Dem FC Blackpool gehen die Spieler aus. Drei Wochen vor Beginn der neuen Zweitligasaison stehen Trainer José Riga nur acht Spieler zur Verfügung.
Die Sommerpause macht die besten Spieler kaputt. Einige Profis kommen gerne mal mit fünf bis zehn Kilogramm Übergewicht zurück, weil sie über vier Wochen in der Churrascaria frühstückten. Andere kehren mit Blessuren heim, die sie sich beim Renovieren ihrer Blockhütte in Nordfinnland zuzogen.
Das ist ärgerlich für einen Trainer, schließlich sollen die anschließenden Trainingslager nicht nur dazu dienen, die Spieler wieder auf Normalzustand zu bringen, sondern sie besser und fitter zu machen.
Für José Riga wäre all das nur halb so wild. Der Trainer des englischen Zweitligisten FC Blackpool wäre dieser Tage froh, wenn überhaupt Spieler heimkehren würden, aus Brasilien, Nordfinnland, China, irgendwoher. Weil nämlich in den vergangenen Wochen 27 Spieler den Verein verließen, erschienen zum Trainingsstart gerade mal acht Verbliebene an der Bloomfield Road. Ein Trainingslager im spanischen La Manga sagte die Klubführung prompt ab.
Wie schlimm es wirklich um den Klub steht, wurde den Fans am vergangenen Samstag um 15:24 Uhr vor Augen geführt. Da twitterte der Verein die Aufstellung für das Testspiel gegen den FC Penrith. Sie las sich so:
Startelf: Trialist, Waddington, Trialist, Perkins, McMahon ©, Dunne, Zenjov, Trialist, Trialist, Grant, Trialist.
Ersatzbank: Barkhuizen, Trialist, Highan, Telford, Moulden, Gregory, Trialist.
„Warum sollten wir panisch sein?“
Besonders blöd: Trialist ist kein besonders häufiger Spielername in England, sondern bedeutet „Testspieler“. Auch nicht gerade vorteilhaft: Unter den acht verbliebenen Spielern befindet sich kein Torhüter, dafür kann der FC Blackpool aber momentan mit drei Stürmern auflaufen.
Klubeigner Karl Oyston sieht die Sache gelassen. Vor einigen Tagen sagte er noch, dass man zum Saisonstart sicherlich einen konkurrenzfähigen Kader zusammenbekäme. „Warum sollten wir panisch sein?“, fragte Oyston kürzlich in der BBC. „Ich sehe die Situation sogar als einen Vorteil an. Es erlaubt dem Trainer, ein Team nach seinen Wünschen zusammenzustellen.“
Der Trainer, José Riga, scheint die Sache etwas anders zu sehen. Jedenfalls steht er seit einigen Tagen nicht mehr für Interviews bereit. Zugleich hält sich das Gerücht, dass Riga, der erst vor fünf Wochen verpflichtet wurde, in den nächsten Tagen hinschmeißen wird. Er hätte dann bei keinem einzigen Pflichtspiel auf der Trainerbank gesessen.
„Es gibt seit Wochen keine Fortschritte!“
Die Fans schlagen seit Wochen Alarm. Glenn Bowley, Vorsitzender der Blackpool-Supporter-Organisaion, sagte neulich: „Der Kader ist nicht nur dünn. Er ist quasi nicht existent. Und das größte Problem ist: Es gibt seit Wochen keine Fortschritte!“
Nur: Was ist überhaupt das Problem?
Zum einen soll sich Riga mit Oyston über die Vorstellungen des Transfergeschäfts überworfen haben. Während der Trainer stetig neue Spieler fordert, wiegelt Oyston ab. Er sei nicht bereit viel Geld auszugeben für Spieler, die keine Erfahrung im englischen Fußball haben. Seit Rigas Ankunft wurde gerade mal ein Spieler verpflichtet: der Este Sergei Zenjov.
Die Fans oder Ex-Spieler machen auch den plötzlichen Höhenflug des FC Blackpool vor vier Jahren verantwortlich. Das Team stieg unerwartet in die Premier League auf, und zunächst stand die halbe Stadt Kopf. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn nach dem Sieg in der Relegation, empfingen 70.000 Menschen die Aufsteiger – die Hälfte der Einwohner Blackpools. Aufstiegstrainer Ian Holloway war sich damals ziemlich sicher: „Jeder hier wird von dem Aufstieg profitieren.“
Auf dem Mond – ohne Raumschiff oder Helm
Doch es kam anders. Vornehmlich lag es daran, dass keine professionellen Voraussetzungen für die Premier League geschaffen wurden. Man machte einfach weiter wie bisher. Das Trainingsgelände war nicht renoviert worden, seit Stanley Matthews in den fünfziger Jahren in Blackpool spielte. Der ehemalige Blackpool-Stürmer Brett Ormerod sagte mal: „Es war, als wären wir auf dem Mond gelandet, ohne Raumschiff oder Helm.“ Holloway verließ den Klub und sagte: „Es war ein Höllenloch!“
Danach ging es stetig bergab: 2012 beendete Blackpool die Zweitligasaison noch auf Platz 5, ein Jahr später rutschte das Team auf Rang 15 und im Sommer 2014 schrammte es ganz knapp am Abstieg vorbei.
Ein Klub als persönliche Geldmaschine
Im Spiel gegen den FC Burnley schmissen die Fans Tennisbälle aufs Spielfeld, um gegen die schlechten Leistungen und die Führung von Karl Oyston zu protestieren. Wo die 80 Millionen Pfund geblieben waren, die man in der Premier-League-Saison eingenommen hatte, weiß heute niemand so recht. Das meiste Geld soll in die Taschen der Oyston-Familie geflossen sein. Die Fans werfen Karl und seinem Vater Owen Oyston immer wieder vor, den Klub als persönlichen Geldautomaten zu missbrauchen.
Am Tag des Testspiels gegen den FC Penrith wurde publik, dass auch Spieler Nummer 28 den Verein verlässt: Harrison McGahey geht zu Sheffield United. Doch auch das ist kein Grund zur Sorge für Mr. Oyston. „Warum sollten wir nicht in der Lage sein, genügend Spieler zum Saisonstart zu bekommen?“, fragt er. Und: „Jeden Tag kontaktieren wir Spieler und versuchen José eine spielstarke Mannschaft zusammenzustellen.“
Und wenn nicht? Dann geht’s einfach frei nach Schalkes Ex-Coach Fritz Langner: „Ihr Fünf spielt jetzt Vier gegen Drei!“ Das dürfte ja zumindest klappen.