Paulo Sousa wird heute 50 Jahre alt. 1997 gewann er mit dem BVB die Champions League. Als wir ihn als Trainer des FC Basel trafen, war er überzeugt davon, den Triumph wiederholen. Kein Zweifel. Begegnung mit einem Siegertypen.
Wie ein Winnetou des Fußballs muss er den Journalisten und seinen Mitspielern vorgekommen sein: lange schwarze Haare, Gesichtszüge wie mit dem Kriegsbeil gezogen, tiefe Stimme, orakelhafte Aphorismen, die von Glanz und Gloria kündeten – worunter sie sich in Dortmund, der Stadt der geschlossenen Zechen, so recht nichts vorstellen konnten, trotz zweier Meisterschaften 1995 und 1996 und einiger Italien-Heimkehrer wie Andreas Möller, Jürgen Kohler und Matthias Sammer. Sie wirkten bieder im Vergleich zu Paulo Sousa, nicht nur Sammer, der privat gern Roland Kaiser hörte. Aber war dieser Sousa nun ein echter Häuptling oder ein entflohener Statist von den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg? Als er zehn Monate später den Champions-League-Pokal in den Himmel über dem Borsigplatz stemmte, war die Antwort gegeben.
Sousa hört gern Jazz und umarmt Bäume
Glaube versetzt Berge. Und zumeist bestehen diese Berge aus den Zweifeln der anderen. Auch in der Schiedsrichterkabine des St. Jakobs-Parks zu Basel, 18 Jahre nach dem Triumph im Finale von München, wird recht schnell klar: Man muss Paulo Sousas unbeirrbaren Glauben einfach hinnehmen, ihn aushalten, sonst wird man selbst versetzt, und zwar vor die Tür.
Ihn einfach reden lassen, über seine vom Zweifel unberührte Welt, über Meditation, seine Spaziergänge im Wald, wie er die Bäume umarmt und mit ihnen Zwiesprache hält, seine Liebe zum Jazz, wie er mit dem Chaos tanzt, Traumtagebuch führt, das spielende Kind in seinen Spielern sucht – dann gewinnt man das Bild eines Mannes, der zwar weitaus schrulliger wirken mag als manche seiner Kollegen, die am Sonntagvormittag im „Doppelpass“ mit heiligem Ernst falsche Einwürfe analysieren – der aber allemal tiefer ist als sie. Und – nicht die schlechteste Voraussetzung für ein Interview – mehr zu erzählen hat: Über sich als scheues Kind, das kaum mit Menschen sprach. Und sich dennoch aufmachte, die Massen zu begeistern.
Die Saudade, der portugiesische Weltschmerz, scheine ihm ja vollkommen fremd zu sein, sagt man, als man am Ende staunend vor der nun vollkommen entfalteten Zweifellosigkeit des Paulo Sousa steht. „Ich betrachte es als meine Aufgabe als Sportsmann“, sagt er, „meinen Landsleuten Freude zu schenken und das Selbstvertrauen zu verleihen, das sie selbst mitunter nicht haben.“
Dieser Sousa hat eine Mission. Kein Zweifel.
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