Hertha BSC reagiert auf den Trainingsbesuch der Ultras. Der Verein hat eine Entschuldigung gefordert, die Fans lehnen ab. Welche Konsequenzen wird das haben?
In dieser Stellungnahme verurteilt Hertha BSC, dass die Ultras „ohne Zustimmung und widerrechtlich den Trainingsplatz“ betreten und das Abschlusstraining gestört hätten. Außerdem kündigt der Verein an, mögliche rechtliche Schritte prüfen zu lassen. Im Raum steht der Vorwurf des Hausfriedensbruchs und der Nötigung.
Am Tag nach dem Vorfall, rund um das Spiel gegen die Bayern, hatten sowohl Herthas Trainer Tayfun Korkut als auch Sportdirektor Arne Friedrich Verständnis für den Ärger der Fans über die Derby-Niederlage geäußert. Zugleich aber hatten sie die Art kritisiert. „Wir können grundsätzlich den Unmut der Fans verstehen, die Art und Weise, wie sie es vorgetragen haben, nicht“, sagte Friedrich im Interview mit Dazn.
Seit Jahren will Hertha BSC in in ein neues, reines Fußballstadion umziehen. Einmal mehr liegen die Pläne auf Eis. Jungarchitekt Lukas Mering hat dem Verein nun ein Stadionkonzept vorgelegt. Die Idee ist zukunftsweisend.
Auch viele normale Fans haben die Aktion der Ultras nicht gutgeheißen, und im Verein selbst herrscht offenbar die Meinung vor, dass mit dem Auftritt auf dem Trainingsplatz eine Grenze überschritten worden sei und man daher nicht einfach ungerührt zum Alltag zurückkehren könne.
Laut Herthas offizieller Stellungnahme hatte der Klub den Ultras schon am Tag nach der Pokalniederlage gegen Union ein Gespräch angeboten – am Tag, an dem auf der Zufahrt zum Vereinsgelände ein Transparent mit der Aufschrift „Schande“ hing, das mit dem Kürzel der Ultragruppierung „Harlekins Berlin“ versehen war. Dieses Gespräch kam dann erst an diesem Mittwoch, also nach dem Vorfall auf dem Trainingsplatz, zustande.
„Wir können grundsätzlich den Unmut der Fans verstehen, die Art und Weise, wie sie es vorgetragen haben, nicht“
Für Hertha nahmen Geschäftsführer Ingo Schiller und Fredi Bobic an der Unterredung teil. Auch sie äußerten demnach ihr Verständnis für die Kritik nach dem Derby. Ebenso aber hätten die beiden Geschäftsführer klargemacht, dass sie für die Art und Weise des Vorgehens und den Vorfall an sich keinerlei Verständnis hätten: „Hierbei hat die entsprechende Gruppe in vielfältiger Weise Grenzen überschritten.“
Bobic und Schiller haben den Ultras daher erklärt, dass der Verein eine öffentliche Entschuldigung für ihr Vorgehen und den Vorfall erwarte. Die Fans haben dies abgelehnt. „Dies bedauern wir sehr“, teilt Hertha mit.
Dass die Ultras nicht öffentlich zu Kreuze kriechen würden, war abzusehen. Und wer sich ein wenig mit ihren Gepflogenheiten auskennt, ahnt, dass Herthas Ansinnen bei ihnen eher zusätzlichen Trotz hervorrufen dürfte. Die Ankündigung rechtlicher Schritte birgt sogar die Gefahr einer Eskalation. Schon in der Vergangenheit war das Verhältnis zwischen Vereinsführung und Fanszene nicht frei von Spannungen. Aber nachdem beide Seiten eine Zeitlang gar nicht mehr miteinander gesprochen hatte, war der Dialog zuletzt zumindest wieder in Gang gekommen.
Dass sich der neu entflammte Konflikt nun gerade im Abstiegskampf negativ auf die Stimmung im Stadion niederschlägt, ist immerhin erst einmal nicht zu befürchten. Aus Protest gegen die Coronamaßnahmen verweigern sich die Ultras ohnehin der Rückkehr ins Stadion. Ihre Plätze in der Ostkurve bleiben schon seit einiger Zeit leer.
Dieser Text erscheint in Kooperation mit dem Tagesspiegel.