Er ist schon jetzt einer der besten Stürmer Europas. Und trotzdem unentwegt auf einer Mission. Für die er sich einst eine Träne aufgehoben hat.
Um sich in der belgischen Liga durchzusetzen, reicht allerdings schon, was bereits vorhanden ist. Elf Tage nachdem er endlich seinen ersten Profivertrag unterschreiben darf, kommt er zu seinem ersten Ligaspieleinsatz. In der zweiten Partie folgt das erste Tor. Seine erste komplette Saison als Profi beendet er mit 25 Einsätzen und 20 Torbeteiligungen. Als Meister. Als Torschützenkönig. Als 17-Jähriger.
Für eine Saison noch widersteht er den immer verlockender werdenden Angeboten der ganz großen Klubs dieser Welt. Dann folgt der Wechsel. Und obwohl er tapfer behauptet, es müsse nicht der FC Chelsea sein, geht er genau dorthin. Dass ihn vorab Didier Drobga anruft, sich von seinem Fanboy Lukaku eine halbe Stunde lang mit Fragen löchern lässt („Wie hast Du dieses Tor nur gemacht? Und dieses? Worauf soll ich im Training achten?“)? Dass sein Kindheitsidol ihm mit Nachdruck empfiehlt, an die Stamford Bridge zu wechseln? Hat sicher nicht geschadet.
Er fühlt sich nicht als Sieger
Und dann schadet es ihm doch. Denn an Drogba und auch Fernando Torres kommt Lukaku in seiner Debütsaison in der Premier League nicht vorbei. Nur acht Kurzeinsätze stehen am Ende zu Buche. Dabei gewinnt er mit Chelsea die großen Titel, nach denen es ihn so giert, gewinnt 2012 die Champions League. Nur fühlt er sich nicht als Teil des Erfolgs:
„Im Bus hat Salomon Kalou den Pokal auf meinen Schoß gestellt. Ich habe ihn gebeten, ihn sofort wegzunehmen. Ich wollte ihn nicht berühren, weil ich nichts dafür getan hatte, ihn zu gewinnen.“ Überhaupt hat das Jahr, das erste im Leben des Romelu Lukaku, in dem nicht alles nach Plan läuft, Spuren hinterlassen: „Chelsea wollte mich vergangenen Sommer unbedingt und hat eine Menge Geld für mich bezahlt. Aber nach einer Weile dachte ich, vielleicht schmeissen sie damit einfach nur um sich?“
Die Mission ist noch nicht erfüllt
Als Therapiemaßnahme lässt er sich in der Folge-Saison zu West Bromwich Albion ausleihen. Dort erzielt er mit 17 Saisontoren mehr Treffer als jeder der Chelsea-Stürmer, die ihm in London noch vorgezogen wurden. Und wähnt sich anschließend für einen Großangriff gerüstet: „Mein Ziel ist es noch immer, an der Stamford Bridge zur Legende zu werden.“
Nach zwei Saisonspielen verlässt er den Verein dann jedoch erneut. Wechselt 2013 zunächst auf Leihbasis, 2014 dann für 35 Millionen Euro endgültig zu Everton. Rekordablöse für einen Rekordmann. Er ist der erste Everton-Spieler seit 1954, der in acht aufeinander folgenden Spielen trifft. Die aktuell 18 Saisontore sind Klub-Rekord. Er ist einer von nur fünf Spielern, die 50 Premier League-Tore schossen, ehe sie 23 wurden. Und auch in dieser Saison wird er wieder mehr Tore erzielen als irgendein Chelsea-Stürmer.
Er könnte also zufrieden sein. Doch wie vor vier Jahren bereits, scheint Lukaku vor einem großen Wechsel zu stehen: „Alle großen europäischen Top-Klubs kommen für mich infrage“, bekennt der inzwischen 22-Jährige sein Wechselinteresse. Aber eigentlich will er nur zu einem Verein, denn: „Meine Mission bei Chelsea ist noch nicht erfüllt.“ Gut möglich also, dass sie ein zweites Mal viel Geld für ihn ausgeben, dass sie ihm dann endlich den Ball geben. Und dass sie ihn in der Heimat zum einzigen Mal werden weinen sehen. Vor Glück.