Bochums Trainer Robin Dutt kritisiert den Schweigeboykott der deutschen Fanszenen – und wittert einen kruden Plan aus Dresden. Er ist nicht der Einzige, der das Anliegen der aktiven Fans nicht verstanden hat. Ein Kommentar.
„Grundsätzlich geht mir das in dieser Gesellschaft total auf den Geist, wie jeder protestiert gegen alles und jeden – völlig undifferenziert.“
Ein formschöner Satz wie „Ich hasse diese Pauschalisierungen – vor allem von DEN Medien und DEN Politikern.“ Dutt kritisiert die völlig undifferenzierten Proteste, die er völlig undifferenziert als Proteste gegen alles und jeden klassifiziert. Ganz egal ob es nun Proteste für mehr Kita-Plätze, gegen die Zeitumstellung oder für mehr Inhalt in Pressekonferenzen sind – alles total nervig. Immerhin kann niemand Dutt vorwerfen, er habe keinen Lösungsansatz. Der lautet nämlich:
„Sollen doch alle selber ein bisschen mehr anpacken und Ehrenamt leisten.“
Wie nun ein Ehrenamt die Zerstückelung des Spieltages stoppen soll, ließ Bochums Trainer leider offen. Wohl aber offenbarte er eine merkwürdige Unkenntnis der Fanszenen. Man mag gerade Ultragruppen so einiges vorhalten wie das Abbrennen von Pyrotechnik oder mehr als grenzwertige Banner. Nur: Es gibt wohl keine Gruppe, auch nicht in Bochum, die sich nicht ehrenamtlich engagiert, Spenden sammelt oder in der jeweiligen Stadt wohltätige Projekte angestoßen hat. (Die Aussagen von Robin Dutt im Video, hier »>)
Zu guter Letzt kriegen Fans auch kein Geld, wenn sie ihrem Klub durchs ganze Land an einem Montag hinterherreisen. Sie sind auch keinen Vertrag eingegangen, der sie zur kritiklosen Unterstützung ihrer Mannschaft verpflichtet. Sie haben das Recht, zu schweigen oder friedlich zu protestieren, wenn sie sich übergangen fühlen. Das hat nichts mit Illoyalität gegenüber ihrem Klub oder ihrer Mannschaft zu tun.
Dies sind dermaßen banale Sätze, doch sie scheinen vielen Spielern und Funktionären nicht klar zu sein. Robin Dutts Ausführungen kamen eben nicht nur aus der Emotion heraus nach einem verlorenen Spiel. Er hatte die gleichen Gedanken schon in aller Ruhe vor der Partie formuliert – auch wenn er am Mittwoch in Teilen zurückruderte. Sein Kollege Maik Walpurgis von Dresden pflichtete Dutt in der Kritik an den Fans bei. Freiburgs Präsident Fritz Keller sagte: „Fans müssen überlegen, was sie machen, ob sie damit dem eigenen Klub schaden.“ Viele Spieler klagten über die fehlende Stimmung und die schlechte Atmosphäre. Das hatte eine gewisse Ironie; denn genau darauf wollten die Fanszenen einen Vorgeschmack geben: Das Schweigen wird Programm, wenn nur das Fernsehen zählt.
Vielleicht aber liegt das Problem in der Definition. Wenn die Leute im Stadion nur artig klatschen und Fähnchen schwingen sollen, dann muss ein anderer Begriff her. Dann wollen Spieler und Vereinsvertreter nicht Fans im Block, sie wollen Cheerleader.