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Am 12. Mai um 17:17 Uhr war es vorbei. Der HSV gewann im letzten Sai­son­spiel zwar 2:1 gegen Borussia Mön­chen­glad­bach, aber der VfL Wolfs­burg, Kon­kur­rent im Abstiegs­kampf, siegte 4:1 gegen den 1. FC Köln. Ich machte den Fern­seher aus und bekam nicht mehr mit, dass einige Fans Rauch­bomben zün­deten und die Polizei über den Rasen mar­schierte. Ich schrieb keine SMS, ich las nicht den Nach­be­richt auf kicker​.de, ich schaute keine Zusam­men­fas­sung in der Sport­schau. Ich lehnte mich zurück und atmete tief ein. Der HSV, mein Lieb­lings­verein, war abge­stiegen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bun­des­liga. Und das war gut so.

Wie war es nur soweit gekommen?

Viel­leicht hatte mich dieser Klub, der sich selbst Dino nennt, mürbe gemacht. Über Jahre hing er in einer Art Zwi­schen­uni­versum fest. Er war zu schlecht für die Bun­des­liga, und er war, so gro­tesk das klingt, zu schlecht, um end­lich abzu­steigen. In einer Saison holte er nur 27 Punkte und hielt trotzdem die Liga. In einer anderen ret­tete er sich in der letzten Minute mit einem Frei­stoßtor. Er verlor gegen die Bayern 0:9, 0:6 oder 2:9. Er ließ sich von Mann­schaften wie Pader­born oder Darm­stadt aus dem eigenen Sta­dion schießen.

Im Hin­ter­grund pumpte ein Mil­li­ardär Geld in den Klub, und der kaufte davon durch­schnitt­liche Spieler, die über­durch­schnitt­lich bezahlt wurden und unter­durch­schnitt­lich spielten.

Der mär­chen­hafte HSV

Regel­mäßig bla­mierte sich der Verein auch abseits des Platzes. Einmal verlor ein Sport­di­rektor seinen Ruck­sack mit wich­tigen Spie­ler­ver­trägen in einem Park. Ein anderes Mal ver­kaufte die Fan­ar­tikel-Abtei­lung ein T‑Shirt, auf dem statt einer HSV-Choreo eine Hertha-Choreo zu sehen war. Und auf Twitter pos­teten die Spötter, von denen es reich­lich gab, jedes Wochen­ende ein Bild von Stürmer Pierre-Michel Lasogga und seiner Mutter. Beide hatten sich für das Shoo­ting mit Motoröl ein­ge­rieben und blickten lasziv in die Kamera. Sat1-Soft­er­otik am Samstag um 15:30 Uhr. Oder auch: der Nie­der­gang in einem Bild.

Seit über elf Jahren lebe ich mitt­ler­weile in Berlin, und wenn ich früher die Spiele in den Kiez­kneipen ver­folgte, konnte man sich wenigs­tens etwas in Nost­algie ver­lieren. Happel, Kaltz, Magath. Oder das 4:4 gegen Juventus Turin im Sep­tember 2000. Der lauf­faule, aber geniale Sergej Bar­barez. Der wahn­sin­nige Stig Töf­ting. Rafael van der Vaart, Europa League, Nigel de Jong. Ach, und kennste noch Thomas Gra­vesen, die Humör­bombe? Schaffte es einst bis zu Real Madrid!

Dem Klub haf­tete lange noch etwas Mär­chen­haftes an, und manchmal erschien er dabei nicht total unsym­pa­thisch.