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Es ist natür­lich nur ein Zufall, dass Kolo Touré seinen ersten Ver­trag im euro­päi­schen Fuß­ball an einem Valen­tinstag unter­schrieben hat. 2002 war das, kurz zuvor hatte er seinen neuen Trainer Arsene Wenger von seinen Qua­li­täten über­zeugt. In einem Trai­nings­spiel rasierte er den Coach sauber ab, der war nicht nach­tra­gend und bat zur Unter­schrift.

Liebe auf den ersten Tritt

Touré setzte seinen Kaiser Wil­helm auf das Papier, und hatte es dabei so eilig, dass er die ver­trag­li­chen Details erst später checkte. Sym­pa­thi­sche Begrün­dung: Ich hatte Angst, der Verein würde es sich anders über­legen.“ Arsenal und Touré, es war Liebe auf den ersten Tritt. Als Arsene Wenger vor einigen Jahren gefragt wurde, welche Spieler in seiner langen Kar­riere ihn am meisten beein­druckt hätten, da nannte er auch den Abwehr­spieler von der Elfen­bein­küste, der ihm so über­schwäng­lich die Kno­chen poliert hatte. Kolo besitzt diese wun­der­bare Mischung aus Ehr­geiz und bedin­gungs­loser Lei­den­schaft.“ Trainer lieben solche Spieler, die auf dem Platz Herz­blut ver­gießen. Kolo Touré ist jetzt 35 Jahre alt. Und spielt noch immer so, als ginge es um den ersten Ver­trag bei Arsene Wenger.

Das Pro­blem ist nur: Kolo Touré ist alt geworden. Liebe rostet nicht. Aber Sport­ler­körper werden lang­samer. Des­halb spielt der 117-fache Natio­nal­spieler nicht mehr für Arsenal, Man­chester City oder den FC Liver­pool – die Sta­tionen seiner beein­dru­ckenden Kar­riere – son­dern Celtic Glasgow. Und auch dort ist der Rou­ti­nier nicht Stamm­spieler. Trainer Brendan Rod­gers, der Touré schon wäh­rend seiner Amts­zeit in Liver­pool (2012−2015) coachte, bringt seinen Oldie nur spo­ra­disch zum Ein­satz. Im Rück­spiel gegen die Glad­ba­cher fehlt er wohl gänz­lich.

Selbst wenn er nicht da ist, hilft er der Mann­schaft

Dass ihn sein Trainer trotzdem als echten Leader“ adelte liegt zum einen an einem recht Füh­rungs­spieler-armen Kader, zum anderen daran, dass Touré dank seiner Lauf­bahn und der wei­terhin in jedem Spiel unter Beweis gestellten Lei­den­schaft eine Aus­strah­lung hat, die auf seine Mit­spieler abfärbt. Und sie allein dank seiner Anwe­sen­heit im Kader ein paar Pro­zent­punkte besser sein lässt. Das schaffen nur Füh­rungs­spieler.

Im Hin­spiel gegen die Deut­schen half das aller­dings nicht viel. Weil Touré jeweils gegen Andre Hahn zwei Fehler unter­liefen, die er nach Anpfiff reu­mütig ein­ge­stand und ihn äußerst selbst­kri­tisch davon spre­chen ließen, wie ein 16-Jäh­riger“ ver­tei­digt zu haben. Was sich natür­lich auch nur 35-jäh­rige Leader erlauben können, von denen ihr Trainer sagt: Wenn ich Kolo brauche, dann ister da. Vor allem in wich­tigen Spielen.“

Herr­lich rus­tikal

Den Puristen auf der Tri­büne dürfte Tourés Auf­tritt gegen die Glad­ba­cher den­noch gefallen haben. Mag er durch zwei ver­lo­rene Zwei­kämpfe auch seinen Anteil an der Pleite gehabt haben, seine Spiel­weise war so herr­lich rus­tikal, dass man sich an seine Seite wünschte, um den Defen­siv­spe­zia­listen dabei zu beob­achten, wie er jeden Ball so kon­se­quent aus der Gefah­ren­zone beför­derte, als han­dele es sich nicht um ein Spiel­gerät, son­dern eine Kof­fer­bombe.

Das hatte wenig mit der Fein­fü­ßig­keit von solch Innen­ver­tei­diger-Spiel­ma­chern wie Jerome Boateng oder Mats Hum­mels zu tun, erin­nerte aber an die klas­si­schen Tugenden der letzten Ver­tei­di­gungs­reihe. Zur Not halt mal in den Ober­rang. Das mag Ästheten nicht gefallen. Aber Fuß­ball darf auch mal sein wie Kolo Touré ihn inter­pre­tiert.

Fuß­baller wie ihn liebt die Kurve

Das funk­tio­niert natür­lich nur, wenn man weiß, dass dem Rus­ti­kalen der unbe­dingte Ein­satz­willen voraus geht, wie es Touré Zeit seiner Kar­riere bewiesen hat. Selbst seine Doping-Sperre 2011 als Spieler von Man­chester City hatte das (und eine gehö­rige Por­tion Nai­vität) zur Grund­lage: Touré hatte Diät­pillen seiner Gattin geschluckt, um auf sein Kampf­ge­wicht zurück zu fallen.

Fuß­baller wie ihn, in ihren Mög­lich­keiten limi­tiert, aber not­falls auch dazu bereit, die eigenen Fami­li­en­pla­nung aufs Spiel zu setzen, liebt die Kurve. Bei all seinen Ver­einen avan­cierte Touré zum Publi­kums­lieb­ling, die Fans von Man­chester City besangen ihn und seinen Bruder Yaya in der Meis­ter­saison 2012 so aus­giebig zum Klas­siker No Limit“ des Euro­dance-Duos 2 Unli­mited“, dass später selbst die Fuß­baller seines neuen Arbeit­ge­bers aus Liver­pool in die Knie gingen.

Von Herzen umge­nietet

Und jetzt grätscht der Voll­blut­fuß­baller für den Voll­blut­verein aus Glasgow. Da haben sich zwei gefunden. Wenn da nur nicht der von hun­derten Pflicht­spielen geplagte Körper eines 35-Jäh­rigen wäre, der immer sel­tener zum Ein­satz kommt.

Nach dieser Saison ist wohl Schluss mit der ganz großen Kar­riere. Der Ver­trag mit Celtic läuft nur für eine Saison. Viel­leicht wartet ja irgendwo ein Scheich oder US-Multi darauf, von Touré über den Haufen getreten zu werden. Er wird wissen, dass es von Herzen kommt.