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Seite 3: „Karius hätte zumindest ein Signal geben müssen“

Kann ihm trotzdem das Unter­be­wusst­sein einen Streich spielen, so dass ihm bei der WM ein Bock unter­läuft?

Neuer hat keinen Trai­nings­rück­stand mehr, wenn die WM beginnt. Er ist Profi genug, um zu erkennen, was er sich zumuten kann.

Nach der OP im Sep­tember 2017, bei der ihm eine Metall­platte ein­ge­setzt wurde, hat er kaum gespielt. Ist es normal, dass ein Profi nach einem Ermü­dungs­bruch so lange aus­fällt?
Nor­ma­ler­weise sollte ein Fuß nach so einer Fraktur inner­halb von sechs bis acht Wochen, maximal aber nach drei Monaten wieder durch­baut und fit sein. Aber offenbar hat es Kom­pli­ka­tionen gegeben.

Was ver­muten Sie?
Ent­weder hat Neuer trotz einer nor­malen Kno­chen­hei­lung starke Schmerzen ver­spürt. Oder: Der Kno­chen ist nicht geheilt. Was der wahr­schein­li­chere Fall sein dürfte.

Wie kommen Sie drauf?
Schließ­lich hat Neuer eine Refraktur erlitten, so dass einiges dafür spricht, dass der Kno­chen zu weich ist. Es kann ein orga­ni­sches Pro­blem sein. Oder Neuer leidet zum Bei­spiel unter einem Vit­amin-D-Mangel der oft­mals Kno­chen­stoff­wech­sel­pro­bleme nach sich zieht. Oder es liegt ein bio­me­cha­ni­sches Pro­blem im Fuß und der Bein­achse vor.

Das heißt?
Der Kno­chen bricht, weil er durch das fal­sche Schuh­werk oder durch andere phy­si­sche Fak­toren zu stark belastet wird. Sie müssen sich das wie bei einer Büro­klammer vor­stellen, die an und für sich stabil ist, aber durch ein zu häu­figes Hin- und Her­biegen irgend­wann durch­bricht.

Besteht die Gefahr, dass Neuers Fuß nun gleich wieder bricht?
Nur, wenn die Ursache noch nicht gefunden und abge­stellt wurde. Aber wenn es Vit­amin-D-Mangel ist oder ein fal­scher Schuh der Grund war, haben die Medi­ziner beim FC Bayern und beim DFB das erkannt und längst Abhilfe geschaffen.

Skep­tiker fürchten, dass Manuel Neuer seine Kar­riere beenden muss, sollte der Fuß noch einmal bre­chen?
Gene­rell gilt: Bei jeder Fraktur besteht die Gefahr, dass ein Kno­chen nicht mehr heilt oder dau­er­haft schmerzt. Aber eigent­lich ist davon nicht aus­zu­gehen. Sollte Neuer sich noch­mals den Fuß bre­chen, wird der Hei­lungs­ver­lauf wohl ähn­lich wie beim letzten Mal sein. Es dauert eben nur alles seine Zeit.

Noch ein Wort zu Liver­pools Keeper Loris Karius. US-Wis­sen­schaftler des General Mas­sa­chu­setts Hos­pital wollen jetzt erkannt haben, dass er sich beim Zusam­men­prall mit Sergio Ramos eine Gehirn­er­schüt­te­rung zuge­zogen hat, die Ursache seiner Fehler im Cham­pions League Finale gewesen sein könnte. Ist so etwas zehn Tage später noch messbar?
Ja, eine Com­motio lässt sich – je nachdem wie schwer die Erschüt­te­rung war – durchaus noch nach­weisen.

Sie halten es also für mög­lich.
Eine Gehirn­er­schüt­te­rung wäre zumin­dest eine Erklä­rung für zwei derart kapi­tale Fehler. Den­noch wun­dert mich der Zeit­punkt, zu dem es publik wird.

Warum?
Weil sich eine leichte Kopf­ver­let­zung nach zehn Tagen medi­zi­nisch eigent­lich erle­digt hat. Ein schwere würde ich hin­gegen aus­schließen, da bis dato offenbar keine Pro­bleme bekannt waren. Karius ist in den Tagen nach dem Match nicht auf­fällig geworden, er hat das Abschluss­trai­ning absol­viert – und er hat offenbar auch sonst keine Aus­fall­erschei­nungen gehabt.

Sie haben also Ihre Zweifel an dem Befund?
Das kann ich nicht beur­teilen. Mich wun­dert ledig­lich, dass Karius sich die ganze Zeit über nicht hat unter­su­chen lassen. Als Liver­pooler Team­arzt wäre ich jeden­falls ent­täuscht, wenn er sich nun, Wochen später, woan­ders in Behand­lung begibt. Sollte er wirk­lich eine Gehirn­er­schüt­te­rung erlitten haben, frage ich mich, warum es wäh­rend des Spiels kei­nerlei medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung gab. Als ver­ant­wor­tungs­be­wusster Profi hätte er zumin­dest ein Signal geben müssen, dass etwas nicht stimmt. Denn wir Team­ärzte sind – auch durch die aktu­ellen medi­zi­ni­schen FIFA-Emp­feh­lungen zu diesen Themen – bezogen auf Kopf­ver­let­zungen inzwi­schen sehr sen­si­bi­li­siert.