Seine Stadt: Berlin. Seine Wurzeln: Neukölln. Sein Verein: Früher Hertha, heute Union. Unterwegs mit einem Fußballfan, der die Seiten gewechselt hat.
Ab 1977 vermied Huhn Besuche im Westend, ärgerte „die Hertha-Fanatiker in der Schulklasse“ und sich selbst über die abgehobene bis hochnäsige Haltung der Charlottenburger. „Nur die Feindschaft zu Schalke blieb. Der FC Meineid! Das hat man als alter Herthaner einfach drin, bis heute hasse ich diese prollige Großkotzigkeit von denen wie die Pest.“ Ansonsten eint Huhn kaum noch etwas mit seinem einstigen Lieblingsverein.
„Ich möchte nicht mehr ins Olympiastadion. Ich habe es versucht, es passte nicht“, sagt Huhn. Irgendwann, Ende der 80er, passte ihm auch Berlin nicht mehr. Festgefahren habe er sich dort gefühlt. Ein Freund machte ihm die Insel schmackhaft, Huhn fand einen Job und schnell war klar: London calling. „Die ersten Tage dort waren scheiße, die Stadt irgendwie abgeranzt.“ Es war jene Zeit, in der London pulsierte, „tolles Kino ebenso bot wie klasse Bands und zahlreiche Pubs“, erinnert sich Huhn. Am liebsten hörte er Indie, „bevorzugt Shop Assistants und Motorcycle Boy“.
Politisch bebte Großbritannien. Margaret Thatcher regierte, die Eiserne Lady, deren Neoliberalismus Gegenbewegungen provozierte. „Die waren meist klein, aber kreativ, das war prickelnd“, sagt Huhn. Prickelnder als Pop und Politik fand er nur noch den Fußball in London: „Ich war oft bei Arsenal, weil mein damaliger Partner Arsenal-Fan war. Im alten Highbury kostete ein Platz auf der North End Anfang der 90er zehn Pfund. Man war so nah dran, dass man den Spielern auf den Kopf hätte spucken können, ein wunderbares Stadion!“ Später schwärmte Huhn vor allem für die Bolton Wanderers (ausgerechnet nach einem Sieg im Pokal gegen Arsenal) und Crystal Palace um Topstürmer Ian Wright
Reif für eine Zäsur
Nach Huhns Berlin-Rückkehr 2013 („Ich hatte meinen Job verloren, die Zeit war reif für eine Zäsur“) sollte Crystal Palace ihm den Einstieg bei Union ermöglichen, als die Engländer 2015 zu einem Freundschaftsspiel an der Alten Försterei antraten. 8626 Zuschauer kamen, „aber die Atmosphäre war trotzdem unheimlich gut, ein bisschen wie beim ersten Mal in Highbury“, erzählt Huhn. Er wurde Dauerkartenbesitzer, Gegengerade, Sektor 3. Mittlerweile lebt Huhn in Friedenau, verteilt dort hin und wieder Union-Aufkleber und schwärmt vor allem für die Union-Spieler Ken Reichel („Tasmania-Vergangenheit“), Christopher Trimmel („gute Ausstrahlung“) und Akaki Gogia („Der sieht ganz gut aus!“). Das Derby am Samstag ist für Huhn das Spiel der Saison. „Vergiss Dortmund und Bayern!“
Mit Hertha hat er mittlerweile zwar seinen Frieden geschlossen, aber klar ist vor dem Derby am Samstag auch: „Ich hoffe natürlich auf einen Union-Sieg!“