Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Lucien Favre ist nicht gerade für seine Aus­kunfts­freu­dig­keit gegen­über Jour­na­listen bekannt. Schon zu Glad­ba­cher und Dort­munder Zeiten wirkte der Schweizer mit­unter so, als würde er sich einen Spaß daraus machen, auf Repor­ter­fragen so vage wie mög­lich zu ant­worten. Umso mehr über­raschten daher die klaren Aus­sagen, die er gleich auf der ersten Pres­se­kon­fe­renz nach seiner Rück­kehr zum OGC Nizza vor gut zwei Wochen traf: Es muss unser Ziel sein, dass wir uns inner­halb der kom­menden zwei Jahre als eine der drei besten Mann­schaften Frank­reichs eta­blieren“, schil­derte der alte und neue Trainer des Olym­pique Gym­naste Club seine Pläne. Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: Und warum nicht noch besser?“

Mit Favre, der den Verein bereits zwi­schen 2016 und 2018 trai­nierte, möchten die Ver­ant­wort­li­chen an der Côte d’Azur in eine neue Galaxie“ des sport­li­chen Erfolges vor­stoßen, wie es Ver­eins­prä­si­dent Jean-Pierre Rivère auf der­selben Pres­se­kon­fe­renz for­mu­lierte. Nachdem der Klub die ver­gan­gene Saison unter dem mitt­ler­weile zu PSG abge­wan­derten Coach Chris­tophe Gal­tier als Tabel­len­fünfter und Vize-Pokal­sieger beendet hat, soll die Teil­nahme an der Con­fe­rence League im kom­menden Jahr nur ein Zwi­schen­schritt auf dem Weg nach ganz oben sein. Favre ist sehr ambi­tio­niert und hat sogar davon gespro­chen, Titel zu gewinnen,“ bestä­tigt der fran­zö­si­sche Jour­na­list Vin­cent Meni­chini von der Lokal­zei­tung Nice-Matin im Gespräch mit 11FREUNDE.

Die Erwar­tungs­hal­tung ist groß“

Vincent Menichini

Die Teil­nahme an der Cham­pions League, die dem Schweizer Coach in seiner ersten Amts­zeit in Nizza noch etwas über­ra­schend gelungen war, soll in Zukunft der dau­er­hafte Anspruch des Ver­eins sein. Die Rück­kehr des tech­ni­cien suisse (Schweizer Tech­niker, Anm. der Red.) hat in der Stadt eine große Eupho­rie­welle aus­ge­löst. Aber er steht natür­lich auch unter Druck: Die Erwar­tungs­hal­tung inner­halb der Fan­szene ist jetzt groß, und die Anhänger ver­spre­chen sich, dass in der kom­menden Saison der nächste Schritt nach vorne gemacht wird“, so Meni­chini weiter.

Dass die Klub­ver­ant­wort­li­chen in der Mit­tel­meer­me­tro­pole unweit der ita­lie­ni­schen Grenze mitt­ler­weile davon träumen können, zu den Großen des euro­päi­schen Fuß­balls auf­zu­steigen, hängt vor allem mit dem Ein­stieg des bri­ti­schen Che­mie­kon­zerns Ineos vor drei Jahren zusammen. Chef Jim Rat­cliffe kaufte den Tra­di­ti­ons­verein damals für 100 Mil­lionen Euro. Das Invest­ment an der Côte d’Azur ist dabei nicht sein Ein­ziges in der Sport­welt, mit seinem Unter­nehmen ist Rat­cliffe eben­falls im Rad­sport, Segeln sowie in der Formel 1 aktiv. Dazu ist Ineos offi­zi­eller Partner der neu­see­län­di­schen Rugby-Natio­nal­mann­schaft, eine der besten der Welt.

Der Kon­zern, der einer der füh­renden Plas­tik­pro­du­zenten Europas ist und dabei massiv auf umwelt­schäd­li­ches Fracking-Gas setzt, erhofft sich, durch Inves­ti­tionen im Spit­zen­sport sein Image zu ver­bes­sern. Aller­dings ver­liefen die ersten Geh­ver­suche im Fuß­ball bis­lang wenig erfolg­reich: Im Mai dieses Jahres schei­terte trotz einer Offerte über fünf Mil­li­arden Euro der Ver­such, als Nach­folger von Roman Abra­mo­witsch beim FC Chelsea ein­zu­steigen. Dazu stieg der FC Lau­sanne, der eben­falls zu Ineos gehört, in der ver­gan­genen Saison in die zweite Schweizer Liga ab.

Könnte trotz der hoch­ge­steckten Ziele auch in Nizza ein ähn­li­ches Sze­nario drohen? Zumin­dest die Sai­son­vor­be­rei­tung läuft bis­lang nicht optimal: Aus­ge­rechnet in der heißen Phase des Trans­fer­som­mers ver­ließ Sport­di­rektor Julien Four­nier ver­gan­gene Woche den Klub. Die Tren­nung vom Manager, der seit 2011 als Kader­planer der Aiglons tätig war, hatte sich zwar seit län­gerem abge­zeichnet, aller­dings sollte er ursprüng­lich noch bis Ende August im Amt bleiben. Offi­ziell wurden stra­te­gi­sche Dif­fe­renzen“ als Begrün­dung ange­geben, doch auch das Ver­hältnis zwi­schen Four­nier und Favre soll noch aus dessen erster Amts­zeit belastet gewesen sein.

Du musst dich als Trainer an deine Spieler anpassen, das ist klar“

Lucien Favre

Bis zum Ende der dies­jäh­rigen Trans­fer­pe­riode wird nun der als Inte­rims­lö­sung von Ineos ange­heu­erte Brite Iain Moody den Posten des Sport­di­rek­tors bekleiden. Das ist natür­lich eine sehr unge­wöhn­liche Situa­tion“, sagt Nice-Matin Reporter Meni­chini. Der Verein sollte sich hier so schnell wie mög­lich nach einer Dau­er­lö­sung umsehen. Aller­dings ist mit Favre erst einmal genug sport­liche Kom­pe­tenz vor­handen, um in den nächsten Wochen sinn­volle Trans­fers zu tätigen.“ Der erste dieser Trans­fers könnte schon bald über die Bühne gehen: Laut L’É­quipe soll sich Nizza für eine Ablö­se­summe von 2,5 Mil­lionen Euro mit Glad­bachs Keeper Yann Sommer einig sein. Der Schweizer Natio­nal­tor­hüter ist Favres abso­luter Wunsch­kan­didat als neue Nummer eins. Zuletzt legte aber auch die Borussia ein Angebot zur Ver­trags­ver­län­ge­rung vor. 

Abseits der Tor­wart­po­si­tion und der klaren tabel­la­ri­schen Ziel­vor­gabe hält sich der Coach jedoch noch bedeckt, etwa was Trans­fers und tak­ti­sche Vor­stel­lungen für die neue Saison angeht. Du musst dich als Trainer an deine Spieler anpassen, das ist klar“, ließ er auf der ein­gangs erwähnten Antritts­pres­se­kon­fe­renz viel­sa­gend wissen. Der Fuß­ball ver­än­dert sich stetig, er ist ein Spie­gel­bild unserer Gesell­schaft. Da gibt es immer viel zu tun, (…) und ich ver­suche mich dem­entspre­chend zu ver­bes­sern. In Berei­chen, die ich für mich behalten werde“, fuhr er mit schel­mi­schen Grinsen fort. Da war er wieder, der Lucien Favre, der fra­gende Reporter zur Ver­zweif­lung bringen kann.

_