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Seite 2: Eine Mark Trikot-Geld

Ganz schön lange. Was hält die Begeis­te­rung auf­recht?
Es macht ein­fach Laune, das ist Fuß­ball reinsten Was­sers. Ich schreibe immer noch die Ergeb­nisse mit, wer gut und wer schlecht gespielt hat.  

Wie läuft’s momentan?
Diese Woche führten wir 6:3 zur Halb­zeit und haben am Ende trotzdem mit 7:13 ver­loren. Es ist zwar nicht mehr so schlimm wie früher, aber ein Spiel zu ver­lieren, ärgert mich immer noch die nächsten drei Tage. 

Danach geht der Blick wieder Rich­tung Wochen­ende? 
Genau. Der Club, Bun­des­liga, Ama­teure – das nimmt viel Zeit in Anspruch. Selbst im Urlaub an der Ostsee habe ich mir neu­lich ein Kreis­li­ga­spiel ange­schaut: TSV Lüt­jen­burg gegen den FC Rieps­dorf. Allein die Namen der Ver­eine muss man sich auf der Zunge zer­gehen lassen. Herr­lich.  

Wie ging es aus? 
Lüt­jen­burg hat das Spiel mit 4:2 gewonnen. Mir ging es aber in erster Linie um das Drum­herum. Ich liebe die Stim­mung in der Kreis­liga. Die Spieler laufen einen halben Meter an dir vorbei, inten­siver kann ich mir Fuß­ball nicht anschauen. Ich beschreibe den Ama­teur-Fuß­ball gerne mit dem Begriff hautnah“. Gibt es davon eine Stei­ge­rung? 

Ver­mut­lich nicht. 
Haut­näher viel­leicht. (Lacht.) Außerdem sind beide Teams mit Herz­blut dabei, ohne Allüren. Neu­lich rief die Frau eines Spie­lers: Komm mir bloß nicht Heim, wenn du weiter so spielst!“ 

Das zeigt: Auch in der Kreis­klasse herrscht Druck. 
Sehr großer sogar! Die Zuschauer sind genauso ehr­lich wie früher, das ist ja das Schöne. Ansonsten hat sich vieles ver­än­dert. Als ich anfing zu spielen, mussten wir noch Trikot-Geld zahlen. Eine Mark pro Spiel, damit das Hemd gewa­schen wurde.

Woan­ders ist es üblich, dass die Tri­kot­ta­sche immer abwech­selnd mit nach Hause genommen wird. 
Das war ja auch eine andere Zeit. Manche Dinge ändern sich aber nicht. Zum Bei­spiel: Der wich­tigste Mann ist der mit den Wert­sa­chen! 

Sie waren jahr­zehn­te­lang gleich­zeitig als Lehrer und Reporter tätig, jetzt sind Sie Rentner. Wie ver­treiben Sie sich die Zeit?
Ich genieße die freien Tage, sitze aber wei­terhin im Auf­sichtsrat des 1.FCN. Außerdem arbeite ich im Club-Museum.

Mit wel­cher Auf­gabe?
Ich leite die Füh­rungen dort. Bald gebe ich die hun­dertste Tour, danach höre ich auf. Als schönste Erin­ne­rung zeige ich den Besu­chern gerne ein Schrift­stück aus den 70er-Jahren. Dort unter­schrieben die Nürn­berger, dass sie bei einer Nie­der­lage gegen Schwen­ningen auf ihre Auf­lauf­prämie von 1000 Mark ver­zichten würden. Alle Spieler unter­zeich­neten und der Club gewann mit 4:0. So eine Maß­nahme wäre heut­zu­tage gro­tesk, kein Profi würde frei­willig auf seinen Lohn ver­zichten. 

1000 Euro würden die Meisten wohl noch abtreten.
Wahr­schein­lich. Viel­leicht müsste man noch ein paar Nullen anhängen, damit es einen Bun­des­liga-Profi schmerzt. Doch es stimmt: Die Spieler sind nicht das Haupt-Pro­blem. Es ist das Geschäft als sol­ches, was diesen Sport kaputt macht. Im Profi-Fuß­ball gibt es sogar Banden! 

Kri­mi­nelle Banden? 
Ja, sogar im Sta­dion. Näm­lich Werbe-Banden! (Lacht.)