Gegen Frankreich muss Joachim Löw nach Verletzungen und Sperren seine halbe Mannschaft umbauen. Macht nichts, denn die Neuen können es genauso gut.
Italiener können verteidigen, Brasilianer zaubern und die Deutschen sind eine Turniermannschaft. Diese Klischees sind so alt wie der Fußball selbst. Ein deutscher Trainer müsse nur die richtige Aufstellung finden, dann steigern sich seine Spieler automatisch von Spiel zu Spiel, so die gängige Logik, der zuletzt auch Mehmet Scholl verfiel.
Gegen Frankreich braucht Löw eine neue Idee
Joachim Löw bleibt dieses Schicksal bei der Europameisterschaft 2016 vergönnt. Das hat nicht nur damit zu tun, dass er sich von Spiel zu Spiel taktisch wie personell dem Gegner anpasst. Selbst wenn er gegen Frankreich so spielen wollte wie gegen Italien, könnte er es nicht.
Löw muss aufgrund von Verletzungen die halbe Mannschaft umbauen. Mit Mats Hummels (gesperrt), Sami Khedira und Mario Gomez (verletzt) fallen drei Leistungsträger sicher aus. Löw hat bereits bekannt gegeben, dass Kapitän Bastian Schweinsteiger auf jeden Fall spielen wird, zu 100 Prozent fit ist der Mittelfeldmann allerdings nicht. Löw wird seine Startelf also auf alle Fälle auf drei Positionen umstellen müssen – und für Schweinsteiger einen Notfallplan in der Tasche haben.
Personalsituation in der Abwehr
Die Frage, wie Löw Hummels‘ Sperre auffängt, scheint auf den ersten Blick recht einfach: Benedikt Höwedes dürfte den Hummels-Part übernehmen. Auf den zweiten Blick stecken jedoch noch mehr Komplikationen dahinter. Hummels spielt auf der halblinken Seite, Höwedes agierte zuletzt auf der halbrechten Seite. Rückt Höwedes nach links oder Boateng? Was bedeutet das für den Aufbau, wenn Boateng seine Flügelwechsel von der anderen Seite spielt?
Und was passiert, wenn Löw an der Dreierkette festhält? Dann käme Skhodran Mustafi zu seinem Startelf-Debüt. Der flexible Innenverteidiger könnte ohne Probleme die halblinke Rolle von Hummels übernehmen, Boateng würde im Zentrum bleiben. Löw muss hier also vor allem die Detailfrage beantworten, welcher Innenverteidiger wo zum Einsatz kommt. Grundsätzlich ist Deutschland gegen den Ausfall gut gerüstet, auch wenn das Aufbauspiel etwas leiden dürfte – Hummels ist mit seinen genialen Pässen etwas unberechenbarer als Höwedes oder Mustafi.