Rüdiger brüllt, Draxler sitzt beleidigt auf dem Hosenboden und Leon Goretzka muss aufpassen, dass sich nicht ein ganzes Land in ihn verliebt. Die DFB-Elf in der Einzelkritik.
Marc-Andre ter Stegen
Spielt in der Nationalmannschaft einfach nicht zu null. So wenig wie gestern konnte er allerdings selten dafür. Zeigte mehr Großparaden als Nordkorea im Jahr der Partymaus – wir denken in erster Linie an den Reflex gegen Marquez kurz vor Schluss, als er geistesgegenwärtig die Patschehändchen hochriss. Beim Gewaltschuss von Fabian kurz darauf machtlos. Mausert sich trotzdem mehr und mehr zur klaren Nummer Zwei. Vielleicht presste er auch deshalb kurz nach Abpfiff eine Art Lächeln in die Kamera.
Benjamin Henrichs
Wurde von Coach L aus dem Hut gezaubert wie ein süßes Kaninchen, zeigte aber schon nach fünf Minuten, dass er nicht zum Knuddeln gekommen war und bereitete Goretzkas ersten Treffer mit einer flachen Hereingabe vor. Ob zufällig oder nicht – wer vermag das schon zu beurteilen? Zumindest nicht wir Rumpelfußballer, bei denen außer die Gelbe wegen Meckerns eigentlich alles zufällig passiert. So oder so ein gelungenes Startelf-Debüt des jüngsten Spielers im Kader.
Joshua Kimmich
Es gab Zeiten, da wirkte die deutsche Hintermannschaft ohne Philipp Lahm löchriger als die Durchschnittsjeans eines westdeutschen Zweitligafußballers. Und es gibt die Zeit, seit Joshua Kimmich spielt. Es ist manchmal unheimlich, wie selbstverständlich der Kerl seine Aufgaben meistert, und es macht in der Regel richtig Spaß, ihm dabei zuzusehen. Gestern zwar ohne die ganz großen Glanzlichter, dafür gewohnt sauber im Spielaufbau und nach hinten ohne Tadel. Unsere Grabesquellen haben uns folgendes mitgeteilt: Mach weiter!
Antonio Rüdiger
Gab den Chef und brüllte seine Jungs immer wieder zünftig an, was man dank der rücksichtsvollen Zuschauer in Sotschi gut hören konnte. Körperlich eine Wucht, umso erstaunlicher, dass er sich nach einem leichten Klaps von Chicharito vor Schmerzen auf dem Boden wälzen musste. Bis auf kleinste Wackler eine gelungene Partie des Römers.
Matthias Ginter
Zeigte sein bisher stärkstes Spiel beim Confed Cup, auch wenn er weite Teile der ersten Hälfte – wie die gesamte Mannschaft – zu viel hinterherlief. Aber, langsam kommen auch wir auf den Trichter: Vielleicht war ja auch das Taktik. Vielleicht ließ die Mannschaft die Mexikaner mit Absicht anrennen, in der Gewissheit, dass eh nichts anbrennen würde. Weil hinten drin ein teflonbeschichteter Matze Ginter irgendein Körperteil immer resolut in den Weg des Balles schleudern würde. Wenn dem so ist: Chapeau. Wenn nicht: trotzdem Chapeau.
Jonas Hector
Zeigte sich zunächst kaum in der Offensive, fiel aber auch defensiv nicht weiter auf, und das ist als nomineller Linksverteidiger ja eine gute Sache. Anders ausgedrückt: Er schläferte den Gegner ein, dieser clevere Hund. Um dann eiskalt zuzubeißen – und vor dem 3:0 zu entwischen. Legte den Ball wunderbar auf Werner zurück, der nur noch einschieben musste. Kann unseretwegen jedes Spiel locker angehen. Und dann eins auflegen.
Sebastian Rudy
Sollte als zentraler Mann vor der Abwehr defensiv Löcher stopfen und offensiv das Spiel ankurbeln, was die ersten acht Minuten auch ganz gut klappte. Danach strahlte er Sicherheit aus wie ein Atomreaktor und kam in den allermeisten Fällen einen Schritt zu spät. Was alles aber gar nicht so übel war, wie es sich liest, weil die Mexikaner ebenfalls nicht viel auf die Kette bekamen.