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Pierre Litt­barski, die Zahl der Japaner in der ersten und zweiten Bun­des­liga ist in den ver­gan­genen Jahren stetig gestiegen. Warum ist das so?
Yasu­hiko Oku­dera war 1977 der Erste und noch ein rich­tiger Exot. Dann war lange nichts mehr, ab 2003 hat man sich mit Nao­hiro Taka­hara, Shinji Ono und Junichi Ina­moto wieder langsam her­an­ge­tastet. Sie waren gut, aber nicht so gut, um die deut­schen Klubs zu über­zeugen, noch mehr japa­ni­sche Spieler zu ver­pflichten. Für den jet­zigen Hype ist Shinji Kagawa ver­ant­wort­lich. Sein unglaub­li­cher Erfolg hat der Bun­des­liga gezeigt, dass auch die Jungs von der anderen Seite des Pla­neten richtig gut kicken können.

Was zeichnet die japa­ni­schen Spieler aus?
All­ge­mein haben Japaner eine gute Anpas­sungs­fä­hig­keit. In Deutsch­land fällt es ihnen sogar noch leichter, denn ihre Ein­stel­lung ent­spricht sehr der Deut­schen. Sie legen viel Wert auf Dis­zi­plin, sind kon­zen­triert, genau und enga­giert bei der Arbeit. Sie mögen es, wenn alles in gere­gelten Bahnen abläuft.

Tech­nisch waren die japa­ni­schen Spieler schon immer sehr gut, nun wirken sie auch kör­per­lich sehr robust.
Seit der Grün­dung der Pro­fi­liga in Japan 1993 haben sie das Trai­ning stetig modi­fi­ziert weiter und sich dabei immer an den Top­ligen in Europa ori­en­tiert. Das heißt, sie schmoren nicht im eigenen Saft und die Spieler werden immer so trai­niert, um an die aktu­ellen Anfor­de­rungen im Pro­fi­fuß­ball ange­passt zu sein. Im Moment also: schnelles Pass­spiel, Ath­letik, ver­schieben in der Offen­sive und Defen­sive. Es hat seine Zeit gebraucht, aber nun trägt es Früchte. Doch es gibt noch einen anderen wich­tigen Punkt.

Wel­chen?
Die japa­ni­schen Spieler haben gelernt, Eigen­in­itia­tive zu ent­wi­ckeln. Die heu­tige Gene­ra­tion ist zum aktiven Han­deln erzogen worden. Atsuto Uchida zum Bei­spiel war ein total dünnes Hemd, als er zu Schalke gekommen ist. Also hat er viel an der kör­per­li­chen Ath­letik gear­beitet.

Hat sich denn auch die japa­ni­sche Liga ver­bes­sert?
Die erste Liga hat sich auf jeden Fall eta­bliert. Im Durch­schnitt kommen 25.000 bis 30.000 Zuschauer ins Sta­dion. Außerdem wird die zweite Liga und der Unterbau gut ange­nommen. Früher gab es an dieser Stelle nur High­school- und Uni­ver­si­täts­mann­schaften. Bei diesem System war der qua­li­ta­tive Unter­schied zur J‑League zu groß. In diesen Schul­mann­schaften wuselten teil­weise 50 Mann im Trai­ning auf dem Feld herum, da konnte kein effek­tives Trai­ning zustande kommen. Mit dem Ligen-System wurde der Abstand ver­rin­gert. Das gesamte Fuß­ball­system in Japan ist also struk­tu­rierter geworden.

Schlägt sich das auch in einer grö­ßeren TV-Prä­senz wieder?
Absolut und das ist auch ein ent­schei­dender Faktor für den Qua­li­täts­sprung, denn durch nichts lassen sich die Japaner mehr moti­vieren als durch das Fern­sehen. Zwar gab es früher auch einige Japaner im Aus­land wie Hide­toshi Nakata, Nao­hiro Taka­hara oder Shun­suke Naka­mura, doch die TV-Prä­senz ist heute viel höher, weil viel mehr Ligen aus der ganzen Welt über­tragen werden. Heute kann man pro­blemlos Kei­suke Honda in Russ­land sehen, Makoto Hasebe in Deutsch­land oder bald Shinji Kagawa in der Pre­mier League. Und was die Japaner dort dann sehen, wollen sie auch nach­ma­chen.

Kannten Sie Shinji Kagawa eigent­lich schon vor seiner Zeit bei Borussia Dort­mund?
(lacht) Leider ja. Ich war damals Trainer bei Avispa Fukuoka in der zweiten japa­ni­schen Liga und wir haben gegen ihn und sein Team Cerezo Osaka gespielt. Er war damals schon ein her­aus­ra­gender Spieler und nicht in den Griff zu bekommen. Zu unserem Leid­wesen.

Trotzdem war eine Leis­tungs­explo­sion in so kurzer Zeit nicht zu erwarten.
Dass er etwas Außer­ge­wöhn­li­ches hat, habe ich damals schon gesehen, doch diese Ent­wick­lung kam auch für mich über­ra­schend. Wobei man sagen muss, dass Kagawa und Borussia Dort­mund ein­fach per­fekt zusam­men­ge­passt haben. Die Borussia spielte mit einem 4 – 2‑3 – 1‑System und das kannte Kagawa bereits von Osaka. So benö­tigte er keine tak­ti­sche Ein­ge­wöh­nungs­zeit. In diesem System kannst du den zen­tralen offen­siven Mit­tel­feld­spieler an sich schon kaum packen und bei Kagawa ist es mit seiner Lauf­stärke, Schnel­lig­keit und Wen­dig­keit eigent­lich unmög­lich. Dazu hat er einen Trainer mit Jürgen Klopp, der ihm von Beginn an ver­traute und ihm vor allem in der Rück­wärts­be­we­gung noch einiges bei­brachte. Die nötige Zwei­kampf­härte kam dann über das Trai­ning und die vielen Spiele.

Wird er sich denn bei Man­chester United in der Pre­mier League durch­setzen können?
Erst einmal bin ich froh, dass er dort hin­ge­gangen ist, denn Man­chester ist neben Wolfs­burg mein Lieb­lings­klub. Ich glaube, dass Kagawa nach Man­chester passt. Wayne Rooney im Sturm, er dahinter – da freue ich mich jetzt schon drauf!

Wird denn ein anderer Japaner die Rolle von Kagawa als Aus­hän­ge­schild seines Landes in der Bun­des­liga ein­nehmen können?
Von der Klasse her noch keiner. Mein großer Hoff­nungs­träger ist aller­dings Takashi Usami. Der Junge hat alles drauf. Viel­leicht platzt der Knoten nach seinem Wechsel von den Bayern zur TSG Hof­fen­heim.