Antonio Rüdiger ist verletzt abgereist, Mats Hummels weiterhin angeschlagen. Die deutsche Defensive gleicht vier Tage vor dem EM-Auftakt einem einzigen Fragezeichen.
Der Aufstrebende: Skhodran Mustafi
Vor der WM 2014 runzelten selbst gestandene Fußballexperten beim Namen Skhodran Mustafi die Stirn. Nun, zwei Jahre später, zweifelt niemand mehr ernsthaft an der Nominierung des 24-jährigen Innenverteidigers. Mustafi ist Stammspieler beim FC Valencia, hat in dieser Saison in Liga, Champions und Europa League insgesamt 44 Mal gespielt.
In der Primera Division, der vielleicht stärksten Liga der Welt, misst er sich wöchentlich mit Stars wie Cristiano Ronaldo, Lionel Messi oder Luis Suarez. Warum nicht also auch bei der EM?
Joachim Löw schickte Mustafi bei der WM 2014 in zwei Spielen von Beginn an aufs Feld – allerdings als Rechtsverteidiger. Mittlerweile hat der Bundestrainer diese Einschätzung korrigiert. Er sieht Mustafi nur noch im Zentrum, was diesen automatisch zum heißen Kandidaten auf einen Startplatz in Löws EM-Aufstellung macht.
Mustafi ist ein ähnlicher Spielertyp wie Höwedes: robust, defensiv zuverlässig, am Ball vielleicht sogar noch etwas versierter. Gut möglich, dass der Bundestrainer daher zwischen beiden Spielern entscheidet. Auch eine Möglichkeit: Höwedes bleibt auf der rechten Seite, Mustafi spielt innen. Es wäre wohl die löw’sche Sicherheitsvariante.
Stammspieler-Chancen: 60 Prozent
Die Überraschung: Joshua Kimmich
Eigentlich ist Joshua Kimmich ja defensiver Mittelfeldspieler. Seit das gerade mal 21 Jahre alte Supertalent aber vor der Saison zum FC Bayern wechselte, ist Kimmich zur defensiven Allzweckwaffe mutiert. 17 Mal spielte er für den Rekordmeister auf der Sechs, 16 Mal in der Innenverteidigung und zweimal auch auf der rechten Abwehrseite. Spätestens nach der Rüdiger-Verletzung klopft Kimmich nun auch bei Joachim Löw an der Tür zur Startelf.
Löw hat Kimmich nach den letzten Testspielen demonstrativ gelobt. Er habe ihn im Trainingslager intensiv als Rechtsverteidiger geschult, „weil ich glaube, dass er das sehr gut kann“, sagte Löw vergangenen Samstag im „ZDF“. Dennoch testete der Bundestrainer den Durchstarter im Ernstfall (also einem Länderspiel) bislang noch nicht als Rechtsverteidiger.
Für den Perfektionisten Löw wäre ein Kimmich-Kaltstart bei der EM auf ungewohnter Position eher ungewöhnlich. Das bringt eine ganz neue Rolle für den Bayern-Youngster ins Spiel: die des Rüdiger-Ersatzes.
Nicht nur die Tatsache, dass Kimmich zuletzt im DFB-Pokalfinale gegen Borussia Dortmund an der Seite von Jerome Boateng verteidigte, spricht für diese Variante. Kimmich hat in der zurückliegenden Saison mehrfach bewiesen, dass er Innenverteidiger spielen kann. Er überzeugte durch gutes Stellungsspiel und überragende Technik. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass Kimmich im Champions-League-Achtelfinal-Hinspiel gegen Juventus Turin zwar gut spielte, bei beiden Gegentoren aber patzte.
Stammspieler-Chancen: 50 Prozent