Klaas-Jan Huntelaars Rückkehr zum FC Schalke 04 ist längst nicht so kitschig wie sie gemacht wird. Sie könnte es aber werden.
Es hätte ein schöner Mai werden können für Klaas-Jan Huntelaar. Zum Ende einer großen Karriere mit hunderten von Toren hätte er noch einmal Meister werden können. Und das nicht mit irgendeinem Verein, sondern mit Ajax Amsterdam, einem Klub, für den er lange gespielt hat und der ihm viel bedeutet. „Ajax ist der Klub, der für den schönsten Fußball steht“, sagt er in seinem Interview auf Ajax’ YouTube-Kanal. „Nirgendwo sonst hat man als Stürmer so viel Spaß.“
Er hätte noch eine Menge mehr Spaß haben können, hätte sicher noch ein paar Tore zum Titelgewinn beigesteuert. Vielleicht, wenn die Pandemie es zugelassen hätte, wäre die Mannschaft im Frühjahrs-Sonnenschein durch Amsterdams Grachten geschippert und hätte umjubelt von Tausenden Anhängern gefeiert. Es hätte sicher Blumen gegeben, große Worte und tolle Videos.
Ein Video gab es nun auch, doch es war Huntelaars Abschiedsvideo. Der Stürmer wechselt zu Schalke 04.
Und also ist die Wahrscheinlichkeit nicht gerade gering, dass Klass-Jan Huntelaar im Mai 2021 mit dem FC Schalke 04 aus der Bundesliga absteigt. Vielleicht wird er auch hier noch ein paar Tore zur verzweifelten Rettungsmission besteuern, doch ob die ausreichen, ist höchst fraglich. Und statt Jubelfahrten über Amsterdamer Grachten wartet dann Tristesse am Rhein-Herne-Kanal. Die Frage muss also erlaubt sein: Warum tut der Mann sich das an?
Die Antwort ist simpel: Weil er vermutlich nicht anders kann.
Denn so sehr Klaas-Jan Huntelaar der „Hunter“ ist, ein Torjäger im klassischen Wortsinn, so sehr ist er gleichzeitig auch ein Getriebener. Ein Süchtiger. Seine Droge: Tore. „Tore zu schießen, ist Teil meiner Identität“, sagt er in jenem Interview , das die Verantwortlichen mit dem hübschen Hashtag #TheLastHunt versehen haben – die letze Jagd. „Seit meiner jüngsten Kindheit stehe ich vor dem Tor und warte auf meine Chance“, sagte er schon vor über zehn Jahren im 11FREUNDE-Interview.
„Ich liebe Herausforderungen. Daraus ziehe ich meine Energie“
Zuletzt lauerte er, der Jäger, aber immer seltener vor dem Tor auf seine Chance, sondern saß auf der Ersatzbank. Nur 383 Minuten hat er in dieser Saison bislang in der Eredivisie auf dem Platz gestanden. Die reichten ihm immerhin für sieben Tore. Zuletzt traf er nach seiner Einwechslung gegen Twente Enschede in der 89. Minute gleich doppelt. Aber: Die Aussichten auf weitere Minuten und damit auf weitere Tore bei Ajax haben sich verschlechtert, seit ihm die Vereinsführung mit Sebastien Haller einen weiteren Mittelstürmer vor die Nase gesetzt hat.
Huntelaar macht keinen Hehl daraus, dass er Ajax auch deshalb verlässt, weil er sich auf Schalke mehr Einsätze verspricht: „Ich werde dort mehr Spielzeit erhalten. Dort kann ich in meinen letzten Monaten mehr von mir zeigen.“ Dass es schwierig wird, weiß er. Die Situation, die ihn auf Schalke erwartet, sei im Grunde das komplette Gegenteil von der in Amsterdam. Aber, und auch das gibt er zu, das sei genau das, was ihn reizt: „Ich liebe Herausforderungen. Daraus ziehe ich meine Energie.“
Toreschießen, sagte Klaas-Jan Huntelaar mal, das sei für ihn wie Mathematik: „Ich kalkuliere die Situation und suche systematisch nach der besten Lösung. […] Wichtig ist nur: Der Weg zum Tor sollte immer der einfachste sein.“ Ist also auch sein Wechsel zu Schalke nur das Produkt kühler Berechnungen? Der einfachste Weg zum Tor? Mitnichten!