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Seite 4: „Endlich wollte ein Verein mich wieder wirklich haben"

Sie sind bei Sparta in zwei Jahren nur sehr selten zum Zuge gekommen. Welche Partie ist Ihnen den­noch beson­ders in Erin­ne­rung geblieben?
Mein letztes Spiel für Sparta war in der Europa League bei Ath­letic Bilbao, das letzte Euro­pa­po­kal­spiel im alten San Mamés. Ich sollte von Anfang an spielen, aber da habe ich schon die Ver­let­zung bemerkt und konnte nicht auf­laufen. Mein nächstes Spiel habe ich 25 Monate später gemacht. In der Ter­cera Divi­sión (vierte Liga) vor 150 Zuschauern auf Kunst­rasen. Das musste ich per­sön­lich erstmal ver­ar­beiten. Das letzte Mal sollte ich vor 50.000 Zuschauern auf­laufen und nun stand ich da und kickte vor 150 Leuten. Ich war immer noch der­selbe wie damals in Bilbao, habe mich aber umge­schaut und gesehen, dass sich alles ver­än­dert hat.

Ein Schlüs­sel­mo­ment?
Absolut. In dem Moment war mir bewusst, dass ich nochmal alles ver­su­chen wollte. So weit, wie es irgendwie geht und solange mein Körper nicht sagt: Bis hierher und nicht weiter. Und so halte ich es bis heute. Was mein Kopf sagt, gilt nur so lange, wie mein Körper nichts dagegen hat. Ich war dann bei ver­schie­denen unter­klas­sigen Ver­einen in Spa­nien unter Ver­trag.

Wie sind Sie da auf­ge­nommen worden? Als Spieler mit Ihrer Ver­gan­gen­heit muss man in der dritten oder vierten Liga sicher ordent­lich ein­ste­cken.
Es war nicht nur ein Kampf gegen die Gegen­spieler, son­dern auch ein Kampf gegen die Gesetze des Fuß­ball­marktes. In Mérida zum Bei­spiel bat mich der Sport­di­rektor zum Gespräch und sagte mir, man hätte sich mehr von mir erwartet. Da habe ich ihm gesagt: Ich weiß, was du willst. Du willst den Spieler, der ich bei Real Madrid war oder bei Sparta. Das kannst du ver­gessen. Vor 18 Monaten konnte ich nicht mal laufen! Wenn ich noch auf dem Niveau spielen könnte, das ich damals hatte, wäre ich logi­scher­weise gar nicht hier.“

Sie haben sich dann nebenbei eine zweite Kar­riere auf­ge­baut.
Mein Stu­dium hatte ich in der Tasche, nebenbei hatte ich mich noch zum Ernäh­rungs­be­rater aus­bilden lassen. Ich habe dann in Madrid ein Fit­ness­studio eröffnet, mich ganz der Geschäfts­ent­wick­lung gewidmet und nebenbei bei Inter Madrid gespielt, einem Viert­li­ga­klub, der ganz in der Nähe neu gegründet wurde.

Das hört sich ganz erträg­lich an. Wie kam es dann dazu, dass Sie zu einem Ober­liga-Auf­steiger nach Deutsch­land wech­selten?
Uns ging es gut, wir hatten uns in Madrid ein Leben auf­ge­baut. Ich hatte das Studio und den Fuß­ball, meine Frau war berufs­tätig. Plötz­lich meinte mein Berater, es gäbe ein Angebot aus der 5. Liga in Deutsch­land. Das konnte ich mir natür­lich erstmal über­haupt nicht vor­stellen. Die Leute vom FC Vil­lingen waren aber sehr hart­nä­ckig und haben mich direkt zum Pro­be­trai­ning ein­ge­laden. Ich wollte gar nicht hin, aber meine Frau sagte: Nimm dir vier Tage Urlaub, flieg hin, dann lernst du Deutsch­land kennen, kickst ein biss­chen und dann kommst wieder nach Hause!“

Und lief es auch so ab?
Nach dem Trai­ning kamen der Prä­si­dent und der Trainer auf mich zu und meinten: Was müssen wir tun, damit du zu uns kommst?“ Da habe ich nur mit dem Kopf geschüt­telt. Auf keinen Fall. Ich musste zurück, ich hatte in Madrid doch ein Unter­nehmen. Aber die Ver­ant­wort­li­chen von Vil­lingen haben ein­fach nicht locker gelassen. Ich habe meinem Berater gesagt: Das geht gar nicht, die sind gerade von der Ver­bands­liga in die Ober­liga auf­ge­stiegen.“ Mein Berater meinte: Die geben dir einen Pro­fi­ver­trag, als ein­zigem Spieler im Kader. Für deine Frau wird eine Arbeit orga­ni­siert. Du musst dich um nichts küm­mern, die machen alles für dich.“ Da habe ich zum ersten Mal seit langem wieder gespürt, dass ein Verein mich wirk­lich haben wollte, und das hat gut getan. Also habe ich das Studio dicht gemacht, wir haben uns ins Auto gesetzt und sind nach Deutsch­land gekommen.

