In Bremen machte sich Klaus Allofs einst einen Namen als König der überraschenden Top-Transfers. Und wie hat er bislang in Wolfsburg gearbeitet?
Klaus Allofs hat glorreiche Zeiten geschaffen. Im Führungstandem mit Thomas Schaaf bastelte er in Bremen eine Mannschaft, die 2004 Meisterschaft und DFB-Pokal an die Weser holte. Doch nach 13 Jahren fragte sich der Architekt des größten Erfolges der Werder-Vereinsgeschichte, „ob das für mich noch Sinn macht oder ob ich an Grenzen stoße“. Also ging Allofs 2012 nach Wolfsburg, wo die Grenzen am Kader-Reißbrett bekanntlich sehr weich gezeichnet sind. Was macht den als Verhandlungsgroßmeister geltenden Allofs in Wolfsburg aus? Ein Blick auf seine fünf größten Coups. Oder auch: die Top 5 des Fußballmanager-Einmaleins.
André Schürrle – Pokern was das Zeug hält
„Wenn meine Oma so viel Schotter hat, holt sie den auch“, bekrittelte der Stammtisch den Rekord-Wechsel von André Schürrle. Beim teuersten Winter-Transfer der Bundesligageschichte stellte Klaus Allofs jedoch den Mehrwert eines Fußballmanagers unter Beweis. Denn bei einem Schürrle-Wechsel kann man trotz üppigem Kapital effizient bleiben – insbesondere auf einem Nebenschauplatz. Durch den sich anbahnenden Zugang von Schürrle war der Weg für Ivica Olic nach Hamburg frei. Es war eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Denn der Kroate wollte zurück zum HSV und Dietmar Beiersdorfer hatte ihn als Wunschspieler auf seiner Liste. Dennoch verzichtete Allofs nicht auf seine Effizienzstrategie: Er feilschte und pokerte. Unter 1,5 Millionen Euro Ablöse plus Nachschläge dürfe Olic nicht gehen, sagte er zu Beiersdorfer. Der HSV-Sportdirektor zögerte. Allofs erklärte daraufhin dem „Kicker“: „Aus Respekt vor Ivica Olic haben wir uns mit dem Thema beschäftigt und sind zu der Entscheidung gekommen, dass er bleibt.“ Er sagte das mit der Gewissheit im Hinterkopf, dass André Schürrle an einem Wechsel interessiert war und man Olic daher eigentlich liebend gerne abgeben wollte. Beiersdorfer nahm die hochgetriebene Forderung entgegen und gab ihr unter Druck nach. Der Schürrle-Transfer war fortan abwartendes Feilschen. Chelsea ließ zuvor wissen: Schmerzgrenze 30 Millionen Euro, über niedrigere Angebote verhandelte man erst gar nicht. Allofs erhöhte auf 32 Millionen und gab klar zu verstehen, dass Wolfsburg die Solidarabgaben für Schürrles Ausbildungsklubs Mainz 05 und Ludwigshafener SC nicht leisten wird. Nach einem beidseitigem Wartespiel bis zur letzten Minute bekam Schürrle die Freigabe.
Kevin De Bruyne – Die Presse macht den Preis
Wie man die Öffentlichkeit für seine Zwecke nutzt, veranschaulichte Allofs auch beim Transfer von Kevin De Bruyne. Er hatte den Belgier 2012 bereits per Leihe nach Bremen geholt und wollte ihn nun ganz vom FC Chelsea loslösen. José Mourinho setzte De Bruyne kaum ein, wollte das große Talent aufgrund seiner Perspektive aber nicht zwingend ziehen lassen. Also rief „The Special One“ über die englischen Medien einen Preis von 25 bis 30 Millionen Euro aus. Allofs bezeichnete diese Konditionen als „jenseits von Gut und Böse“. Er hatte in den vorherigen Transferperioden die Erfahrung gemacht, dass Deals platzen können, wenn andere Vereine im Wissen um das Interesse eines Mitbewerbers den Preis in die Höhe treiben. Romelu Lukaku und Alvaro Morata wechselten damals entgegen anfänglicher Bereitschaft nicht nach Wolfsburg. Nach Wochen der Verhandlungen einigten sich Wolfsburg und Chelsea auf 22 Millionen Euro. Kevin De Bruyne kam von der Stamford Bridge nach Wolfsburg und entwickelte sich dort zum Top-Torschützen.
