Wo Leben ist, da ist auch Wille zur Macht, schrieb einst Friedrich Nietzsche. Warum sollte das im Fußball anders sein als im richtigen Leben? Für 11FREUNDE-Ausgabe #145 erstellten wir unsere Rangliste der 50 einflussreichsten Akteure des Weltfußballs. Hier die Plätze 50 bis 41.
50 _ Jürgen Klopp
Besonders die Engländer fressen ihm aus der Hand und würden Dortmunds Trainer in ihrem Land gerne alle Jobs zwischen Nationaltrainer und Premierminister anbieten. „Geil“ wird dank Klopp bald schon ein englisches Wort. Der Rest der Welt bestaunt den Temperamentsbolzen als Erfinder von etwas bis dahin Unbekanntem: aufregendem deutschen Vereinsfußball. Verängstigt Teile des globalen Publikums aber noch durch Kontrollverlust.
49 _ Nick Hornby
21 Jahre ist es her, dass Nick Hornby bei Victor Gollancz Ltd. die Autobiografie eines Fußballfans veröffentlichte. „Fever Pitch“ schlug 1992 ein wie eine Bombe, das Buch verkaufte sich allein in Großbritannien über eine Million Mal und erklärte einem staunenden Publikum, dass auch denkende Menschen ihr Herz an den Fußball verlieren können. Bis dahin galt der Sport den besseren Kreisen als Marotte einer dumpfen, maximal dreizähnigen Unterschicht. Dass Hornby dabei hemmungslos seine eigene Biografie ausbeutete, war literarisch geschickt, führte aber dazu, dass er bis heute als intellektueller Vorzeigefan gilt, dessen kluge und witzige Aphorismen auch von denen ins Feld geführt werden, die heute die Stadionränge bevölkern, die aber nichts ahnen vom Schmerz, den der Fußball mit sich bringt. Hornby hat lange Jahre keine Zeile mehr über seine Leidenschaft geschrieben. Genutzt hat es nichts. Neulich ist ein kleines eBook von ihm erschienen, über die letzte Arsenal-Saison. Es gibt kein Entkommen.
48 _ Wolfgang Niersbach
Der Präsident des größten Sportfachverbandes der Welt ist ein mächtiger Mann. Er besitzt Gewicht in den internationalen Verbänden UEFA und FIFA, er spricht mit der Autorität einer der größten, erfolgreichsten und traditionsbewusstesten Fußballnationen. Soweit die Theorie. In der Praxis der internationalen Sportpolitik wirkt Wolfgang Niersbach jedoch bisweilen, als sei er Verbandspräsident von, sagen wir mal, Österreich. Nicht, dass er um ein klares Wort verlegen wäre. Aber dort, wo der DFB-Präsident als Taktgeber sportpolitischer Prozesse gefragt ist, etwa beim anhaltenden Skandal um die WM-Vergabe nach Katar, taucht Niersbach ab. „Wir sind nicht zuständig. Wir sind nicht mal qualifiziert, wir wissen nicht, ob wir da spielen. Die FIFA ist zuständig, die haben die Verträge.“ Der DFB-Präsident ist ein mächtiger Mann. Wenn er sich zuständig fühlt.
47 _ Daniela Wurbs
Dem Bild der stahlharten Powerfrau in der Männerwelt Fußball entspricht die Ex-Sozialpädagogin mit den rotgefärbten Haaren sicher nicht. Aber sie hat als Geschäftsführerin von Football Supporters Europe (FSE) viel dazu beigetragen, dass Fans nun auch am Hofe der Mächtigen Gehör finden: bei der UEFA, dem Europarat und der europäischen Klubvereinigung. So sind nun europaweit bei allen Klubs Fanbeauftragte vorgeschrieben, bei Sicherheitsfragen oder der Ticketvergabe haben Anhänger durch die FSE-Netzwerke ebenfalls eine Stimme. Tröstlich auch: Die einzige Frau auf dieser Liste kommt aus dem Lager der Fans.
