Pablo Gil wurde mit Javi Martínez und Juan Mata U19-Europameister. Er hat Sport auf Lehramt studiert, ist ausgebildeter Ernährungsberater und kennt sich in der Welt der Finanzanlagen aus. Nun kämpft er mit der TSG Balingen gegen den Abstieg aus der Regionalliga. Wie ist er da nur gelandet?
Javi Martínez war einst der teuerste Transfer der Bundesligageschichte, Juan Mata schnürt die Schuhe für Manchester United, Azpilicueta spielt bei Chelsea. Ein bisschen neidisch wird man da doch schon, oder?
Nein, überhaupt nicht. Ich empfinde da höchstens Bewunderung. Jeder hat mit seinen eigenen Umständen zu kämpfen und geht seinen eigenen Weg. Wer neidisch ist, hat gleich zwei Probleme auf einmal: Er kann sich an seinem eigenen Weg nicht erfreuen, aber auch nicht am Weg der anderen. Wenn ich mich an die Jungs von damals erinnere, kommt mir eher José Zamora in den Sinn, der mit 21 Jahren nach drei schweren Knieverletzungen seine Karriere beenden musste. Ob da jetzt einer mehr oder weniger Kohle macht, ist mir eigentlich egal. Mir ist wichtiger, dass ich jemanden einfach mal anrufen kann, um über alles andere außer Fußball zu sprechen.
Ein Jahr in der Premier League und man ist quasi aller Sorgen ledig…
Oder eben nicht! Wenn du eine Million im Monat verdienst, ist natürlich erstmal alles ein bisschen leichter, finanziell gesehen. Die Leute bekommen aber ihre Familien gar nicht mehr zu Gesicht. Wenn man auf dem Niveau spielt, ist es ja mit zwei Stunden Training am Tag nicht getan. Ist man europäisch dabei, wohnt man quasi im Hotel. Ich habe das ja selbst erlebt.
Und dann gibt es da noch eine Ebene, die bei der ganzen Sache viel bedeutender ist als das Geld: Der Fokus liegt so sehr auf der eigenen Berühmtheit. Irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem man ständig jemanden um sich herum benötigt, der einem sagt: „Du bist gut. Du bist schön. Du bist jeden Cent wert.“ Aber was passiert, wenn du aufhören musst, oder wenn du dich verletzt? Auf diese Frustration ist niemand, aber wirklich niemand, mental vorbereitet. Die Fallhöhe ist einfach unglaublich viel höher als bei einem ganz normalen Job. Das kannst du mit keinem Geld der Welt aufwiegen.
Wie lief es nach dem Turnier im Verein?
Der Traum ging weiter. Ich wurde als 18-jähriger in Albacete in die Profimannschaft hochgezogen und spielte in der zweiten Liga. Und da fing dann quasi ein neues Leben an: das Leben als Fußballprofi. Durch den EM-Titel waren natürlich so einige Leute auf mich aufmerksam geworden. In meinen drei Jahren dort habe ich etwa 50 Spiele absolviert, das war für einen so jungen Spieler schon beachtlich. Im Winter des dritten Jahres hieß es dann plötzlich, dass man meinen Vertrag, der im Sommer auslief, nicht mehr verlängern wollte. Das war schwer zu verdauen. Die ganze Zeit hatte ich mich als wichtig für den Verein empfunden und plötzlich hieß es: Es reicht nicht mehr. Glücklicherweise bin ich schon immer zweigleisig gefahren und hatte neben der Profikarriere studiert. Ich habe dann den Fokus auf das Studium gelegt und konnte in der Rückrunde bei Albacete mit freiem Kopf aufspielen.
Das scheint ganz gut geklappt zu haben. Plötzlich hatten Sie jemanden von Real Madrid an der Strippe.
Ich habe dem gesagt: Ich glaube, Sie haben sich verwählt (lacht). Aber zwei Tage später saßen wir dann zusammen und man hat mir einen Vertrag für die Castilla (zweite Mannschaft von Real Madrid, d. Red.) angeboten. Ich habe dann nicht lange überlegt und unterschrieben. Die erste sieben Spiele bin ich allerdings überhaupt nicht zum Zuge gekommen. Ich lief zu der Zeit mal mit einem Teamkollegen über den Trainingsplatz und der meinte zu mir, dass ich doch bestimmt jetzt einen neuen Verein suchen würde, weil ich einen Schritt zurück von der zweiten Liga in die Segunda B (3. Liga) gemacht hätte und jetzt auch noch auf der Bank säße. Das habe ich überhaupt nicht verstanden. In Wirklichkeit war es für mich so, als würde ich mit 21 Jahren die Chance bekommen, eine Art Master-Studium in Fußball zu absolvieren. Da habe ich keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, wegzugehen. Ich hatte für zwei Jahre unterschrieben. Ich wusste: Was ich bei Real lernen konnte, das könnte mein Leben verändern. Die ganze Infrastruktur, die Qualität des Trainings. Es ist quasi ständig jemand verfügbar, der bei allem hilft und unterstützt. Das ist eine andere Welt.
In Ihrem zweiten Jahr bei Real gelang der Aufstieg in die zweite Liga und Ihre bis dahin ziemlich geradlinige Karriere nahm eine erste interessante Wendung: Es zog Sie zu Sparta Prag in die erste tschechische Liga. Wie kam das zustande?
Mein Vertrag in Madrid war ausgelaufen und ich war gerade im Urlaub. Plötzlich rief mich mein damaliger Berater an und erzählte mir, ich hätte ein Angebot aus der Tschechischen Republik. Da hab ich erstmal abgewunken, ich kam ja schließlich gerade von Real Madrid. Da wollte ich schon mindestens wieder in die zweite Liga in Spanien. Mein Berater meinte aber, dass es sich um einen absoluten Traditionsverein handeln würde, der außerdem in der Europa League spielt. Ich stand also vor der Wahl, in einem großen Land in einem kleinen Verein zu spielen oder in einem kleinen Land bei einem richtig großen Verein. Ich bekam dann ein Angebot und mir wurde gesagt, ich müsse schon am nächsten Tag hin. Da musste ich erstmal schlucken, habe es aber durchgezogen und für drei Jahre unterschrieben.