Die Premier League, die reichste Liga der Welt, will in einem Monat wieder spielen. Doch die Stimmung im Land kippt. Auch weil England gerade die massiven Folgen des Coronavirus zu spüren bekommt.
Vicarage Road, das Stadion des FC Watford, liegt nur einige Fußminuten vom General Hospital der Stadt nordwestlich von London entfernt. Im Moment wird dort, wie fast überall sonst in der Welt kein Fußball gespielt. Es finden in den Logen auch keine Tagungen oder vereinsinterne Besprechungen mehr statt, das Stadion ist gerade weitgehend ungenutzt. Deshalb hat der FC Watford dem Krankenhaus in der Nachbarschaft angeboten, die Räumlichkeiten im Stadion wofür auch immer zu nutzen: als Besprechungsräume, zur Unterbringung der Kinder von Krankenhausmitarbeitern oder einfach als Lagerraum. „Wir müssen den Fußball jetzt einmal vergessen und uns darauf konzentrieren, alles zu tun, um das NHS (das staatliche britische Gesundheitssystem, Anm. der Redaktion) zu unterstützen, insbesondere das Watford General Hospital“, teilte Scott Duxbury, der Geschäftsführer des FC Watford, in einer Pressemitteilung des Klubs mit.
Unterstützung in der Corona-Krise gibt es in England derzeit von vielen Klubs. Der FC Arsenal hat 150.000 Pfund für den Kampf gegen das Virus gespendet und alle vereinseigenen Autos den NHS-Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Die beiden Klubs aus Manchester, der FC Liverpool oder Leeds United haben für die örtlichen Food Banks gespendet, das englische Gegenstück zu den Tafeln hierzulande. Und Spieler des AFC Bournemouth und von Brighton & Hove Albion haben bei älteren Jahreskarteninhabern angerufen, um sich bei ihnen nach dem Wohlbefinden zu erkundigen.
Das Bild von Klubs, die sich um die Sorgen der Community und ihrer Anhänger kümmern, ist aber nur eine Perspektive darauf, was im englischen Fußball gerade verhandelt wird. Zugleich stellt sich die Frage, wie es für die Vereine der reichsten Liga der Welt weitergehen wird. Sollte die Saison nicht zu Ende gebracht werden, stehen Rückforderungen aus Fernsehverträgen von umgerechnet 760 Millionen Euro im Raum. Der gewaltige Betrag erklärt sich aus den gewaltigen Summen, die von der Premier League im eigenen Land und der ganzen Welt erlöst werden. Für Spitzenklubs wie Liverpool oder Manchester City würde das bedeuten, dass ihnen über 80 Millionen Euro allein an Fernsehgeldern fehlen. Dazu kommen noch ausbleibende Zuschauereinnahmen und Gelder von Sponsoren. So sind inzwischen sogar Klubs aus der oberen Hälfte der Tabelle teilweise verzweifelt auf der Suche nach Krediten, um nicht zahlungsunfähig zu werden.