Auf einmal war ich ein Idol“

Wie war das erste Jahr in Vil­lingen?
Meine Frau und ich konnten nicht einmal die Sprache. Aber wir haben eine tolle Stadt vor­ge­funden, in der ich auf einmal eine Art Idol war. Alle haben sich fan­tas­tisch um mich geküm­mert. Und man hat mir die Chance gegeben, mit 29 Jahren und bei meiner Vor­ge­schichte nochmal wieder vom Fuß­ball leben zu können. Das war unglaub­lich. Auf dem spa­ni­schen Markt war ich ja schon als ver­let­zungs­an­fällig gebrand­markt.

Bei Sparta Prag, Ihrer ersten Aus­lands­sta­tion sind Sie geschei­tert. Warum waren Sie sich sicher, dass es in Deutsch­land klappen würde?
Weil meine ganze Ein­stel­lung von vorn­herein eine andere war. Ich hatte mir fest vor­ge­nommen, die Sprache zu lernen und auf keinen Fall wieder so schnell auf­zu­geben wie in Prag. Die Sprach­bar­riere sollte nicht noch einmal der Grund dafür sein, dass ich in die ganze Lebens­phi­lo­so­phie, die ganze Fuß­ball­phi­lo­so­phie und die Art zu arbeiten nicht ein­tau­chen konnte.

Sie hatten mit dem Team aus Vil­lingen direkt sport­li­chen Erfolg, das hat sicher auch geholfen.
Klar. Wir haben uns als Liga­neu­ling direkt für die Auf­stiegs­runde qua­li­fi­ziert, sind dann aber leider geschei­tert. Die Ober­liga wurde mir dann aber doch etwas zu klein und des­halb habe ich mich nach Alter­na­tiven umge­schaut. Ich hatte meh­rere Ange­bote aus der Regio­nal­liga, unter anderem aus Frank­furt und Hom­burg.

Ihr nächstes Ziel war dann Ihr aktu­eller Klub, die TSG Balingen. Die erste Saison lief ganz gut, aber in dieser Spiel­zeit sieht es nicht so rosig aus. Sie liegen 17 Punkte vom ret­tenden Ufer ent­fernt auf einem Abstiegs­platz.
In meinem ersten Jahr haben wir die Klasse gehalten. Ich habe das Angebot erhalten, meinen Ver­trag um ein wei­teres Jahr zu ver­län­gern und musste da mit meinen 30 Jahren nicht lange über­legen. Die erste Saison habe ich trotz einer Knie­ver­let­zung durch­ge­spielt, musste aber nach der Saison unters Messer. Acht Monate lang bin ich dann aus­ge­fallen bis kurz nach Weih­nachten. Ich war gerade wieder ein­ge­stiegen, da ging die aktu­elle Pro­ble­matik los.

Haben Sie noch Hoff­nung auf dem Klas­sen­er­halt?
Unmög­lich ist ja bekannt­lich nichts, aber sport­lich dürfte das äußerst schwierig werden. Wir warten jetzt natür­lich gespannt darauf, was der Ver­band ent­scheidet. Ein Sai­son­ab­bruch mit Auf­stei­gern aber ohne Absteiger wäre für uns natür­lich optimal.

Wie sieht Ihre Zukunft im Verein aus?
Für den Klub ist es momentan natür­lich finan­ziell schwierig. Even­tuell bin ich ab Sommer ver­einslos, da der Verein mög­li­cher­weise mein Gehalt nicht mehr stemmen kann. Das hat man mir von Beginn an ganz klar gesagt und das weiß ich sehr zu schätzen. Ich habe aber in jedem Falle ligaun­ab­hängig noch ein Jahr Ver­trag. Meine Frau hat eine unbe­fris­tete Stelle und wenn es bei mir und beim Verein hin­haut, hängen wir auf jeden Fall noch ein Jahr dran. Wenn ich im Sommer etwas anderes finde, kann ich aber den Verein ver­lassen. Wir gehen da sehr offen mit­ein­ander um.

Wie stellen Sie sich Ihr Leben nach dem Fuß­ball vor? Sie haben Sport auf Lehramt stu­diert, wäre das eine Option?
Auf dem Schulhof sehe ich mich ehr­lich gesagt momentan nicht. Wenn es etwas außer­halb des Fuß­balls sein müsste, dann schon eher Anla­ge­be­rater. Ich beschäf­tige mich mit dem Thema Invest­ment seit ich etwa 18 Jahre alt bin und kenne mich da ziem­lich gut aus. Eigent­lich will ich aber unbe­dingt in der Welt des Fuß­balls bleiben, sehr gern als Trainer. Ich habe eine Lizenz auf UEFA-B-Level und dabei soll es nicht bleiben.