Red Bull Salzburg könnte am Abend den größten Erfolg seiner Vereinsgeschichte feiern und Borussia Dortmund aus der Europa League kegeln. Dabei versinkt der Klub aus Österreich gerade in der Bedeutungslosigkeit.
Der Artikel erschien erstmals am 30. November 2017.
Es war so trostlos. Am Mittwoch, beim Liga-Heimspiel gegen Mattersburg (2:0), verirrten sich kaum mehr als 3.000 Zuschauer ins Salzburger Stadion. Nach dem Schlusspfiff grüßte das Team des deutschen Trainers Marco Rose zwar von Platz Eins, nur: Das interessiert keinen. Der österreichische Serienmeister RB Salzburg fristet ein trauriges Dasein in der Bedeutungslosigkeit, ohne richtige Fans, ohne echte Emotionen, ohne wirkliche Gegner, ohne greifbare Mission. Gut zwölf Jahre nach der Übernahme des Vorgängervereins SV Austria durch die Red Bull GmbH ist Salzburg nur noch ein seelenloser Zulieferbetrieb für das neue Lieblingskind des Brausekonzerns – für RB Leipzig.
Tja, irgendwie traurig, werden sich viele in Leipzig sagen. Andererseits: Dem deutschen Vizemeister Rasenballsport wird ein solches Schicksal niemals ereilen – denken viele. Wirklich? Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz (73) hat nie ein Hehl daraus gemacht, warum er sein Haupt-Fußball-Engagement von Österreich nach Sachsen verlagert hat – wegen der fetteren Fernsehgelder in Deutschland und der höheren Chancen auf internationale Erfolge. Droht Rasenballsport Leipzig eines Tages eine ähnliche Degradierung wie Salzburg, wenn Red Bull seinen Plan ändern sollte?
Auch in Salzburg war die Euphorie zunächst riesig
Angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen Überlegenheit der englischen Premier League gegenüber der Bundesliga gibt es konzernintern immer wieder Überlegungen, bei einem prominenten Klub in England einzusteigen. Dann wäre Leipzig vielleicht nicht mehr am Ende der Zulieferkette, sondern mittendrin. Wie schön sich das anfühlt? In Österreich wissen sie das nur zu gut.
Dort hatte Mateschitz den Salzburgern einst Flügel verliehen, durch Finanzdoping in dreistelliger Millionenhöhe. Die Mannschaft aus der Mozartstadt sollte Europa und die Champions League im Sturm erobern. Doch stattdessen versagte sie kläglich – ein ums andere Mal. Spürbar enttäuscht, holte der Red-Bull-Patriarch den Club aus seiner Heimat auf den harten Boden der Realität zurück: Salzburg ist nur mehr Durchgangsstation. Die talentiertesten Spieler werden Jahr für Jahr nach Leipzig delegiert. Jene, die in Österreich zurückbleiben, gehen ihrer Arbeit eher mit Frust als mit Lust nach.
Dabei deutete 2005, nach dem Red-Bull-Einstieg, alles auf eine glorreiche Salzburger Zukunft hin. Wie derzeit in Leipzig schwappte eine gewaltige Anfangs-Euphorie durch die Arena am Fuße der Alpen. Um die 15.000 Zuschauer kamen im Schnitt, das ist exorbitant für österreichische Verhältnisse. Gut, es war ein etwas anderes Publikum als das beim SV Austria. Viele, die nun kamen, waren Event-Junkies, angelockt vom amerikanisch anmutenden Popcorn‑, Hotdog- und Lightshow-Ambiente. Andere verstanden sich als fachkundige Fußballzuschauer, die endlich mal einen hochklassigen Kick in Österreichs Bundesliga sehen wollten.