Heute wird Franck Ribery 40 Jahre alt. Mit Arjen Robben bildete er einst das beste Duo der Bundesliga: Über 720 Spiele, über 260 Tore, über 280 Vorlagen. Und Effekte, die darüber hinaus gehen.
Bei Bayern wird Ribéry kaum ruhiger, er ist impulsiv, stößt an Grenzen und überschreitet sie. Die Fans rufen seinen Namen, ohne blinde Heldenverehrung zu zelebrieren. Ribérys Versäumnisse werden registriert und dadurch aufgewogen, dass der ehemalige Straßenarbeiter einem Straßenfußballer ureigenster Bedeutung gleicht: Er ist ein Chaot, aber halt ihr Chaot. Unverstellt, naiv, rührend ehrlich. Franck, der Filou.
„Ribéry ist einer der wirklich wenigen Spieler, dem ich abkaufe, wenn er sagt, dass er Bayern liebt. Du merkst einfach, dass er eine ganz besondere Bindung hat“, sagt Bianca aus der Südkurve. „Sobald er sich das Trikot anzieht, würde er Himmel und Hölle in Bewegung setzen. Er brennt auf seine eigene Weise für den Verein, er redet von Familie, und das ist auch so.“
Ribéry sagt einen Satz, der ausreicht, um zu verstehen, dass es ihm ernst ist: „Bayern hat mich nie fallenlassen, das werde ich nie vergessen.“
In jedem Punkt unterschiedlich
Arjen Robben wechselt im August 2009 in ein Team der Braafheids und Brenos. Eine globale Finanzkrise versenkt die Wirtschaft. Barack Obama wird erster afroamerikanischer Präsident der Vereinigten Staaten, mit Michael Jackson stirbt der „King of Pop“, in den Charts übernimmt Marit Larsen („If A Song Could Get Me You“) von Emiliana Torrini („Jungle Drum“), amtierender Formel-1-Weltmeister ist Lewis Hamilton.
Robben verlässt Real Madrid ungern und eher unfreiwillig, den Transfer zum FC Bayern wertet er als „Rückschritt“, weil die Münchner kein Top-Kaliber sind. Dann: Wolfsburg. Dieser 29. August 2009 ist für bayerische Verhältnisse ein Urknall, Robben schießt zwei Tore, Ribéry bereitet sie vor, schon ihr erster Auftritt bringt die Geburt von Robbery. Eine Ära wird eingeläutet, die Dimension ist nicht abschätzbar, aber alle begreifen: Hier passiert etwas. Ein neues Gefühl.
Robbens Karriere unterscheidet sich in jedem Punkt von Ribérys Weg an die Spitze. Mit 16 debütiert er in Hollands Eredivisie, meistert die U‑Nationalmannschaften, spielt für Chelsea und Real. Robben ist ein konträrer Typ zu Ribéry, deutlich rationaler, er hebt Bayerns Niveau, erzielt teils surreale Tore und ist bis 2012: ein fantastischer Fußballer. Mehr aber nicht.
Ein sagenhaftes Epos
Das „Finale dahoam“ ändert die Wahrnehmung. Robben verschießt einen Elfmeter, Bayern verliert, Fans pfeifen ihren eigenen Spieler aus – aber der Geächtete flüchtet nicht, sondern stellt sich einem Kampf, den niemand führen will. Er gewinnt ihn in exakt jener Sekunde, als der Ball im Wembley-Stadion über die Linie rollt, abgesendet von Robbens Fuß und wie in Zeitlupe, als sollten alle Bilder auf die Leinwand projiziert werden: die Verletzungen, die Rückschläge, die Schmähungen. Die Robben-Story ist ein sagenhaftes Epos vom Auf und Nieder, und am Ende wird ihr Protagonist zum stillen Verfechter des Kahn-Credos.
„Robben repräsentiert, was man Bayern-DNA nennt: niemals aufgeben. Nie, nie, nie“, sagt Bayern- Fan Bianca. „Es bedeutet unheimlich viel, wenn ich sehe, dass er dem Ball auch in der 96. Minute hinterherrennt wie ein Verrückter. Es muss ja nicht in einem Tor münden, aber er gibt immer 150 Prozent.“ Robben wirkt wie ein Rennpferd in der Startbox, eingesperrt und tatendurstig, er will raus, er will los, er will siegen.