Wie starten Havertz und Werner? Warum stichelt Klopp gegen Chelsea? Was macht Mourinho? Die wichtigsten Antworten zum Premier-League-Start.
Liverpool ist als amtierender Meister der Gejagte. Im Interview mit der BBC hat Trainer Jürgen Klopp gleich mal scharf geschossen, als er sagte, in Zeiten der Pandemie könne sein Verein nicht wie Oligarchen oder Länder einkaufen. „Wir können das nicht über Nacht ändern und sagen: ‚Wir wollen uns jetzt wie Chelsea verhalten‘“, hob Klopp auf die große Shoppingtour des Londoner Rivalen ab. Der Trainer gab ansonsten den Mahner vor zu großen Erwartungen und führte sodann das Auftaktprogramm der Reds ins Feld. Am Samstag erwartet Liverpool zwar „nur“ den Aufsteiger Leeds United, doch der Gast kommt mit ungeheurer Euphorie nach 16 Dürrejahren Zweiter Liga und dem Trainer-Mastermind Marcelo Bielsa an die Anfield Road. Die folgenden Gegner heißen Chelsea und Arsenal. Klopp ist schon mal auf Temperatur.
Erster Kontakt, erstes Tor: Timo Werner hat sich prächtig für seinen neuen Arbeitgeber Chelsea eingeführt. Im Testspiel gegen Brighton erzielte er gleich mal die Führung (Endstand 1:1). Die Euphorie um Kai Havertz an der Stamford Bridge war so groß, dass der offizielle Kanal ihn als Kia vorstellte und damit den einen oder anderen Internetspaßvogel zum Photoshoppen animierte. Am Montagabend geht es für die „Blues“ wieder gegen Brighton, das von Verletzungen gebeutelt ist. Englische Medien gehen davon aus, dass beide deutschen Nationalspieler von Beginn an auflaufen – Werner als zentrale Spitze, Havertz über rechts.
Den verbalen Infight mit Liverpool hat Chelsea-Trainer Frank Lampard bereits aufgenommen. Nach dem vorletzten Ligaspiel der abgelaufenen Saison (5:3 für Liverpool) warf er Klopp arrogantes Verhalten vor: „Wenn Leute von der Bank dich absichtlich provozieren, indem sie ständig aufspringen, dich süffisant angrinsen und ständig lachen, dann wird eine Grenze überschritten.“ Klopp hingegen antwortete, dass Lampard noch viel zu lernen habe. Zwar ist der ehemalige englische Nationalspieler noch relativ frisch im Geschäft, doch steht ihm jetzt schon ein Luxuskader mit Titelambitionen zur Verfügung. Während Liverpool bei den Ausgaben für Thiago noch den Preis drücken will, gab Chelsea das Geld mit beiden Händen aus:
Die wohl 130 Millionen Ablöse für Havertz und Werner sind beileibe nicht die einzigen Ausgaben an der Stamford Bridge. Außerdem neu: Ben Chilwell kam von Leicester für 50 Millionen oder Hakim Ziyech (Foto) von Ajax Amsterdam für 40 Millionen. Beide fallen allerdings beim Ligastart verletzt aus. Immerhin ablösefrei aus Frankreich reisten Malang Sarr und ein gewisser Thiago Silva für die Abwehr an. Chelsea sei trotzdem weit davon entfernt, um den Titel mitzuspielen, stapelte Trainer Lampard tief. Tatsächlich muss sich das neue Starensemble erst einspielen und vor allem darauf hoffen, dass Schlüsselspieler N’golo Kante in dieser Saison gesund bleibt.
Aufgrund der Europapokal-Spiele (United in der Europa League, City in der Champions League) haben die beiden Manchester-Klubs eine Woche länger Pause. United startet dann gegen Crystal Palace, City gegen Wolverhampton. Letztere gelten wie gewohnt als heißeste Titelanwärter neben Liverpool und stehen vor großen Entscheidungen. Pep Guardiola geht in sein letztes Vertragsjahr – ihm liegen spätestens nach dem Champions League-Aus gegen Lyon nicht mehr alle Fans und Experten zu Füßen. Die Diskussion um seine Zukunft bei den Citizens ist bereits in vollem Gange und wird sich durch die Saison ziehen. Sportlich muss Guardiola vor allem die Schwächen in der Defensive abstellen. Mehr Disziplin wünschen sie sich in Manchester auch vom großen Talent Phil Foden. Der Mittelfeldspieler wurde erst kürzlich in der Nationalelf nach Hause geschickt, weil er trotz Corona-Auflagen Damenbesuch im Hotelzimmer hatte.
United-Trainer Ole Gunnar Solskjaer wurde gegenüber der BBC fast schon philosophisch: „Ich bin lieber ein Optimist und irre mich, als dass ich ein Pessimist wäre und richtig liege.“ Eine klare Prognose für die Saison wollte er dennoch nicht abgeben. Mit Donny van de Beek (Foto) aus Amsterdam hat der Klub einen riesigen Griff gemacht, zu dem ihm selbst Ajax in einer Zeitungsanzeige gratulierte. Trotzdem warten sie in Manchester immer noch auf einen weiteren Hochkaräter, namentlich Jadon Sancho, der trotz aller Aussagen aus Dortmund immer noch als neuer Transfer gehandelt wird. Der „Guardian“ kommentierte süffisant: „Dortmund hat einen konkreten Preis und eine konkrete Frist genannt. Manchester hat weder den Preis gehalten noch die Frist. Das sind nun mal nicht die besten Voraussetzungen.“
Der Ex-Nationalspieler witzelte bei einer Fragerunde auf Twitter gegen den Rivalen Tottenham. „Wenn ich nichts gewinnen will, dann würde ich dorthin gehen.“ Am Samstag steht ein anderes Londoner Derby an: Arsenal muss zu Fulham. Auf Özils Dienste auf dem Platz statt an der Tastatur soll Trainer Mikel Arteta dabei allerdings verzichten. Der Trainer sagte über Özil: „Es gibt keine Updates. Wir haben mehrere wirklich gute Spieler auf vielen verschiedenen Positionen.“ Die kalte Schulter des Trainers hat bei Özil allerdings noch nicht für Abwanderungsgedanken gesorgt. Er bleibe bis zum letzten Tag der Vereinbarung, ließ er verlauten.
Ein besonderes Spiel steht am Sonntagabend an: Everton gastiert bei Tottenham. Die „Toffees“ haben sich mit Abdoulaye Doucouré vom Absteiger Watford im defensiven Mittelfeld verstärkt. Und Trainer Carlo Ancelotti hat seinen Zögling James Rodriguez wie schon auf zwei Stationen zuvor mit in den Goodison Park geschleppt. Tottenham kaufte weniger spektakuläre Stars ein, sicherte sich dafür aber mit Pierre-Emile Hojbjerg einen alten Bekannten aus der Bundesliga. Der ehemalige Bayern- und Schalke-Mittelfeldspieler überzeugte in der vergangenen Saison bei Southampton. Außerdem kam Giovani lo Celso von Betis für kolportierte 32 Millionen. Trainer Jose Mourinho will nun endlich mit den „Spurs“ durchstarten und die Kritiker widerlegen, die ihn für verbraucht halten. Wie er im stillen Trainer-Kämmerlein auf diese Meinung reagiert, ließ sich herrlich in der Tottenham-Doku ablesen.