Drittligist KFC Uerdingen verpflichtet Stefan Effenberg als Manager, um der Krise zu entkommen. „Effe“ wird viel Mut und Geschick in seinem neuen Amt brauchen, denn auf ihn warten nicht nur sportliche Herausforderungen.
Denn der Russe hat die Verdrängung eines Walrosses. Wenn ihm etwas nicht passt, macht er kurzen Prozess. Gut möglich, dass einer wie er sich unterbewusst in Effenberg sogar einen Konterpart erhofft, der ihm auf Augenhöhe begegnet. Der ihm, wenn es sein muss, auch mal sagt, aus welchen Belangen er sich rauszuhalten kann. Der die Interessen des Mäzens moderiert, ihm aber in wichtigen Fragen auch mal Kontra gibt. Denn eins ist sicher: So ungeordnet und ohne erkennbare Strategie kann es beim KFC nicht weitergehen.
Frühere Bundesliga-Stars wie Kevin Großkreutz, Jan Kirchhoff oder Assani Lukimya laufen ihrer Form meilenweit hinterher. Der Kader wirkt unausgegoren und gehemmt. Dass es einen Funktionär braucht, der sportliche Expertise mitbringt, der einen groben Überblick über den Transfermarkt hat und eine Idee, wie erfolgreiche Mannschaften funktionieren, steht außer Frage. Niemand würde Effenberg diese Eigenschaften absprechen. Nun muss er beweisen, dass er auch über die Empathie, das pädagogische Geschick und ausreichend Rationalität verfügt, um auf allen Klubebenen die Verkrampfung zu lösen, die die hohen sportlichen Erwartungen in Verbindung mit den jüngsten menschlichen Verwerfungen offenbar ausgelöst haben.
Effe kann viel Reputation verspielen
Dass Stefan Effenberg den Mut aufbringt, sich auf dieses unsichere Terrain zu begeben, um wieder Anschluss im aktiven Geschäft zu findet, verdient Respekt. Er hätte es sich leicht machen können und wäre wie die Ex-Kollegen Matthäus und Basler den Rest seines Berufslebens als schlaffer TV-Experte über die Runden gekommen. Doch offenbar fehlt ihm der Geruch von Gras so sehr, dass er lieber den Sprung ins eisige Wasser von Uerdingen riskiert, in dem sich einige namhafte Protagnisten – Stefan Krämer, Norbert Meier, Michael Wiesinger, you name it – eine fiese Grippe eingehandelt hatten.
Und die Reputation, die ein Mann wie Effenberg bei diesem Deal verspielen kann, ist da freilich noch um einiges bedeutsamer. Als Stefan Effenberg im Oktober 2015 bei seiner ersten Pressekonferenz in Paderborn die Bühne betrat, sagte er: „Ich bin es wirklich“. Als müsse er sich selbst noch einmal versichern, dass er nun als Trainer in den Niederungen der zweiten Bundesliga angekommen sei. Ihm ist nur zu wünschen, dass er sich vor dem Engagement in Uerdingen gut überlegt hat, wohin er sich begibt: Als Manager-Greenhorn zu einem schlingernden Drittligisten im Greifarm eines selbstverliebten Investors.
Gehen wir davon aus, dass er sich der Gefahr bewusst ist, was für ihn hier auf dem Spiel steht. Ansonsten könnte es Effenbergs letzte Patrone im großen Fußball-Monopoly gewesen sein.