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Seite 2: Echter Häuptling oder entflohener Statist?

Wie ein Win­netou des Fuß­balls muss er den Jour­na­listen und seinen Mit­spie­lern vor­ge­kommen sein: lange schwarze Haare, Gesichts­züge wie mit dem Kriegs­beil gezogen, tiefe Stimme, ora­kel­hafte Apho­rismen, die von Glanz und Gloria kün­deten – wor­unter sie sich in Dort­mund, der Stadt der geschlos­senen Zechen, so recht nichts vor­stellen konnten, trotz zweier Meis­ter­schaften 1995 und 1996 und einiger Ita­lien-Heim­kehrer wie Andreas Möller, Jürgen Kohler und Mat­thias Sammer. Sie wirkten bieder im Ver­gleich zu Paulo Sousa, nicht nur Sammer, der privat gern Roland Kaiser hörte. Aber war dieser Sousa nun ein echter Häupt­ling oder ein ent­flo­hener Sta­tist von den Karl-May-Fest­spielen in Bad Sege­berg? Als er zehn Monate später den Cham­pions-League-Pokal in den Himmel über dem Borsig­platz stemmte, war die Ant­wort gegeben. 

Sousa hört gern Jazz und umarmt Bäume

Glaube ver­setzt Berge. Und zumeist bestehen diese Berge aus den Zwei­feln der anderen. Auch in der Schieds­rich­ter­ka­bine des St. Jakobs-Parks zu Basel, 18 Jahre nach dem Tri­umph im Finale von Mün­chen, wird recht schnell klar: Man muss Paulo Sousas unbe­irr­baren Glauben ein­fach hin­nehmen, ihn aus­halten, sonst wird man selbst ver­setzt, und zwar vor die Tür.

Ihn ein­fach reden lassen, über seine vom Zweifel unbe­rührte Welt, über Medi­ta­tion, seine Spa­zier­gänge im Wald, wie er die Bäume umarmt und mit ihnen Zwie­sprache hält, seine Liebe zum Jazz, wie er mit dem Chaos tanzt, Traum­ta­ge­buch führt, das spie­lende Kind in seinen Spie­lern sucht – dann gewinnt man das Bild eines Mannes, der zwar weitaus schrul­liger wirken mag als manche seiner Kol­legen, die am Sonn­tag­vor­mittag im Dop­pel­pass“ mit hei­ligem Ernst fal­sche Ein­würfe ana­ly­sieren – der aber allemal tiefer ist als sie. Und – nicht die schlech­teste Vor­aus­set­zung für ein Inter­view – mehr zu erzählen hat: Über sich als scheues Kind, das kaum mit Men­schen sprach. Und sich den­noch auf­machte, die Massen zu begeis­tern.

Die Sau­dade, der por­tu­gie­si­sche Welt­schmerz, scheine ihm ja voll­kommen fremd zu sein, sagt man, als man am Ende stau­nend vor der nun voll­kommen ent­fal­teten Zwei­fel­lo­sig­keit des Paulo Sousa steht. Ich betrachte es als meine Auf­gabe als Sports­mann“, sagt er, meinen Lands­leuten Freude zu schenken und das Selbst­ver­trauen zu ver­leihen, das sie selbst mit­unter nicht haben.“

Dieser Sousa hat eine Mis­sion. Kein Zweifel.

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