Verdienen Profis zu viel Geld? Was ist moderner Ballbesitzfußball? Und wieso werden Sie Anti-Star genannt? Julian Brandt im Interview des Monats. Jetzt in 11FREUNDE #224.
Geboren und aufgewachsen ist Julian Brandt in Bremen, nur wenige Fahrradminuten vom Weserstadion entfernt. Er stand früher selbst oft in der Ostkurve, seine Eltern und Geschwister sind Werder-Fans. Im Interview sagt er: „Ich weiß noch, wie meine Eltern erstmal ganz schön baff waren, als ich ihnen am Frühstückstisch eröffnete, dass ich mich für den VfL Wolfsburg entschieden habe.“
Beim VfL Wolfsburg durfte er bereits als 15-Jähriger mit den Profis trainieren. Vor seiner ersten Einheit empfing ihn Co-Trainer Bernd Hollerbach. „‚Stell dich mal beim Trainer vor‘, sagte er. Ich bin also rein in die Trainerkabine. ‚Guten Tag, Herr Magath, ich bin Julian von der U17.‘ Ich ging natürlich davon aus, dass er mich kennt, sonst hätte er mich ja nicht eingeladen. Aber er schaute nur stoisch auf einen Fernseher. Nach einer gefühlten Ewigkeit blickte er mich an, aber er sagte nichts, totale Stille, dann drehte er sich wieder weg. Und ich schlich mich aus dem Zimmer.“
Einige englische Klubs und angeblich auch der FC Bayern hatten um den jungen Mittelfeldspieler gebuhlt. Brandt aber entschied sich 2014 für einen Wechsel zu Bayer Leverkusen. Dort traf er später auf Peter Bosz, von dem er heute noch schwärmt: „Er ist schon ein besonderer Trainer, wir haben unter ihm modernen Ballbesitzfußball gespielt, oft mit 80 Prozent Ballbesitz. Und wir wollten nicht nur die Gegner müde spielen oder den Ball einfach verwalten, wie es so oft beim sogenannten tiki-taka der Fall ist. Es ging immer nach vorne, wir haben nie aufgehört zu spielen.“
2016 stand Brandt im vorläufigen Aufgebot für die EM, wurde aber kurz vor Turnierstart aus dem Kader gestrichen. Er reiste dafür mit der Olympia-Auswahl nach Rio de Janeiro und holte dort die Silbermedaille. „Ein Verdienst von Horst Hrubesch. Der ist einfach top, der Typ! Man merkt in vielen Dingen, dass er aus einer ganz anderen Generation ist. Einmal wollte er mir zeigen, wie er mit der Seite schießt. Ich hätte mir beim Nachmachen beinahe einen Muskelfaserriss geholt. Aber er schafft es gut, junge Spieler zu einer Einheit zu formen. Er ist ein sehr freier Trainer und sehr direkt. Faul hat er mich immer genannt.“
Die WM 2018 verlief für die DFB-Elf katastrophal, sie schied bereits in der Vorrunde aus. Brandt hinterließ in seinen Kurzeinsätzen allerdings einen guten Eindruck. Die Süddeutsche Zeitung fragte: „Ist Brandt im Moment vielleicht besser als Müller?“ Brandt sagt im Interview: „Vielleicht brauchte es dieses Aus, um etwas Neues aufzubauen.“
Im Sommer 2019 wechselte Julian Brandt für 25 Millionen Euro zum BVB. Er sagt: „Einige Leute waren dafür, dass ich nach Dortmund gehe. Selbst meine Mutter hat erstaunlich oft einen gelben Pullover getragen, als der Wechsel im Gespräch war. Und Marco Reus hat mich bei der Nationalelf gefragt.“
Die Presse nennt ihn manchmal einen „Anti-Star“. Aber ist er das überhaupt? „Ganz ehrlich: Auch auf mich passen Profi-Klischees“, sagt er im Interview. „Schnelle Autos finde ich gut, ich zocke gerne Playstation, und ich habe 40 Paar Schuhe bei mir im Schrank stehen.“
Brandt war immer schon ein meinungsstarker Spieler. Im Interview spricht er über den modernen Fußball und astronomische Spielergehälter: „Im Fußball ist viel, viel Geld im Umlauf, und ich weiß, dass das alles nicht mit normalen Maßstäben zu messen ist und wir teilweise eine eigene Blase bilden. Auch wenn Fußball der größte Sport der Welt ist, stehen die Gehälter in keinem Verhältnis zu denen von Normalverdienern.“
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