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Platz neun in der Liga, Cham­pions-League-Nie­der­lage in Moskau, 1:5‑Blamage im Cla­sico, Trai­ner­ent­las­sung. Krise. Bei Real Madrid brennt der sprich­wört­liche Baum. Julen Lope­tegui konnte der Mann­schaft seine Vor­stel­lungen nicht ver­mit­teln, die Offen­sive ist wild, die Defen­sive desolat. Resultat: Ein aus­ge­gli­chenes Tor­ver­hältnis bei 14:14 (Gegen-)Treffern nach zehn Spielen. Zusätz­lich fallen mit Jesus Val­lejo und Raphael Varane zwei Innen‑, sowie mit Mar­celo und Dani Car­vajal zwei Außen­ver­tei­diger aus.

Es wäre nicht ver­wun­der­lich, würde Reals Prä­si­dent und de facto Allein­herr­scher Flo­ren­tino Perez momentan etwas nei­disch nach Dort­mund schauen. Platz eins in der Liga, 4:0‑Champions-League-Sieg gegen Reals Stadt­ri­valen Atle­tico, Fuß­ball so schön wie lange nicht mehr. Aber über einen Bau­stein des Dort­munder Erfolgs dürfte sich Perez rich­tig­ge­hend ärgern: Achraf Hakimi, den er im Sommer für zwei Lei­h­jahre zum BVB ziehen ließ.

Dort­mund blüht auf

Hakimi kam im Alter von sieben Jahren in die Jugend­ab­tei­lung von Real. Zehn Jahre später stieg er zur zweiten Mann­schaft, Real Madrid Castilla, auf. Ein wei­teres Jahr später, ab 2017, gehörte er fest zum Pro­fi­kader. Mit 19 Jahren wurde er der erste Marok­kaner, der die Cham­pions League gewann, auch wenn er nur zwei Mal in der Grup­pen­phase auf­lief. Ins­ge­samt kam er in der ver­gan­genen Saison auf 17 Ein­sätze. Nicht genug, um im Star­ensemble Ein­druck zu hin­ter­lassen. Der latente Grö­ßen­wahn Reals und seines Prä­si­denten schlug sich auch auf dem Trans­fer­markt nieder. Für 30 Mil­lionen Euro ver­pflich­tete Perez Alvaro Odrio­zola, 22, für die rechte Defen­siv­seite. Hakimi hin­gegen musste gehen. 

Doch wie so oft ist des einen Leid des Anderen Glück. Wäh­rend Real sich von Spiel zu Spiel schleppt, blüht Borussia Dort­mund leicht­füßig zu alter Schön­heit auf. Auch und gerade wegen Achraf Hakimi.

Zu Sai­son­be­ginn sah es zwar noch nicht danach aus, als Lucien Favre vom Neu­zu­gang for­derte, er müsse sich defensiv ver­bes­sern. Doch seit dem fünften Spieltag am 26. Sep­tember hat Hakimi mit einer ein­zigen Aus­nahme in der Cham­pions League alle Pflicht­spiele für den BVB über die volle Distanz absol­viert. In sieben Par­tien kommt er auf sieben Scor­er­punkte, wurde mit drei Assists zum gefei­erten Helden beim Sieg über Atle­tico und star­tete bei seinem Debüt mit dem 7:0‑Kantersieg gegen Nürn­berg eine Serie von fünf BVB-Siegen.

Hakimi, der gefähr­lichste Ver­tei­diger Europas und womög­lich beste Außen­ver­tei­diger der Bun­des­liga, gab dem ohnehin schon mehr als pas­sabel in die Saison gekom­menen BVB einen zusätz­li­chen Kick­start. 

Der Marok­kaner ist der Ide­al­typus dessen, was man heut­zu­tage einen modernen Außen­ver­tei­diger“ nennt: Er schaltet sich drib­bel­stark und mit seiner Schnel­lig­keit ins offen­sive Kom­bi­na­ti­ons­spiel ein, bringt aber ebenso phy­si­sche Prä­senz und intel­li­gentes Stel­lungs­spiel in der Defen­sive mit. Dabei läuft er 90 Minuten lang uner­müd­lich die Sei­ten­linie ent­lang. Egal, welche. Oder um es mit den Worten von Marco Reus zu sagen: Vor allem Achraf über die Außen ist extrem wichtig, er geht die Linie immer wieder rauf und runter und hat eine unglaub­liche Schnel­lig­keit.“

Das gefällt auch Favre, der nach dem Nürn­berg-Spiel sagte: Man sieht, dass er gerne nach vorne geht. Er ist schnell, ein talen­tierter Dribbler und fühlt sich wohl im Eins-gegen-eins.“ Mit 32 Sprints je 90 Minuten führt Hakimi die Bun­des­liga an, seine fast 100 Ball­kon­takte pro Spiel über­bietet auf seiner Posi­tion nur Joshua Kim­mich. Er hat eine große Zukunft vor sich und ein rie­siges Poten­tial“, sagt Favre. 

Den besten Außen­ver­tei­diger der Welt zum Vor­bild

Gerade unter ihm als Trainer. Mit Favre erlebt Dort­mund aktuell eine Renais­sance des wohl­tem­pe­rierten Tem­po­fuß­balls, in denen defen­sive Sta­bi­lität und plötz­liche Tem­po­ver­schär­fungen per­fekt auf­ein­ander abge­stimmt sind. Hakimis Ent­schei­dung pro BVB hing auch maß­geb­lich damit zusammen: Ich war begeis­tert von seiner Spiel­idee. Er mag es, den Ball zu haben. Wir spielen einen Angriffs­fuß­ball, bei dem man Flü­gel­spieler braucht, die auf und ab mar­schieren“, sagte er El Pais.

Und wie so oft geht mit Favres Neu­aus­rich­tung auch ein Gene­ra­tio­nen­wechsel einher. Er will eine Mann­schaft immer ver­bes­sern, Sta­gna­tion bedeutet für ihn Rück­schritt, und Fort­schritt geht mit jungen Spie­lern besser als mit alten. Hakimis poten­ti­elle Kon­kur­rente Marcel Schmelzer und Lukas Piszcek haben zwar die jün­gere Ver­gan­gen­heit des BVB geprägt, aber mit ihren 30 bezie­hungs­weise 33 Jahren gehören sie in abseh­barer Zeit eben auch zur Ver­gan­gen­heit. Hakimi hat in den ver­gan­genen Spielen je nach Bedarf Schmel­zers linke oder Piszceks rechte Seite bear­beitet.

Mit Favres Angriffs­fuß­ball domi­niert der BVB die aller­meisten seiner Spiele. Das kaschiert Hakimis Mängel in der Defen­sive, wo er weniger als die Hälfte seiner Zwei­kämpfe und genau null Kopf­ball­du­elle gewonnen hat. Doch so lange er, wie sein Vor­bild Mar­celo, der beste Außen­ver­tei­diger der Welt, nach vorne wett­macht, was nach hinten fehlt, wird sich ver­mut­lich nie­mand ärgern. 

Außer Flo­ren­tino Perez.