Alex Meiers Abschied von Eintracht Frankfurt war lange klar, und sportlich nachvollziehbar ist er auch. Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack.
Am Dienstag beendete Alex Meier seine lange Fußballkarriere. Im Mai 2018 musste er Eintracht Frankfurt verlassen. Hier verabschiedet sich Eintracht-Fan Stephan Reich.
Mit der Liebe ist es so eine Sache. Mal trifft sie einen unvermittelt und heftig. Dann wieder entwickelt sie sich langsam und über Jahre. Manchmal ist sie auch eine Berg- und Talfahrt, die viel Arbeit und Verständis erfordert, bis sie dann umso intensiver ist. Die Liebe zwischen den Fans von Eintracht Frankfurt und ihrem Fußballgott Alex Meier gehört definitiv in die letztere Kategorie.
Als Alex Meier 2004 als 21-Jähriger vom HSV zu Eintracht Frankfurt kam, spielte er in der Zweiten und dann auch in der ersten LIga direkt groß auf, nicht wenige sahen in Meier einen kommenden Nationalspieler. Aber diese Leistungen, dieses für alle sichtbare Potential war es auch, dass viele Eintracht-Fans lange an Meier verzweifeln ließ. Denn viele Jahre lang rief er es zu unregelmäßig ab, auf herausragende Spiele folgten zu oft jene, in denen er sich versteckte – und die Fans, man kann es sich heute kaum noch vorstellen, zu pfeifen begannen. „Ich kann die Kritik an ihm absolut nicht nachvollziehen“, sagte sein Ex-Trainer Friedhelm Funkel bereits 2007. „Ich weiß nicht, was man von ihm erwartet.“ Eigentlich war das klar: Dass Meier in jedem Spiel zeigt, was er kann.
Aus tausenden Kehlen: „FUSSBALLGOTT“
Klar ist aber auch: Hätte „der Lange“ das getan, hätte er höchstwahrscheinlich nicht seine gesamte Karriere bei der Eintracht verbracht. Und damit wäre auch die erstaunliche Wandlung nicht möglich gewesen, die Meier spätestens unter Armin Veh vollzog: Vom phlegmatischen Spieler, der zu wenig aus seinen Möglichkeiten macht, hin zum Topscorer, Leistungsträger, Führungsspieler, Torschützenkönig.
Und: zur lebenden Legende. Seit einigen Jahren nun wird Meier in Frankfurt nicht weniger als vergöttert, die Fans haben ihm Lieder gewidmet, auf seinen Namen folgt im Stadion aus tausenden Kehlen stets der Zusatz: „FUSSBALLGOTT“. Das liegt einerseits natürlich an Meiers vielen Toren, vor allem aber auch an seinem bescheidenen Wesen und seiner Loyalität. Meier ist immer bei der Eintracht geblieben, im tiefsten Grau des Mittelfelds, in der Europa League, in der Zweiten Liga. Angebote wird es für einen wie ihn zur Genüge gegeben haben, allein: Meier zog die Nestwärme vor. Auch wenn er sich diese hat hart erkämpfen müssen.
Der Status, den sich Alex Meier in Frankfurt erarbeitet hat, zeigt sich vielerorts und oft. In der unglaublich emotionalen Reaktion auf sein Comeback-Tor gegen Hamburg beispielsweise, als sich erwachsene Menschen im Stadion weinend in den Armen lagen. Aber auch in den zahllosen negativen Kommentaren, mit denen die Eintracht-Fans im Internet auf die Verkündung des Abschieds reagierten. Meier, das wurde er nicht müde zu betonen, hätte gerne bei der SGE weitergemacht, er wird dies nun bei einem anderen Verein tun. Die Eintracht-Verantwortlichen hatten sich stets bedeckt gehalten, zwischen den Zeilen hatte man einen Abschied Meiers zuletzt immer deutlicher herauslesen können.
Sportvorstand Fredi Bobic meinte in der Pressemitteilung zum Abschied: „Wir müssen sagen, dass wir hier aus sportlichen Gründen eine Veränderung anstreben und auf jüngere Spieler setzen möchten“. Das ist legitim, Meier ist 35, war zuletzt ein komplette Saison verletzt, sein aktueller Leistungsstand ist schwer zu beurteilen. Auch der Start des neuen Trainers dürfte eine Rolle gespielt haben, denn ein Spieler mit Legendenstatus, der aus sportlichen Gründen ein Jahr lang auf der Tribüne sitzt, ist eine Personalie, an der ein neuer Coach schnell scheitern kann. Von den jüngeren Sturm-Kollegen mal ganz abgesehen, die sich bei jeder kleineren Leistungsdelle mit Rufen nach dem Fußballgott konfrontiert sähen.
Ein Gefühl der Leere
Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack, ein Gefühl der Leere. Alex Meier ist seit 14 Jahren Teil der Eintracht und damit auch Teil des Lebens vieler Eintracht-Fans, er wird eine Leerstelle hinterlassen, die man im modernen Fußball kaum mehr füllen kann. Ein Abschied via Pressemitteilung und Highlight-Video auf den Social-Media-Kanälen des Klubs scheint da im ersten Moment zu wenig zu sein für einen wie Meier, zumal das alles arg vorbereitet anmutet, als wäre der Abschied ja sowieso seit Wochen klar gewesen. Ein Abschiedsspiel soll noch kommen, ebenso ist Meier ein Anschlussvertrag mit noch zu klärender Funktion versprochen. Die Eintracht wäre gut beraten, aus dem Abschiedsspiel ein Spektakel zu machen, das dem Status Meiers angemessen ist, und ihn anschließend in einer Position zu beschäftigen, die über schnöde representative Aufgaben hinausgeht. Andernfalls wird aus der großen schnell eine enttäuschte Liebe.