Wegen des „Sommermärchens“ erinnert man sich in Deutschland gerne an die Kicker aus Ecuador. Der Fußball der Andenrepublik wird seither aber von bizarren Skandalen erschüttert.
Die Beamten nahmen die Unterlagen etwas genauer in Augenschein und stellten fest, dass zwei Männer, die Luna als Spieler und Verbandsfunktionär anmelden wollte, in Wirklichkeit nicht im Entferntesten etwas mit Fußball zu tun hatten. Es handelte sich um zwei Maurer. Wie sich später herausstellte, hatten sie Luna etwa 10.000 Euro bezahlt, damit er sie illegal in die USA einschleuste.
Drei Tage später wurde Luna verhaftet. In den nächsten Wochen kamen mindestens fünf weitere Fälle auf den Tisch, bei denen er Auswanderungswilligen unter dem Deckmantel des Fußballs falsche Visa besorgt hatte. In diesem Zusammenhang wurde im April 2006 auch noch der Mannschaftsarzt Ecuadors, Patricio Maldonado, unter Arrest gestellt. Kurz vor Beginn der WM tauchte dann Luis Castro unter, der Pressesprecher der Nationalmannschaft, nachdem gegen ihn ein Haftbefehl ausgestellt worden war. Lunas direkter Vorgesetzter, Präsident Chiriboga, wurde allerdings nicht angeklagt.
Verblüffendes Comeback
Wie gesagt, unter diesen Umständen war es erstaunlich, dass Ecuador sich in Deutschland so ordentlich schlug. Erstaunlich war allerdings auch der weitere Verlauf des Skandals. Vinicio Luna wurde schuldig gesprochen und saß bis März 2007 im Gefängnis. Zur Verblüffung nicht nur der ausländischen Presse gab ihm Chiriboga direkt nach seiner Entlassung seinen alten Job zurück. Luna machte sich daran, die Reisen der Nationalelf im Rahmen der Copa América zu organisieren, als Ecuadors Staatspräsident Rafael Correa die Entscheidung des Verbandes heftig kritisierte. Zwei Wochen später legte Luna sein Amt nieder.
In einem Interview erklärte Luna, er habe Gott gefunden, dann nahm er einen Posten an der Katholischen Universität von Ecuador an. Dort arbeitete er drei Jahre, bis so viel Gras über die Sache gewachsen war, dass Chiriboga ihn 2011 zum dritten Mal zum Delegationschef der Nationalelf ernennen konnte! Diesen Job übte er bis zum Dezember 2015 aus. Dann klagte die Staatsanwaltschaft Chiriboga und Luna der Geldwäsche an und stellte beide unter Hausarrest.
Das Spiel ist aus
Im Mai 2016 wurde Luna zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Der Prozess gegen Chiriboga zog sich etwas länger hin, doch am Ende hatten die Ermittler Erfolg (vermutlich auch, weil Luna sich kooperativ zeigte). Am 18. November 2016 – drei Tage, nachdem Ecuador gegen Venezuela gewonnen hatte und auf den dritten Platz der Südamerikagruppe geklettert war – wurde Luis Chiriboga zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Ecuador verlor jedes einzelne der nächsten sechs Qualifikationsspiele.