Arie van Lent erzielte das letzte Tor am Bökelberg – natürlich per Kopf. Seit kurzem ist er Trainer der SpVgg Unterhaching. Heute wird er 50 Jahre alt. Wie er fast mal Nationalspieler geworden wäre und warum Kopfballtore so einfach sind.
Arie van Lent, Sie haben fast 15 Jahre ganz in der Nähe der niederländischen Grenze gewohnt. Jetzt hat es Sie nach Bayern verschlagen. Haben Sie schon Heimweh?
Die Nähe zu den Niederlanden war natürlich optimal. Ich war schnell bei meinen Eltern, das habe ich sehr genossen.
Ist Ihnen der Umzug schwer gefallen?
Nein. Das liegt auch daran, dass ich hier sehr gut aufgenommen wurde. Die Mannschaft hat es mir leicht gemacht. Und die Niederländer verlagern ihr Land im Winter ohnehin nach Bayern, wenn sie in den Urlaub fahren. (Lacht.) Das kommt mir sehr entgegen.
Was schätzen Sie an Ihrer Heimat?
Es gibt eine große Offenheit, auch gegenüber anderen Nationalitäten. Nicht alles wird dort gleich zum Problem gemacht. Es herrscht eine gewisse Gelassenheit. Das weiß ich sehr zu schätzen.
Dabei wären Sie 2001 sogar mal fast deutscher Nationalspieler geworden.
Zumindest wurde ich kurz dafür gehalten. Ich führte damals die Torschützenliste gemeinsam mit Marcio Amoroso an. Carsten Jancker und Oliver Bierhoff waren verletzt. Auch ich war angeschlagen und sollte von Dr. Müller-Wohlfahrt behandelt werden. Er war zu dieser Zeit aber nicht in München, sondern für ein Freundschaftsspiel mit der Nationalmannschaft in Gelsenkirchen. Als ich dann zu Müller-Wohlfahrt ging, sah mich offenbar jemand und die Medien schrieben: „Van Lent wird nachnominiert!“
Weil Anfang der Neunziger in Bremen schon zu viele Ausländer im Kader waren, haben Sie die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Für welche Nationalmannschaft hätten Sie eigentlich lieber spielen wollen? Die deutsche oder die niederländische?
Das verrate ich nicht. Nur so viel: Ich bin froh, dass ich mir die Frage nie stellen musste.
erzielte in 262 Spielen für Werder Bremen, Greuther Fürth, Borussia Mönchengladbach, Eintracht Frankfurt und Rot-Weiss Essen 92 Ligatore. Nach Trainerstationen beim 1. FC Kleve, Rot Weiss Ahlen, Kickers Offenbach und Borussia Mönchengladbach (U19 und U23) übernahm er am 17. August das Amt des Cheftrainers bei der SpVgg Unterhaching.
2001 waren Sie schon 31 Jahre alt. Überhaupt ist Ihre Karriere erst spät ins Rollen gekommen. Erst mit 26 Jahren gelang Ihnen bei Werder Bremen der Sprung von den Amateuren zu den Profis.
Ich hatte große Verletzungsprobleme. Mit 24 fiel ich fast zwei Jahre komplett aus, weil ich so starke Bandscheiben-Probleme hatte. Ich musste mich zwei Operationen unterziehen. Auch deshalb hat es in Bremen nie für ganz oben gereicht. Deshalb bin ich unheimlich dankbar, dass ich noch in den Profifußball hineingerutscht bin.
Und das durchaus erfolgreich. Sie haben insgesamt 92 Tore in erster und zweiter Liga erzielt. Zweimal haben Sie einen Dreierpack geschnürt. Beide Male gegen den 1. FC Köln.
Das stimmt. Das erste Mal war noch mit Werder Bremen. Vor dem Spiel sagte unser Trainer Dixie Dörner: „Wir müssen um jeden Preis ein frühes Gegentor verhindern.“ Das hatte sich dann allerdings nach nicht einmal zehn Minuten erledigt. Nach einer Ecke traf ich ins eigene Tor. Zum Glück danach auch noch dreimal ins richtige. Wir gewannen 3:2. Zuerst ein Eigentor und dann ein Dreierpack – das hatte es zuvor noch nicht gegeben.
Vor Ihrem zweiten Dreierpack gegen den 1. FC Köln hatten Sie eine ganze Weile nicht getroffen. Dann klingelte der Paketbote…
… und brachte mir meine Glücksschuhe. Die hatte ich kurz vor Weihnachten für eine Versteigerung zur Verfügung gestellt, weil sie wirklich schon sehr mitgenommen waren. Ich hatte bei meiner kleinen Flaute überhaupt nicht daran gedacht, dass es an den Schuhen liegen könnte. Doch der Fan, der die Schuhe ersteigert hat, dachte da weiter. Also zog ich sie an – und traf dreimal in nur 14 Minuten.
Sind Sie abergläubisch?
Nein, überhaupt nicht! (Lacht.) Aber wenn man länger nicht trifft, nimmt man jede Hilfe in Kauf.
Wo sind die Schuhe jetzt?
Sie stehen im Gladbacher Vereinsmuseum. Eigentlich wollte der Fan mir sie nur leihen. Aber er wurde dann eingeladen, ich habe mich bei ihm bedankt. Und mittlerweile sind sie ein echtes Stück Geschichte.
Hatten Sie in Gladbach die beste Zeit in Ihrer Karriere?
Insgesamt betrachtet, ja. Ich habe dort eine wichtige Rolle gespielt. In Bremen pendelte ich zwischen Amateuren und Profis. Aber auch in Frankfurt hatte ich eine gute Zeit.
Was ist Ihre schönste Erinnerung an Borussia Mönchengladbach?
Es war insgesamt eine klasse Zeit. Aber mein letztes Spiel war ein absolutes Highlight. Es war das letzte Spiel am Bökelberg, die Sonne schien und ich traf per Kopf zum 3:1‑Endstand. Das letzte Tor in diesem legendären Stadion. Dann wurde auch noch Uwe Kamps zu seinem Abschied eingewechselt. Alles hat gepasst, es war perfekt.