46 _ Marcelo Bielsa
Es gibt Schriftsteller, die vor allem von Autoren bewundert oder Filmemacher, die von Regisseuren verehrt werden. Der Argentinier fällt in die gleiche Kategorie: Er ist der Trainer, von dem die Trainer schwärmen. Für Pep Guardiola ist er sogar „der beste Trainer der Welt“. Dabei geht es weniger um seine Titelsammlung (zwei Meistertitel in Argentinien und Gold bei Olympia 1994 mit Argentinien) oder sein erratisches Auftreten. Den „faszinierendsten aller 32 WM-Trainer“ nannte ihn 2010 die englische Taktiknerd-Website Zonalmarking. Der Taktikguru verblüffte mit Chile genauso wie später mit Athletic Bilbao. Wer sich wundert, dass Javier Martinez beim FC Bayern in der Abwehr spielt; als Erster dort eingesetzt hat ihn Marcelo Bielsa.
45 _ Michael Garcia
Als Staatsanwalt in New York hat Michael J. Garcia eine Menge böser Buben hinter Schloss und Riegel gebracht. Deshalb sollte er unerschrocken genug sein, um einen der heikelsten Jobs des Weltfußballs zu bewältigen: Garcia ist Chefermittler der neuen Ethikkommission der FIFA, wobei er die ominösen WM-Vergaben 2018 und 2022 an Russland und Katar untersuchen wird. Für manche ein Hoffnungsträger, für andere ein glatter Karrierejurist, für Russland Persona non grata: Garcia, so ließen die Russen mitteilen, käme ihnen erst gar nicht ins Land. Das fängt ja gut an.
44 _ Eugenio Figueredo
Jugend ist bekanntlich nicht unbedingt eine Voraussetzung für höchste Fußballämter – eher im Gegenteil. Auch der Mann aus Uruguay musste 81 Jahre alt werden, um im April dieses Jahres endlich Präsident des südamerikanischen Fußballverbandes CONMEBOL zu werden. Seine Wahl wurde von José Luis Chilavert, dem ehemaligen Torhüter und heutigen Korruptionsbekämpfer, gleich scharf kritisiert: „Figueredo verkauft seit 15 Jahren Gebrauchtwagen und ist inzwischen Milliardär. Er sagt, dass die Spieler ein notwendiges Übel sind. Ich kann so was nicht zulassen, wenn jemand derart üppig auf Kosten der Spieler lebt.“ Figueredo wurde auch zum Präsidenten des Organisationskomitees für die WM 2014 in Brasilien gewählt. Damit ist er in der Hauptverantwortung, welchen Charakter das angesichts der öffentlichen Proteste umstrittene Turnier bekommen wird.
43 _ Christian Seiffert
Seit Sommer 2013 erhalten die Klubs der Bundesligen pro Jahr 628 Millionen Euro aus den Übertragungsrechten. Ein Vertrag, der die Bundesliga dauerhaft zu den europäischen Topligen aufschließen lassen wird und der von DFL-Geschäftsführer Christian Seifert kühl und klug ausgehandelt wurde. Er ist der lebende Beweis dafür, dass man den Fußball nicht lieben muss, um mit ihm gute Geschäfte zu machen.
42 _ Brian Goldstein
Die Burgerschmiede McDonald’s versucht schon seit einiger Zeit, von ihrem Image als weltweit agierender Dickmacher loszukommen. Was bietet sich da mehr an, als Leibesübungen auf höchstem Niveau zu fördern? Doch während der Konzern bei den Olympischen Spielen als einer der Topsponsoren in der ersten Reihe steht, operiert er im Fußball eher im Hintergrund – das aber flächendeckend. So können sich Nachwuchstrainer in England zum McDonald’s‑Coach ausbilden lassen, während hierzulande Freizeitfußballer in Kooperation mit dem DFB das McDonald’s‑Fußballabzeichen ablegen. Da lachen die Laktatwerte – und Brian Goldstein, Leiter des Sportmarketings beim Fastfood-Riesen, freut sich auch. Steter Tropfen schmiert den Burgerverkauf.
41 _ Cesare Prandelli
Wir wollen den italienischen Nationaltrainer nicht zum Franz von Assisi des Weltfußballs erklären, aber außergewöhnlich und vorbildhaft ist seine Agenda für sauberen Fußball schon. Er führte bei der Squadra Azzurra einen Ethikkodex ein, geißelte Homophobie als „eine Form Rassismus“ und lud den Zweitligaspieler Simone Farina ins Nationalteam ein, weil der Bestechungsgeld abgelehnt hatte. Ach ja, ein richtig guter Trainer ist Prandelli auch noch, wie wir spätestens seit dem Halbfinale der Euro 2012 wissen.