Bei großen Turnieren stehen Schiedsrichter regelmäßig in der Kritik. Doch bei der EM in Frankreich war das anders: Negative Schlagzeilen? Fehlanzeige! Ex-Schiedsrichter und ARD-Experte Jürgen Jansen erklärt warum.
Jürgen Jansen, am Donnerstag ist Deutschland gegen Frankreich ausgeschieden. Nicht mit dabei war Mats Hummels, da dieser zuvor zwei Gelbe Karten erhalten hatte. War das eine Fehlentscheidung?
Also die zweite Gelbe Karte im Spiel gegen Italien war konsequent wegen des Zweikampfverhaltens von Hummels. Wie er da reingeht, obwohl er den italienischen Spieler nicht voll trifft, das ist Gelb. Aber die erste Gelbe Karte gegen die Slowakei war nicht zwingend erforderlich, die hätte eigentlich nicht gegeben werden dürfen.
Sind Sie im Hinblick auf die bisherigen Spiele trotzdem mit der Leistung der Schiedsrichter zufrieden?
Man muss sagen, dass die Schiedsrichter in diesem Turnier sehr überrascht haben. Es gab Einzelszenen, aber ganz wenige, bei man etwas kritisieren konnte. Ansonsten haben die Unparteiischen einen sehr guten Job gemacht. Anders als bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien oder der EM 2012 in Polen und der Ukraine, dort war es von den Leistungen her eher durchwachsen.
Wie kommt das?
So eine professionelle Vorbereitung und Begleitung der Schiedsrichter wie bei diesem Turnier hat es in dieser Intensität bisher einfach noch nicht gegeben. Die Schiedsrichter wurden sehr intensiv, auch mit Videoschulungen, auf die Mannschaften eingestellt. Sie haben einen Psychologen an der Seite und es wird sehr professionell trainiert, jeden Tag wie bei den Mannschaften auch. Außerdem kommen die Schiedsrichter aus den stärksten Nationen Europas und sind auch schon durch Spiele in der Champions League gestählt. Sie haben schon Spiele auf höchstem Niveau geleitet und somit von vornherein ein hohes Level.
Das heißt, die Schiedsrichter werden anders ausgewählt als bei einer Weltmeisterschaft?
Genau, bei einer WM hast du eben auch mal einen Schiedsrichter aus Tansania dabei, die vom Niveau maximal Oberliganiveau haben, wenn überhaupt. Und die pfeifen dann plötzlich auf so einem Niveau und haben dadurch ihre Defizite. Bei der EM dagegen hast du die absoluten Top-Leute. Es waren insgesamt 18 Hauptschiedsrichter und das sind natürlich die 18 besten.