Jahrzehntelang haben sich Fußballwissenschaftler, Datenjournalisten und Friseure diese eine Frage gestellt: Welchen Einfluss hat die Glatzköpfigkeit von Fußballtrainern auf ihren Erfolg? Nun ist die Antwort da. Und lässt die Fußballwelt sprachlos zurück.
In seinem Buch „Spurious Correlations“ hat der Autor Tyler Vigen verrückte Scheinkorrelationen zusammengetragen. Darin stellt er zwei Variablen einander gegenüber, die erst einmal nichts miteinander zu tun haben – bis auf die Tatsache eben, dass sie miteinander korrelieren, also statistisch zusammenhängen. So fand Vigen etwa heraus, dass mit dem sinkenden Marktanteil des Internet Explorers auch die Mordrate in den USA gesunken ist. Dass der steigende Kauf von Biolebensmitteln mit der Anzahl gestellter Autismus-Diagnosen korreliert. Oder, dass in Maine nicht nur die Scheidungsrate abfiel, sondern zeitgleich auch der Pro-Kopf-Konsum von Margarine.
Nun hat ein Engländer dieses Prinzip auf den Fußball übertragen und zwei Variablen miteinander verglichen, die auf den ersten Blick so gar nichts miteinander zutun haben: Die Glatzköpfigkeit und der Erfolg von Premier-League-Trainern.
Ja, der Fußball fehlt uns. Aber die Pause macht erfinderisch. Manch einer würde vielleicht auch sagen verzweifelt. Dass ein Engländer die Relation zwischen Haaren auf dem Kopf und der Gewinnchance von Premier-League-Trainern errechnet, lässt wohl eher Zweiteres vermuten.
Seine Forschungsergebnisse hat der Reddit-User u/31_whgr in einem simplen Punktdiagramm dargestellt. Die Y‑Achse zeigt die Glatzköpfigkeit, skaliert von 0 bis 100 Prozent. Auf der X‑Achse sieht man die prozentuale Siegesausbeute der 20 Premier-League-Trainer.
Was uns das Ergebnis nun genau sagen soll, ist nicht hinreichend dargelegt. Der Macher dieser Studie nimmt uns dabei nicht weiter an die Hand, erläutert weder seine Erkenntnisse noch drängt er uns in eine gewisse Richtung. So bleibt der Interpretationsspielraum dieser Analyse groß.
Und auch, ob die prozentuale Glatzeneinteilung durch Bemessen der Haarfollikel pro Quadratzentimeter oder doch per Augenmaß geschehen ist, geht aus der Quelle nicht hervor. Dass Jürgen Klopp eine 40-prozentige Glatze bescheinigt wird – so viel vorweggenommen – muss aber mit seiner Haartransplantation vor einigen Jahren zusammenhängen.
Was aber mit dem ersten Blick auf das Diagramm auffällt, ist eine Kumulation im unteren Grafik-Mittelfeld. Soll heißen: die meisten Trainer liegen in der Glatzen-Skala unterhalb der Mittellinie, verfügen also (noch) über einigermaßen dichte Haarpracht.
Damit einher geht eine durchschnittliche Gewinnwahrscheinlichkeit, die irgendwo zwischen 20 und 50 Prozent liegt. Erste Erkenntnis daher: Die meisten Trainer sind semi-erfolgreich und haben relativ wenig Probleme mit ausfallenden Haaren.
Es tummeln sich beispielsweise Ralph Hasenhüttl, Mikel Arteta, Ole Gunnar Solskjaer und Frank Lampard in einem Feld zwischen 0 und 20 Prozent Glatzköpfigkeit bei 35- bis 50-prozentiger Siegeswahrscheinlichkeit. Was uns das nun sagt? Ganz genau, keine Ahnung!
Schauen wir über die Mittellinie, sehen wir vier Trainer, bei denen eine Glatzköpfigkeit von über 50 Prozent ausgemacht wird: Jose Mourinho, Nuno Espírito Santo, Sean Dyche und Pep Guardiola. Letzterer spielt sowieso in seiner eigenen Liga und ragt mit einer „Baldness“ von 102 Prozent gar aus der Grafik heraus. Die Gewinnwahrscheinlichkeit liegt obendrein bei 75 Prozent, womit er einsam seine Kreise zieht. Nicht einmal Klopp kann auf der Gewinnachse mithalten. Da liegt er bei knapp 65 Prozent gewonnener Spiele.
Erschrak die Fußballwelt Anfang Februar noch, weil sich Jose Mourinho eine Glatze schneiden ließ, wird jetzt klar sein, warum er das getan hat. Sein Ziel ist es ganz offenbar, in Guardioloas Glatzen-Sieges-Metier vorzustoßen.
Ginge man mal davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit einer Glatze mit dem zunehmenden Alter korreliert, könnte man versuchen, aus der Grafik einen Zusammenhang zwischen Alter und Punkteschnitt zu ziehen.
Ein Blick ans anderen Ende der Grafik zeigt Norwichs Trainer Daniel Farke, der durch dichte Haarpracht besticht, aber eine schwache Siegesausbeute von nicht einmal 20 Prozent hat. FC Burnleys Trainer Sean Dyche hingegen, mit beinahe 100-prozentiger Glatze, aber einer schwächeren Ausbeute von nur 30 Prozent gewonnener Spiele, liegt mit Farke vertikal dicht beisammen.
Doch auch diese Korrelation führt schnell ins Nichts. Glatze Dyche und Wuschel Farke trennen bloß fünf Jahre. Viel über den Zusammenhang des Alters mit gewonnen Spielen sagt das also nicht aus.
Es ist bitter wie wahr, dass nichts Gewinnbringendes aus dieser Studie hervorgeht. Bloß, dass eine Glatze die Gewinnchance erhöht, wenn darunter das Gehirn Pep Guardiolas liegt.
Korrelationen im Fußball sind ohnehin ein Mysterium. Ballbesitz, Torschüsse, Eckenverhältnis sind Parameter, die am Ende nichts aussagen, wenn der Gegner dir kurz vor Schluss einen Konter reindrückt und mit 1:0 nach Hause fährt. Es gibt so einigen Irrglauben im Fußball: die Wahrscheinlichkeit sei niedriger, dass der Gefoulte den anschließenden Elfmeter verwandelt, die Fehlentscheidungen des Schiedsrichters würden sich am Ende der Saison ausgleichen oder beim Tippspiel gewinne immer der, der am wenigsten Ahnung hat.
Auch wenn die letzten Anachronisten noch daran glauben, sind die meisten Fußballmythen längst widerlegt. Es gibt kaum noch Geheimnisse oder Unerklärliches in diesem Sport, der heute von allen Seiten beleuchtet scheint. Wo sogar mit der VAR-Lupe aufs Spielgeschehen geschaut wird und Nacktscanner den Fußballfan röntgen.
Da ist es doch schön, sinnfrei ein Phänomen zu platzieren, ein wenig Verwirrung in diese durchgetaktete Fußballwelt zu streuen. Und wer weiß, vielleicht reiht sich bald eine neue Scheinweisheit ein, die es dann erst einmal zu entkräften gilt: Wer einen glatzköpfigen Trainer hat, kann nur gewinnen!