Luiz Gustavo – Wechsel sind Macht
In Understatement übte sich Allofs auch beim Wechsel von Luiz Gustavo. „Wir haben uns bemüht, unsere Chancen stehen nicht schlecht“, sagte der Wolfsburger Boss. Doch der Deal war vielmehr aufgrund eines anderen Details interessant. Bei seinem Werben um die namhafte Verstärkung bekam Allofs den Rücken von oberster VW-Riege gestärkt. Der Vorstandsvorsitzende, Martin Winterkorn, buhlte bei den Bayern-Bossen über den zu verkaufenden Brasilianer. „Wir haben hier keinen Sparkurs ausgerufen“, sagte Allofs selbstbewusst nach dem neuen Spendierhosen-Commitment von VW. Als Luiz Gustavo dann tatsächlich für 16 Millionen Eurozu Wolfsburg wechselte, versinnbildlichte das einen Zeitenwandel. Der tiefe Griff in die Schatulle zeigte: Wolfsburg rüstet auf, kann am Verhandlungstisch mit den Bayern mithalten und will das in Zukunft auch am Platz schaffen.
Dieter Hecking – Eiskalt bei Stange halten
Dieter Hecking zum Wolfsburg-Trainer zu machen, war ein kluger Coup. Der Wechsel wurde anfangs kritisiert, doch mittlerweile ist klar: Mit dem großen Unterschätzten ist Wolfsburg der Bayern-Jäger Nummer eins. Allofs holte Hecking für eine Ablösesumme von 750.000 Euro aus Nürnberg – gerade noch, bevor seine Ausstiegsklausel im Vertrag ausgelaufen war. Nebenher verhandelte er mit Bernd Schuster. Der ehemalige Real-Meistertrainer erzählte im Nachhinein über die Verhandlungsgespräche: „Allofs sagte mir, ich sei die Idealbesetzung für Wolfsburg.“ Der Wolfsburg-Sportdirektor verhandelte parallel mit beiden Kandidaten und entschied sich letztlich für Hecking. Insbesondere weil Schuster seinen gesamten Betreuerstab besetzen wollte und Hecking nur seinen langjährigen Assistenten als Mitbringsel forderte. Für Schuster, der bereits am Flughafen stand, um nach Wolfsburg zu fliegen, war die Absage ein „falsches Spiel“. Allofs antwortete geschäftsmännisch trocken: „Es war blauäugig von ihm anzunehmen, dass er der einzige Kandidat war.“
Klaus Allofs – Nur die Herausforderung zählt
Er hat sich beinahe selbst transferiert. Denn es hing schlussendlich nur an Klaus Allofs Entscheidung, ob der Wechsel von Klaus Allofs zustande kommt. Zu groß war sein Verdienst in Bremen, als dass man ihn dort blockiert hätte. Als es dann geschah, war es für den Manager und seinen neuen Klub ein großer Gewinn. Allofs erhöhte sein jährliches Einkommen um das Doppelte, ging zu einem wesentlich finanzkräftigerem Klub und Wolfsburg ist dank der Kaderplanung unter Allofs Spürnasen-Regie am besten Weg in die Champions League. Nur für Bremen war die Einigung ein schmerzlicher Verlust. Denn Allofs fast fluchtartiger Abgang passierte vor allem sehr unvorbereitet. Immerhin verließ er seinen auf der Kippe stehenden Herzensklub während der laufenden Spielzeit am 12. Spieltag – und das, wo er einen Abgang zuvor dementiert hatte. „Im Fußball verändern sich die Dinge ganz schnell“, sagte Allofs dann nach dem Wechsel nüchtern und bekam laut einem Bericht der Welt unter vorgehaltener Hand Bezeichnungen wie „mieser Charakter“ und „Undankbarkeit“ aus Bremer Funktionärs-Mündern mit auf den Weg. Die reizvolle Aufgabe war ihm den unschönen Abgang wert.