An diesem Wochenende startet die neue Saison mit dem Supercup. Zeit, ein letztes Mal auf die vergangene Saison zurückzublicken. Denn sie hat uns eines gelehrt: Die Hoffnung stirbt nicht immer zuletzt, manchmal geht sie auch einfach in Erfüllung!
In Hoffenheim und Stuttgart hingegen mussten sie wie in einem Hollywood-Schinken erst viel leiden, um hinten raus richtig jubeln zu dürfen. Selten wurde ein Trainer kritischer begrüßt als der Schwabe Tayfun Korkut beim VfB Stuttgart, und noch seltener übertraf einer daraufhin die Erwartungen in einem solchen Ausmaß. Julian Nagelsmann, noch immer erst 30 Jahre alt, sah sich hingegen unversehens mit Zweifeln konfrontiert.
Gestern noch Wunderkind und Kandidat für die Bayern, wirkte er plötzlich entzaubert. Es sah so aus, als würde es seine Künste übersteigen, die Abgänge von Rudy und Süle zu kompensieren. Die Auftritte in der Europa League waren gar peinlich, aber dann führte Nagelsmann sein Team zu einer spektakulären Wiederauferstehung, auch ohne einen gewissen Sandro Wagner. In Bremen folgten sie dieser Vom-Leiden-zum-Happy-End-Dramaturgie im Arthouse-Format, als ein junger Trainer den traditionsreichen Klub zu sich selbst zurückführte.
Das Triple schmolz letztlich auf ein Single zusammen
In München denken sie natürlich in anderen Dimensionen als in Filmkunst, und nach dem Abschied von Carlo Ancelotti sah es wirklich so aus, als ob der ultimative Bayern-Blockbuster „Die Rückkehr des Triple“ auf dem Programm stehen würde. Featuring: Jupp Heynckes und seine alte Gang, mit den Co-Trainern Peter Hermann und Hermann Gerland, mit Arjen, Franck und den anderen. Bald dominierten die Bayern die Bundesliga so, wie das nur die Bayern können.
Doch in der Champions League scheiterten sie gegen Real Madrid auf eine Weise, wie man ihnen das nie zugesteht: an fehlendem Dusel. So schmolz das Triple letztlich auf ein Single zusammen, und damit wurde Jupp Heynckes der verdiente ganz große Abgang verwehrt. Aber es zeigte sich auch, dass er ihn nicht mehr brauchte. Einerseits war der 74-Jährige zurecht stolz darauf, die Bayern souverän aus einer schwierigen Situation hinausmanövriert zu haben, zu einer überlegenen Meisterschaft, ins Finale des DFB-Pokals und ins Halbfinale der Champions League. Aber er wurde nicht allein wegen dieser sportlichen Erfolge „Trainer der Saison“, sondern weil auch er das Streben nach Erfolg und Klasse mit souveräner Freundlichkeit verband – gerade nach schmerzhaften Niederlagen.
Jupp Heynckes hat seine lange Karriere im Fußball nun endgültig beendet. Bei Stefan Kießling in Leverkusen und Roman Weidenfeller in Dortmund gingen nur die Spielerkarrieren zu Ende. Beide wurden triumphal verabschiedet, Kießling widmeten die Bayer-Fans sogar eine opulente Choreografie, weil er wie Weidenfeller für etwas stand, das selten ist: langjährige, echte Verbundenheit mit dem Verein.
Wenn ihn das in die zweite Liga führt, dann ist das eben so
Wie groß die Sehnsucht nach solchen Bindungen ist, zeigten die Reaktionen auf die Bereitschaft von Jonas Hector, mit dem 1. FC Köln in die zweite Liga zu gehen. Über die Vereinsgrenzen hinweg wurde der Linksverteidiger der Nationalmannschaft dafür gefeiert. Der überwältigende Zuspruch entsprach dabei gar nicht seiner leisen Begründung für die Vereinstreue. Sie soll weder ein Fanal sein, noch will Jonas Hector demonstrativ ein Opfer bringen, um den Abstieg abzubüßen. Er will nur einfach weiterhin dort leben, wo ihm das Leben gefällt. Er will dort arbeiten, wo er das gerne tut. Und wenn ihn das in die zweite Liga führt, dann ist das eben so.
Das war eine souveräne Entscheidung und zugleich eine romantische, dennoch ändert es nichts daran: Hector und die Kölner führten das Feld der Enttäuschten an, von denen es in dieser Saison so erstaunlich viele gab. Sogar in Leverkusen waren sie enttäuscht, obwohl Bayer lange toll gespielt und der Jamaikaner Leon Bailey dabei für die besonders spektakulären Momente gesorgt hatte. Sicher waren sie es in Hannover, wo der sportliche Erfolg des Wiederaufsteigers vom tiefen Zerwürfnis zwischen Teilen der Fans und Vereinsboss Martin Kind überdeckt wurde.