Politiker mit Entscheidungsgewalt sind im Moment so wenig zu beneiden wie Geschäftsführer großer Unternehmen oder jeder andere, der Verantwortung für irgendwen oder irgendwas übernehmen muss. Das gilt in der Corona-Krise auch für den Boss der Deutschen Fußball Liga und die 36 Klubs, in deren Auftrag er arbeitet. Sie müssen nämlich heute in dem Wissen Entscheidungen treffen, dass sie morgen schon keine Gültigkeit mehr haben könnten. „Wir entscheiden etwas, was aussieht wie die richtige Entscheidung“, sagte Christian Seifert, der DFL-Geschäftsführer am Montag.
In der letzten Woche etwa hatte die DFL noch beschlossen, am Wochenende als letzte Sportliga unter Ausschluss des Publikums zu kicken. Am Freitagnachmittag wurde die Entscheidung gekippt, und die Bundesligen wurden noch gestoppt. „Es wird nicht die letzte Entscheidung sein, die wir revidieren werden“, sagte Seifert bei einem Auftritt, der sich in seiner Ernsthaftigkeit und Klarheit auf bemerkenswerte Weise in die positiven Auftritte vieler Verantwortungsträger in der letzten Zeit einreihte.
Die deutschen Profiklubs haben bei ihrer Generalversammlung am Montag in Frankfurt entschieden, auch den 27. Spieltag auf unbestimmte Zeit zu verschieben, und dass man sich Ende des Monats wieder treffen will. Möglicherweise auch in Form einer Zusammenkunft im digitalen Raum – was die Satzungen bislang nicht zuließen. Man könnte also spotten, dass die DFL sich aus der Entscheidungsbredouille befreit hat, indem sie keine Entscheidung getroffen hat.
Doch letztlich ging es bei der gestrigen Versammlung um etwas anderes: Der Existenzkampf wurde eingeläutet. „Die Bundesliga stellt ein Produkt her. Und wenn es dieses Produkt nicht mehr gibt, dann gibt es uns nicht mehr“, stellte Seifert fest. Das Produkt, das er damit meinte, sind die Bundesligaspiele. Man könnte das für eine unromantische Betrachtung halten, aber im Moment ist sie die richtige. 56.000 Arbeitsplätze, so hat die DFL errechnet, hängen unmittelbar daran, dass gekickt wird – vom Pförtner am Trainingsgelände bis zum Busfahrer, vom Fanbeauftragten bis zum Kabelträger der TV-Produktionsfirma. „Um diese Arbeitsplätze kämpfen wir in erster Linie und nicht um die Millionengehälter der Spieler“, sagte Seifert.