Er spielte für Duisburg, er spielte für Schalke. Vor dem Pokalduell der beiden Klubs erinnert sich Tomasz Hajto an legendäre Pokalpartys, peinliche Klamotten und den einmaligen Olaf Thon.
Tomasz Hajto, was passiert in der Kabine nach einem DFB-Pokal-Sieg? Besinnung oder große Sause?
Man nutzt die ausgelassene Stimmung, nimmt einem Polizisten die Mütze vom Kopf, setzt sie sich auf und läuft dann damit bestimmt noch acht Stunden rum (lacht). Ja, das hab ich 2001 wirklich gemacht, die liegt bis heute als Andenken im Regal in meiner Wohnung. Beim ersten Pokalsieg mit Schalke 2001 war die Stimmung unter Stevens und Assauer wahnsinnig, wirklich wahnsinnig (lacht). Da fällt alles von dir ab, die ganze harte Arbeit zahlt sich aus. Die Party ging schon auf dem Platz los, in der Kabine weiter und gipfelte dann auf der Zugfahrt nach Gelsenkirchen. Alle waren dabei, Frauen und Freunde. Ich kann mich noch erinnern, dass wir schon ordentlich einen getrunken hatten und Assauer dann mit dem Pokal umgefallen ist. Und dann holen dich fast 150.000 Leute am Bahnhof ab und begleiten dich mit deinem Cabrio durch die Stadt, unglaublich.
Mit Schalke gewannen Sie sowohl 2001 als auch 2002 den Pokal. Schmeckte der Sieg besonders nach der Finalniederlage 1998 mit Duisburg?
Mit Duisburg verloren wir nur knapp mit 2:1 gegen den haushohen Favoriten Bayern. Der Sieg dann 2001 mit Schalke war wirklich grandios. Jörg Böhme war in Topform, der ist nur nach vorne gerannt und hat das Spiel mit seinen beiden Toren fast im Alleingang gewonnen! Ich erinnere mich noch an das Halbfinale, da gewannen wir 3:0 gegen Stuttgart, ein ganz schwieriges Spiel. Nach der Niederlage mit Duisburg ´98 und dem hochdramatischen Saisonfinale eine Woche zuvor, das uns bei Schalke den Titel „Meister der Herzen“ einbrachte, war das Balsam für die Seele!
Wie bewerten Sie die aktuelle Lage auf Schalke?
Schalke braucht Ruhe. Als Boateng zu Schalke wechselte, habe ich mich gefragt, ob er das dort schafft und ob das der Mannschaft gut tut. Auf Schalke musst du alles geben, der Verein und die Fans leben und brauchen das. Bei uns hat das damals gut geklappt, wir hatten eine Mischung aus großen Spielern und Arbeitern. Boateng ist ein gefährlicher Spieler, aber er läuft nicht so viel. Das ist eine Mentalitätsfrage. Und offensichtlich hat es nicht geklappt. Leider hat Schalke fünf bis sechs Spieler, bei denen das auch so ist. Das Verhältnis stimmt nicht mehr.
Was muss passieren?
Es muss eine Identifikation mit dem Klub stattfinden. Die Werte des Vereins müssen klar sein und von den Spielern gelebt werden. Nehmen sie das Kampfschwein Marc Wilmots oder den verrückten Böhme, Mike Büskens und Olaf Thon, die brannten 90 Minuten lang!
Sie geraten ja richtig ins Schwärmen!
Das war schon eine klasse Truppe. Ich habe 19 Jahre lang Fussball gespielt, aber nie wieder mit so einem wie Olaf Thon zusammen. Der hatte so eine unglaubliche gute Ballannahme und Technik. Aber der war nicht nur ein feiner Techniker, der hat auch gekämpft. Logischerweise haben wir nicht nur gewonnen, sondern auch verloren, aber da stand eine Mannschaft auf dem Platz. Kampfbereitschaft und Arbeit, dafür stand Schalke immer. Vielleicht sollten sie als Zeichen für die Werte des Vereins vor dem Stadion eine große Statue von Rudi Assauer aufstellen (lacht). Ein knüppelharter Kerl, aber immer ehrlich und offen zu den Spielern!
Von 1997 bis 2004 spielten Sie für Duisburg und Schalke, haben Sie den Abstieg und Wiederaufstieg Duisburgs in die 2. Liga verfolgt?
Natürlich. Das war meine erste Station im Ausland, ich bin immer noch in Kontakt mit Freunden aus Duisburg. Manchmal treffe ich mich mit Torsten Wohlert in Berlin oder telefoniere mit Gintaras Stauce, mit Thomas Gill und ein paar anderen. Als ich frisch in Duisburg war, hat mir Wohlert sehr geholfen. Friedhelm Funkel brachte mir Ordnung und Taktik auf dem Platz bei. Angefangen haben wir damals zu meinen Zeiten noch mit Libero und stellten dann auf die Vierer-Kette um.
An eine Geschichte aus meinen Anfängen erinnere ich mich noch sehr genau (lacht).
Welche?
Ich flog von Polen nach München, um mit Duisburg ins Trainingslager nach Österreich zu fahren. Friedhelm Funkel, damals Trainer, und Seppo Eichkorn, Co-Trainer, holten mich am Flughafen ab. Und die beiden lachten sich einfach die ganze Zeit bis zur Ankunft im Trainingslager schlapp. Ich konnte noch wenig Deutsch und verstand einfach nicht, worum es ging. Ein halbes Jahr später, ich sprach nun ganz gut Deutsch, habe ich die Jungs aus der Mannschaft gefragt. Die meinten nur: „Erinnerst du dich noch an deine Klamotten? Die haben drei Stunden über dein T Shirt gelacht“. Ich kam damals mit so richtig bunten, schrecklichen Klamotten aus Polen an (lacht). Ich glaube, sowas hatten die Jungs in dieser Form noch nicht gesehen.
Wann sehen wir Duisburg in der ersten Liga?
Für einen Aufsteiger ist das immer schwer. Duisburg ist nicht nur durch sportliche, sondern auch durch finanzielle Probleme abgestiegen und jetzt haben sie es endlich aus der schwierigen 3. in die 2. Liga geschafft. Da herrscht schon ein großer Qualitätsunterschied. Die Niederlage im Derby gegen Bochum hat es natürlich nicht einfacher gemacht, sie müssen einfach schnell Punkte holen. Ich drücke die Daumen, dass sie die Liga halten. Duisburg, die Stadt und die Fans haben es einfach verdient!
Mittlerweile sind Sie im Trainergeschäft angekommen. Wieso hat Schalke nicht bei Ihnen angeklopft?
Schalke sucht einen Trainer mit großem Namen. Ich bin noch jung, der Unterschied von der polnischen Liga zur Bundesliga ist riesengroß und zuerst muss ich hier in Polen etwas gewinnen. Irgendwann will ich natürlich nach Deutschland in die Bundesliga. In meiner Zeit auf Schalke habe ich gelernt, hart zu arbeiten, das werde ich tun und dann hoffe ich, dass ich meine Chance bekommen werde.
Und ansonsten geht’s ins Big Brother Haus zur Reunion?
(lacht) Ich wurde 2001 für einen Tag zu der ersten Edition des polnischen Big Brother eingeladen, mit mir noch 3 weitere polnische Nationalspieler, unter anderem Jerzey Dudek von Liverpool. Wenig später hatten wir dann ein Länderspiel gegen Schottland. Plötzlich zeigt jemand im Stadion auf mich und ruft: „Leck mich doch am Arsch, der von Big Brother spielt auch mit!“. Aber ich denke, ich werde doch vorerst im Trainergeschäft bleiben (lacht).