinem Kar­rie­re­ende 2013 hatte er die us-ame­ri­ka­ni­sche Pro­fi­liga ins Visier genommen. Aus den fünf Jahren, in denen er für LA Galaxy gespielt hatte, wusste Beckham, dass sich die MLS nicht nur im Wachstum befand, son­dern für Besitzer der ein­zelnen Klubs auch pro­fi­tabel wurde. Zwar machten 2016 offi­ziell nur zehn der 19 Klubs einen Gewinn, doch durch die Ein­nahmen eine Toch­ter­firma – der Soccer United Mar­ke­ting (SUM) – und einem Umla­ge­system der MLS ver­dienen alle Ver­eins­ei­gen­tümer ganz prächtig am US-Fuß­ball.

Seit Monats­be­ginn ist klar, dass Beckham und ein ihn flan­kie­rendes Netz­werk aus Geschäfts­män­nern von diesem Effekt ebenso pro­fi­tieren werden. 2020 wird Inter Miami FC als 25. Mit­glied der MLS den Spiel­be­trieb auf­nehmen. Doch Beckham und Co. als Tritt­brett­fahrer eines funk­tio­nie­renden Sys­tems zu beti­teln wäre falsch, denn es scheint, als könnte in Miami die Kom­mer­zia­li­sie­rung des Fuß­balls ein ganz neues Level errei­chen.

Pop Idol

Allein ein Blick auf die übrigen Anteils­eigner am neu­ge­grün­deten Klub lohnt sich. Neben Beckham gehört Simon Fuller zu den Eigen­tü­mern, ein bekannter Musik­pro­du­zenten und Sport­ma­nager, der früher unter anderem Beckham, seine Frau Vic­toria und Lewis Hamilton beriet und nebenher das Kon­zept von Pop Idol“ erfand (hier­zu­lande besser bekannt als Deutsch­land sucht den Super­star“). Fuller träumte schon vor zwölf Jahren davon, dass Fans ihre Mann­schaft per Internet-Voting zusam­men­stellen würden, benannte die Vor­aus­set­zungen für einen Fuß­ball­star so: Sie müssen aus der Umklei­de­ka­bine kommen, glänzen, per­fekt ange­zogen sein, eine Aura ver­breiten und die Frau­en­welt elek­tri­sieren. So wie David.“

Tat­säch­lich galt Beckham schon zu seiner Zeit bei Man­chester United als eine Person, auf die sich Sehn­süchte und Vor­stel­lungen fast aller Men­schen ver­einen ließen. Für viele war er Sex­symbol, bol­lige bri­ti­sche Fuß­ball­fans liebten seine Grät­schen, Kids imi­tierten seine Flanken und alle anderen inter­es­sierten sich ent­weder für seine Ehe oder sein soziales Enga­ge­ment. Fuller, sein Manager, fasste es gegen­über dem Spiegel“ so zusammen: Pop­stars, das sind nichts anderes als Marken, die man bis zum letzten aus­nehmen muss.“ In man­chen Fällen, beson­ders bei den Pop-Idol-Pop­stars, war die Halb­werts­zeit schnell erreicht. Andere Marken sind noch längst nicht am Ende.

Und genau eine solche Marke schaffen Fuller und Beckham nun in Miami. Schon in LA hatte Beckham eine Fuß­ball-Aka­demie geschaffen, laut eigener Aus­sage, um die Ent­wick­lung der Sportart in den USA zu för­dern. Die Aka­demie hat er nicht aus Gut­mü­tig­keit eröffnet, son­dern weil er damit Profit macht“, mahnte Grant Wahl schon 2009, nachdem er das Buch Das Beckham-Expe­ri­ment“ ver­öf­fent­lich hatte. Der Ver­dacht liegt nahe, dass Beckham nicht allein aus Liebe zum Fuß­ball han­delt, hatte er doch ein wei­teres Aka­de­mie­ge­lände in London bereit­willig und zu einem guten Preis ver­kauft, als genau dort Luxus­woh­nungen ent­stehen sollten.

Miami? Welt­stadt für alle Kul­turen

Club Inter­na­cional de Fútbol Miami soll zeigen, so war es in der Mit­tei­lung zu lesen, dass Miami eine Welt­stadt ist, welche alle Kul­turen und und Gemein­schaften will­kommen heißt.“ Der Name Inter­na­cional“ solle dabei den inter­na­tio­nalen, viel­fäl­tigen, krea­tiven und ehr­gei­zigen Geist“ des Klubs ver­deut­li­chen. Prin­zi­pien, die grund­sätz­lich natür­lich nicht zu ver­achten sind, im Gegen­teil. Aber eben auch jene Prin­zi­pien, die Beckham, der Star auf den sich alle einigen konnten, so groß werden ließen.

Beckham, Fuller und Geschäfts­partner Masay­oshi Son, ein japa­ni­scher Unter­nehmer, der zuletzt damit auf­fiel, dass er nach der Wahl Donald Trumps gemeinsam mit dem Prä­si­denten ver­kün­dete, 150 Mil­lionen Dollar in US-Start-Ups zu inves­tieren, haben eine gute Stra­tegie für Miami ent­wi­ckelt.

Ein neues Lebens­ge­fühl

Zum einen, selbst­ver­ständ­lich, herrscht in Flo­rida ver­gleichs­weise wenig MLS-Fuß­ball­kon­kur­renz – allein Orlando City spielt im glei­chen Staat. Zum anderen dürfte die ange­strebte Diver­sität im Klub auch die his­pa­ni­sche Bevöl­ke­rung Flo­ridas anziehen. Und: In den USA sehen sich Eltern nach Alter­na­tiven für ihre Kids um, nachdem Ame­rican Foot­ball nach den wis­sen­schaft­li­chen Stu­dien um gras­sie­rende Kopf­ver­let­zungen an Ansehen ver­loren hat. Ein Verein, der Viel­fäl­tig­keit und Krea­ti­vität aus­strahlt, und dessen berühmter Eigen­tümer vom Dach des Soho Hauses und gleich­zeitig gemeinsam mit der gesamten Familie vom Cover der GQ“ grüßt, als Wer­be­model für Unter­wä­sche, luxu­riösen Whiskey und teure Motor­räder zur Ver­fü­gung steht, könnte genau diese Sehn­sucht nach einem unge­fähr­li­chen, ange­se­henen Fami­li­en­sport befrie­digen. Inter­na­cional Miami, ein Lebens­ge­fühl, das etwas kosten darf.

Zumal Beckham und Co. bereits ankün­digten, klotzen statt kle­ckern zu wollen. Welt­meister Antoine Griez­mann kün­digte bereits in der L’equipe“ seine Bereit­schaft an, zum Kar­rie­re­ende in Miami zu spielen. Der­weil bag­gert die Ver­eins­füh­rung aktiv an Lionel Messi, der 2020 immerhin 33 Jahre alt wäre. Eine Marke muss eben bis zum letzten aus­ge­nommen werden.