Sie wollen zum Fußball? Toll. Denn trotz Fan-Chaoten und Pyro-Irrsinn ist ein Fußballspiel ein Spaß für die ganze Familie. Befolgen Sie einfach diese Verhaltensregeln.
Anreise
Ob Bundesliga, DFB-Pokal oder gekauftes Turnier: Eine gut geplante Anreise ist das A und O eines angenehmen Fußballnachmittags. An den meisten Bundesligastandorten stehen öffentliche Verkehrsmittel und ausreichend Parkmöglichkeiten bereit. Sind Sie mit der deutschen Nationalmannschaft im Ausland unterwegs, folgen Sie einfach den Hitlergrüßen. Sollten Sie sich bei einem Turnier in einem Schurkenstaat befinden, markieren sterbende Zwangsarbeiter den Weg. Ignorieren Sie diese bitte, es geht schließlich um Fußball.
Auch bei der Anreise gilt die bedingungslose Solidarität der Fußballfamilie. Sollten Sie also ältere, verwirrte Menschen sehen, sorgen Sie bitte dafür, dass diese sicher auf ihren Platz im VIP-Bereich geleitet werden und nicht zufällig auf dem Gästesessel im Sportstudio landen. Sind Sie am Stadion angekommen, passieren Sie bitte ohne Widerworte den Venenscanner, den Scanner für Ihr personalisiertes Ticket, die Sicherheitskontrolle, den Nacktscanner und die Leibesvisitation.* Diese Maßnahmen dienen ausschließlich Ihrer Sicherheit und möglicherweise noch der Kriminalisierung von Fußballfans. Sie sind leider alternativlos.
*Maßnahmen noch in Planung. Start wohl erst zur Saison 2020/21.
Vorprogramm
Das Vorprogramm eines Spiels ist stets ein Highlight. Saugen Sie die Stadionatmosphäre auf und genießen Sie die besten Hits von Mark Forster, Oliver Pocher oder Helene Fischer. Summen Sie diese ruhig mit, allerdings bitte nicht zu laut, damit Sie Ihren Nebenmann nicht stören. Hass und Hetze haben im Stadion schließlich nichts verloren. Ebenso kann übermäßiges Schunkeln zu Verletzungen in eigenen und im Schulterbereich des Sitznachbarn führen, diese müssen vom DFB als Ausschreitungen gewertet und entsprechend sanktioniert werden.
Vorsicht: An manchen Bundesligastandorten kann es durchaus etwas rauer zugehen. Sollten Sie an den unchristlichen Gitarrenriffs von „Summer of Sixty-Nine“ Anstoß nehmen, ist es ratsam, Ohropax dabeizuhaben. Diese sollten Sie ohnehin mit sich führen, da es während des Spiels leider nach wie vor immer mal wieder zu schlimmen Schmähungen von den Tribünen kommt. Der DFB geht hart gegen Zwischenrufe wie „Blödmann“, „Du Blinder“, „Manno“ oder „Ey“ vor, Richtmikrofone und Schallkanonen zeigten erste positive Ergebnisse.
Das Spiel
Endlich geht es los. Zeigen Sie ehrliche Betroffenheit während der inhaltsleeren Hashtag-Kampagne vor der Partie, zu der sich die Teams im Mittelkreis aufreihen. Die vielen Allnighter der Jung-von-Matt-Praktikanten sollen schließlich nicht umsonst gewesen sein, auch wenn der Inhalt der Kampagne in der Praxis freilich niemals mit Leben gefüllt werden wird. Nehmen Sie anschließend die Klatschpappe von Ihrem 90-Euro-Sitzplatz und falten Sie sie. Durch rhythmisches Klatschen helfen Sie mit, dass die Stimmung in den deutschen Stadien angenehm aseptisch wird. Beste Ergebnisse erzielen Sie dabei, wenn Sie währenddessen grenzdebil dreinblicken und sich aufs Fake-Deutschland-Trikot sabbern, dass Sie zum Axe-Duschgel dazubekommen haben. Haben Sie wider Erwarten keine Klatschpappe, tun es auch andere fußballtypische Stimmungsinstrumente wie etwa Vuvuzelas oder Kuhglocken. Sollten Sie bemerken, dass eine Kamera auf Sie gerichtet ist, winken Sie hysterisch lachend und präsentieren Sie voller Stolz Ihre Fan-Schminke. Dies ist der schönste Moment Ihres Lebens.*
*Die Rechte an den Bildern verbleiben beim DFB und werden zukünftig für schmierige PR-Kampagnen missbraucht.
Vergessen Sie bei allem Spaß nie Ihre gesellschaftliche Verantwortung. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Hass und Hetze gegen jene Mitglieder unserer Gesellschaft, die am verwundbarsten sind und daher am dringendsten unseren Schutz brauchen: Alte, weiße Multimilliardäre. Sollten Sie also Banner bemerken, auf denen sich sogenannte Fans erdreisten, zu sportpolitischen oder gesellschaftlichen Themen Stellung zu beziehen, denunzieren Sie bitte umgehend. Der Anwalt des Verbands und, falls vorhanden, die Anti-Hass-Komission, die der moralisch fragwürdige Vorstandsvorsitzende des beteiligten Bundesligaklubs überstürzt eingeführt hat, werden schnellstmöglich die Beugehaft und gegebenenfalls eine Überstellung nach Gunatanamo durchsetzen. Bitte beachten Sie allerdings: Sollten Sie in unmittelbarer Nähe der Verursacher stehen oder auch nur deren Vereinsfarben tragen, werden auch Sie belangt und kollektiv bestraft werden. Pech gehabt, lol.
Auch andere, weniger schlimme Formen der Diskriminierung als Antimäzenismus, etwa Rassismus, Antisemitismus, Sexismus oder Homophobie, werden vom DFB knallhart verfolgt, auch wenn diese in Deutschland, anders als in England oder den Niederlanden, relativ neue Phänomene sind. So existiert auch ein Drei-Stufen-Plan bei rassistischen oder antisemitischen Äußerungen. Sollten Sie etwa Affenlaute machen, wenn ein schwarzer Spieler am Ball ist, wird im ersten Schritt ein DFB-Mitarbeiter an Ihren Platz kommen, den Zeigefinger wedeln und „Du, du, du“, sagen. Schritt zwei wird sein, dass der DFB androht, den Sünder ohne Abendessen ins Bett zu schicken. Als finalen Schritt behält sich der DFB vor, einen Funktionär in eine Talkshow zu schicken, damit dieser dann von „bedauerlichen Einzelfällen“ schwadroniert, während er gleichzeitig durchblicken lässt, dass man leider eigentlich nichts machen kann bzw. auch gar nichts konkret vorhat zu tun.
Haben Sie das 0:0 zwischen zwei Vereinen, die der DFB durchs 50+1‑Hintertürchen durchgewunken hat, genossen? Toll. Vergessen Sie nicht, das Stadion durch den Fanshop zu verlassen.
Abreise
Sollten Sie im Gästeblock stehen, kümmert sich die Polizei um Ihre Abreise. Besorgen Sie sich außerdem bitte vor dem Spiel genügend Proviant für den Polizeikessel, ein Mundschutz kann ebenfalls nicht schaden. Sind Sie nicht im Gästeblock, meiden Sie die brandschatzenden Pyro-Chaoten, die laut Boulevardpresse die Stadionumgebung in ein Bürgerkriegsgebiet verwandeln. Der DFB und seine Partner (Rainer Wendt, Axel Springer) arbeiten an diesem Problem.