Dass 1860 München nach dem Neustart in der Regionalliga die Meisterschaft einfahren wird, hat viel mit Torjäger Sascha Mölders zu tun. Der spielte mit 19 Jahren noch Bezirksliga – und beschimpfte in der Kurve die Profis seiner Lieblingsmannschaft.
Sascha Mölders, glauben Sie, Pep Guardiola erinnert sich an noch an Sie?
Nein, das glaube ich eher nicht.
Dabei haben Sie 2014 für dessen erste Bundesliganiederlage überhaupt gesorgt.
Eigentlich hatte ich gar nicht damit gerechnet, zu spielen. Ich saß die fünf Spiele davor nur auf der Bank. Aber Markus Weinzierl steckte mich in die Startelf, ich machte das Tor und wir gewannen mit Augsburg 1:0 gegen die Bayern. Ein schöner Tag.
Ihre schönste Erinnerung an die Bundesligazeit in Augsburg?
Nein. Besser war das Jahr davor. In der Saison 2012/2013 standen wir zur Winterpause bei neun Punkte. Im ganzen Land hieß es: Augsburg ist weg vom Fenster. Am letzten Spieltag gewannen wir dann zu Hause gegen Führt und sprangen auf Platz 15 – wir mussten also nicht mal in die Relegation. So etwas hatte es vorher in Deutschland nie gegeben. Ein geiles Jahr, ein unfassbarerer Zusammenhalt, eine gute Truppe.
Auch mit ihrer derzeitigen Truppe 1860 München läuft es sehr gut. Sie persönlich trafen allein in den vergangenen drei Spielen sechsmal. Tun Ihnen die Regionalliga-Innenverteidiger ein bisschen leid?
Nein. Überhaupt nicht. Gegen Nürnberg unter der Woche habe ich zum Beispiel nicht getroffen. Es gibt also keinen Grund, Mitleid zu haben!
Dafür trafen Sie am Wochenende gegen Eichstätt gleich dreimal in der ersten Halbzeit. Spätestens nach ihrem dritten Treffer eskalierte das Grünwalder Stadion.
Die Fans lieben das Stadion, und auch mir macht es großen Spaß, dort zu spielen. Für den ganzen Verein war es das einzig logische, zurück an die Grünwalder Straße zu gehen. Denn vierte Liga in der großen Arena zu spielen? Das wäre Quatsch gewesen. Außerdem ist es doch so: Sechzig München und Grünwalder Stadion: Das passt perfekt.
Fehlt Ihnen als Ex-Bundesligaprofi in dem alten Stadion nicht der Luxus?
Quatsch. Die Kabinen sind zwar alt, aber ich mag diesen Charme. Es ist nun mal ein altes Fußballstadion und keine moderne Arena. Außerdem bin ich ja aus meiner Zeit in der Bezirksliga noch ganz andere Plätze gewöhnt.
Ihr erstes Jahr im Herrenfußball stürmten Sie für Wacker Bergeborbeck.
Ich war 19 Jahre alt und wir spielten nicht auf grünem, weichem Rasen, sondern auf roter, harter Asche. Das hat mir für die Zukunft sicher nicht geschadet. Obwohl ich mir damals sicher war: „Profi wirst du nicht mehr.“ Aber ich habe viele Tore geschossen und mich so Liga für Liga hochgearbeitet – bis ich plötzlich doch Profi war.
Ist so ein Weg heute noch möglich?
Ich glaube nicht. Es ist für Fußballer, wie ich einer war, sehr viel schwieriger geworden. Ich wurde nicht in einem Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet, sondern auf den Bolzplätzen in Essen. Ich bin von der Schule heimgekommen, habe mir den Ball geschnappt und kam bis Abends nicht mehr nach Hause. Dann haben wir „Flip“ gespielt – also nur volley aus der Luft aufs Tor geschrummt. Oder „Langschießen“, zwei gegen zwei auf zwei Tore, jeweils nur mit einem Kontakt. Oder mit 40 Kindern 20 gegen 20 auf einem winzigen Platz. Heute haben die 13-jährigen Jungs Spielerberater. Das ist eine andere Welt.
Obwohl Sie viel auf der Straße gekickt haben, sind Sie kein filigraner Techniker geworden.
Ich weiß, dass ich nicht der beste Fußballer bin und technisch sicher nicht zu den begabtesten Profis gehöre. Aber man kann mir nie absprechen, dass ich nicht alles für den Verein geben würde. Und das gefällt den Fans.
Wären Sie trotzdem gerne etwas eleganter?
Nein, das war mir schon immer egal. Ich habe mit meinem Spielstil überall meine Tore gemacht, ob in Essen, Duisburg, Frankfurt, Augsburg oder jetzt in München. Ich bin im Reinen mit mir.
In München haben Sie mit 1860 zwei turbulente Jahre erlebt. Vor allem im Sommer, nach dem Abstieg aus der zweiten Liga, wurde es ungemütlich. Wäre ihnen ein etwas langweiligeres Umfeld lieber gewesen.
Egal wo man spielt: Ein Abstieg ist immer unschön. Und ich habe schon im Sommer betont, dass ich den Ärger der Fans nachvollziehen kann. Ich stand als Jugendlicher selber bei Rot-Weiß-Essen in der Kurve, und wenn mir die Leistung der Spieler nicht passte, dann habe ich sie auch beschimpft.
Jetzt kennen Sie aber auch die Perspektive des Profis, der beschimpft wird.
Wenn du als Zuschauer ins Stadion gehst und eine Eintrittskarte kaufst, dann kannst du auch mal einen Spieler beschimpfen. Natürlich muss es im vernünftigen Rahmen bleiben, aber wenn du mit dem Spiel nicht einverstanden bist, dann ist es dein gutes Recht, sauer zu sein. Die Fans gehen ihr Leben lang ins Stadion, die geben viel Geld aus für den Verein. Wenn der dann absteigt, ist das für sie sehr schlimm.
Diesen Sommer hoffen die Fans dagegen auf den Aufstieg. Mit 1860 sind Sie souverän Tabellenführer der Regionalliga-Bayern. Trotzdem müssten Sie auch als Meister in der Relegation um den Aufstieg kämpfen. Nervt Sie das?
Jeder, der Ahnung vom Fußball hat, denkt da gleich: Ein Meister muss direkt aufsteigen. Aber, wenn es so kommt, müssen wir eben in die Relegation. Und diese Situation auch mit voller Kraft annehmen.
Haben Sie einen Wunschgegner?
Ich möchte immer gegen die besten Gegner spielen. Und da der Meister unserer Staffel gegen einen Vertreter aus der Regionalliga Südwest antreten muss, würde ich am liebsten gegen Saarbrücken spielen. Die sind genau wie wir Tabellenführer – und dementsprechend wahrscheinlich der beste Gegner.