Jörg Heinrich wird heute 50 Jahre alt! Apropos heute: Was geht eigentlich beim Champions-League-Sieger von 1997, den der AC Florenz einst zum teuersten deutsche Fußbalspieler machte?
Man könnte meinen, zwölfeinhalb Millionen Euro seien eine Stange Geld. Für die allermeisten Menschen auf dieser Welt sind sie es auch. Im modernen Spitzenfußball allerdings, wo Geld zumeist keine Rolle mehr spielt, sind sie es nicht. Nicht mehr zumindest. 1998 hingegen sah das noch anders aus.
Im Sommer jenen Jahres wechselte Jörg Heinrich von Borussia Dortmund zum AC Florenz. 25 Millionen Mark bezahlten die Italiener für den Brandenburger. Während man sich davon vor drei Jahren gerade mal ein Viertel Leroy Sané hätte kaufen können, war es damals die höchste Ablösesumme für einen deutschen Spieler. Heinrich kam als Nationalspieler und ehemaliger Champions-League-Sieger in die Toskana.
Heinrich allein in Florenz
Ihren Anfang nahm die Karriere des vielseitig einsetzbaren Beidfüßers 1988 bei der BSG Motor Rathenow. Über Chemie Velten machte er nach der Wende den Schritt in den Westen zu Kickers Emden, wurde in der Oberliga Nord zum Spieler der Saison 1993/94 und schaffte den Sprung zum SC Freiburg in die Bundesliga – im Alter von 24 Jahren. Mit Dortmund wurde er anschließend Meister, gewann die Champions League und den Weltpokal. Bei der WM 1998 spielte er sein erstes und einziges großes Turnier mit der Nationalmannschaft. Den Wechsel nach Florenz bezeichnete er später mal als „logische Konsequenz“.
In Italien spielte Heinrich mit Weltstars wie Rui Costa, Gabriel Batistuta und Pedrag Mijatovic zusammen, Florenz rüstete kurz vor der Jahrtausendwende gehörig auf. Doch nach zwei Jahren wurde klar, dass der Klub sich übernommen hatte. Heinrich wurde für nur acht Millionen Mark zurück nach Dortmund verramscht, wo er 2002 zum zweiten Mal deutscher Meister wurde. Eigentlich wollte Rudi Völler ihn zur WM mit nach Japan und Südkorea nehmen, doch Heinrich erklärte am Tag der Nominierungsdeadline seinen Verzicht. Der schleichende Abschied von der großen Fußballbühne hatte begonnen.
Für den DFB lief er danach nicht mehr auf, ein Jahr später war auch in Dortmund Schluss. Für Köln machte er noch 20 Spiele, dann spielte er jeweils noch ein Jahr für den Ludwigsfelder FC und Union Berlin, wo er 2005 schließlich weitestgehend unbemerkt mit der Profikarriere abschloss. Das Ende des Fußballers Jörg Heinrich war das aber noch lange nicht.
Auf Anfrage von Freunden und Bekannten – so waren auch schon die beiden vorherigen Engagements zusammengekommen – streichelte Heinrich den Ball auch noch beim TSV Chemie Premnitz, erneut in Velten und schließlich ab 2008 wieder in Rathenow, diesmal beim BSC in der Landesliga. Erst im April 2011, mit 41 Jahren, verabschiedete er sich endgültig vom Herrenfußball – nur um seitdem für die Senioren in Rathenow aufzulaufen. Die Zeit nach der Karriere begann aber eigentlich schon früher.
Als ihn ein Bandscheibenvorfall 2005 bei Union stoppte, übernahm Heinrich im Winter als Sportdirektor beim damaligen Oberligisten. Der Büroalltag sagte ihm allerdings nicht zu, weshalb er nach etwas mehr als einem Jahr die Geschäfte wieder übergab.
2012 schloss Heinrich die Trainerausbildung ab und stieg ein Jahr später als Coach beim BSC Rathenow ein, wo er noch zwei Jahre zuvor selber gekickt hatte. Zur Saison 2015/16 übernahm er beim frischgebackenen Regionalligisten FSV 63 Luckenwalde, musste allerdings noch vor Saisonende seinen Hut nehmen. 2017 war er dann eigentlich beim SV Falkensee-Finkenkrug in seinem Wohnort beschäftigt, als plötzlich Aki Watzke anrief, der wenige Minuten zuvor Peter Stöger als neuen BVB-Cheftrainer unter Vertrag genommen hatte und jetzt panisch nach dessen zukünftigen Assistenten fahndete. Es war mehr Befehl als Nachfrage – Heinrich setzte sich prompt ins Auto und fuhr zu seiner sportlichen Liebe ins Ruhrgebiet. Von Erfolg gekrönt war Stögers und seine Amtszeit allerdings nur bedingt.
Hier modelt der Chef noch selbst
Deshalb war es auch gut, dass Heinrich eine Fallback-Option hatte, als die Entlassung Stögers und damit auch seine eigene bevorstand. Schon 2008 gründete er „Sport Heinrich“, einen Sportfachhandel, der mittlerweile zwei Filialen in Rathenow und Berlin hat. Auf der Website des Geschäfts, die ebenso ehrlich und altmodisch daherkommt wie dessen Name, ist Jörg Heinrich im Header abgebildet. Wie gewohnt im Deutschlandtrikot, mit Mittelscheitel und ohne Schnauzer, wo man immer irgendwie einen erwartet.
Bei „Sport Heinrich“ legt der Chef noch selbst Hand an, beziehungsweise steht Jörg Heinrich für den Flyer des „Sport Heinrich Soccercamp“ noch selbst Modell. Das zahlt sich aus: 4,9 von fünf Sternen weist die durchschnittliche Bewertung aus. Ein Rezensent schreibt: „Die Leute da haben Ahnung, wissen wovon Sie reden und das – weil Sie selber Fussball spielen, oder gespielt haben!!!“. Könnte man so sagen.
Scheinbar bekommen die Kunden auch ordentliche etwas geboten für den Preis, der auf Facebook mit gleich drei Euro-Zeichen angegeben ist. Dass das Preis-Leistungs-Verhältnis bei Heinrich stimmt, wusste auch schon der AC Florenz – wobei für einen Trikot-Satz mit Beflockung vermutlich keine 12,5 Millionen Euro fällig werden. Ist ja schließlich auch ‘ne Stange Geld.