Günther Koch erlebte als Radiokommentator alle Facetten des Profi-Fußballs – seine Liebe zum Amateurbereich hat er trotzdem nie verloren. Heute wird er 80 Jahre alt. Die „Stimme Frankens“ im Interview.
Ganz schön lange. Was hält die Begeisterung aufrecht?
Es macht einfach Laune, das ist Fußball reinsten Wassers. Ich schreibe immer noch die Ergebnisse mit, wer gut und wer schlecht gespielt hat.
Wie läuft’s momentan?
Diese Woche führten wir 6:3 zur Halbzeit und haben am Ende trotzdem mit 7:13 verloren. Es ist zwar nicht mehr so schlimm wie früher, aber ein Spiel zu verlieren, ärgert mich immer noch die nächsten drei Tage.
Danach geht der Blick wieder Richtung Wochenende?
Genau. Der Club, Bundesliga, Amateure – das nimmt viel Zeit in Anspruch. Selbst im Urlaub an der Ostsee habe ich mir neulich ein Kreisligaspiel angeschaut: TSV Lütjenburg gegen den FC Riepsdorf. Allein die Namen der Vereine muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Herrlich.
Wie ging es aus?
Lütjenburg hat das Spiel mit 4:2 gewonnen. Mir ging es aber in erster Linie um das Drumherum. Ich liebe die Stimmung in der Kreisliga. Die Spieler laufen einen halben Meter an dir vorbei, intensiver kann ich mir Fußball nicht anschauen. Ich beschreibe den Amateur-Fußball gerne mit dem Begriff „hautnah“. Gibt es davon eine Steigerung?
Vermutlich nicht.
Hautnäher vielleicht. (Lacht.) Außerdem sind beide Teams mit Herzblut dabei, ohne Allüren. Neulich rief die Frau eines Spielers: „Komm mir bloß nicht Heim, wenn du weiter so spielst!“
Das zeigt: Auch in der Kreisklasse herrscht Druck.
Sehr großer sogar! Die Zuschauer sind genauso ehrlich wie früher, das ist ja das Schöne. Ansonsten hat sich vieles verändert. Als ich anfing zu spielen, mussten wir noch Trikot-Geld zahlen. Eine Mark pro Spiel, damit das Hemd gewaschen wurde.
Woanders ist es üblich, dass die Trikottasche immer abwechselnd mit nach Hause genommen wird.
Das war ja auch eine andere Zeit. Manche Dinge ändern sich aber nicht. Zum Beispiel: Der wichtigste Mann ist der mit den Wertsachen!
Sie waren jahrzehntelang gleichzeitig als Lehrer und Reporter tätig, jetzt sind Sie Rentner. Wie vertreiben Sie sich die Zeit?
Ich genieße die freien Tage, sitze aber weiterhin im Aufsichtsrat des 1.FCN. Außerdem arbeite ich im Club-Museum.
Mit welcher Aufgabe?
Ich leite die Führungen dort. Bald gebe ich die hundertste Tour, danach höre ich auf. Als schönste Erinnerung zeige ich den Besuchern gerne ein Schriftstück aus den 70er-Jahren. Dort unterschrieben die Nürnberger, dass sie bei einer Niederlage gegen Schwenningen auf ihre Auflaufprämie von 1000 Mark verzichten würden. Alle Spieler unterzeichneten und der Club gewann mit 4:0. So eine Maßnahme wäre heutzutage grotesk, kein Profi würde freiwillig auf seinen Lohn verzichten.
1000 Euro würden die Meisten wohl noch abtreten.
Wahrscheinlich. Vielleicht müsste man noch ein paar Nullen anhängen, damit es einen Bundesliga-Profi schmerzt. Doch es stimmt: Die Spieler sind nicht das Haupt-Problem. Es ist das Geschäft als solches, was diesen Sport kaputt macht. Im Profi-Fußball gibt es sogar Banden!
Kriminelle Banden?
Ja, sogar im Stadion. Nämlich Werbe-Banden! (Lacht.)