Klar, die letzte Spielzeit war zum Vergessen. Doch in dieser Saison holt der VfL Wolfsburg wieder Titel. Moment, was?
Was ist neu? Der Trainer. Oder doch nicht? Zumindest auf dem Papier steht da ein anderer Name, Kovac statt Kohfeldt. Aber hat man nicht eigentlich nur den einen jungen, charismatischen Trainer mit viel Vorschusslorbeeren, der bislang allerdings erst bei einem Verein – und dort auch nur in einer Saison – zeigen konnte, was er vielleicht kann, gegen den anderen jungen, charismatischen Trainer mit viel Vorschusslorbeeren, der bislang allerdings erst bei einem Verein – und dort auch nur in einer Saison – zeigen konnte, was er vielleicht kann, eingetauscht? Das gleiche machen, aber ein anderes Ergebnis erwarten – so ähnlich wie wir, wenn wir am Wochenende wieder bei keiner Runde Nein sagen, aber am nächsten Morgen trotzdem von den Kopfschmerzen überrascht werden.
Was ist so geblieben (verdammt nochmal)? Die Spieler. Die Wölfe haben mit 34 Spielern den größten Profikader der gesamten Bundesliga. Und wofür? Eine internationale Doppelbelastung ist jedenfalls weit und breit nicht zu sehen, man könnte natürlich bei jedem DFB-Pokal-Spiel einen anderen Torhüter einsetzten, müsste dafür aber immerhin ins Halbfinale kommen. Klar, besser haben als brauchen und auch das Transferfenster ist ja bekanntlich so lange geöffnet, bis auch der letzte RB-Spieler seinen Weg zu Ex-Trainer Nagelsmann nach München gefunden hat. Etwas Zeit zur Kaderverkleinerung bleibt also noch. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass Jörg Schmadtke sein auf Januar datiertes Karriereende einfach um ein halbes Jahr vorgezogen hat und sich still und leise (ganz nach Schmadtke-Art) auf die Malediven verabschiedet hat. Aber gut, wer will es ihm verdenken?
Was fehlt? Drama! Da war doch einiges drin in der letzten Saison, wenig positives aus VfL-Sicht zwar, aber zumindest haben die Wölfe uns endlich mal unterhalten. Angefangen mit dem Wechselfehler im DFB-Pokal (Danke nochmal für die heiße Spur beim Kicktipp Bonus-Tipp zur ersten Trainerentlassung der Saison), dann doch kurz Hoffnung nach fünf gewonnenen Ligaspielen, was den Absturz nur noch größer gemacht hat, acht sieglose Spiele später ging es mit Florian Kohfeldt in den Abstiegskampf. Was für ein Drama, aber auch ein bisschen Komödie, eigentlich war auch ein bisschen Horror dabei, alles in allem wirklich großes Kino. Da können wir nur Danke sagen für eine unterhaltsame Saison und verabschieden die Wölfe damit zurück in die Bedeutungslosigkeit.
Wenn dieser Klub ein Getränk wäre: Ihr kennt sie alle, die kleinen Fruchtsaftflaschen, die vor jedem Meeting von den Praktikanten hübsch auf den Tischen drapiert werden. Sieht ganz nett aus, aber auch irgendwie sehr gewollt. Trotzdem gehören sie dazu und es könnten auch deutlich ungenießbarere Getränke dort stehen. Würde man sie also vermissen wenn sie nicht mehr dort stehen? Naja, so weit geht die Sympathie dann doch nicht, man würde sich die kleinen Fläschchen schließlich auch nicht privat kaufen, denn auch wenn es schlechtere Alternativen gibt, es gibt auch deutlich bessere und vor allem günstigere.
Das 11FREUNDE-Orakel: Mit einem klaren Sieg am 16. Spieltag gegen den FC Bayern München legt der VfL Wolfsburg die Weichen für die Meisterschaft, die Neuzugänge Frohms und Hegering konnten in diesem Jahr bereits einen Titel in der Nationalmannschaft zusammen feiern, um jetzt am letzten Spieltag gegen den SC Freiburg nach einer packenden Partie vor ausverkauftem Haus die Meisterschale im AOK Stadion in die Luft recken zu… ach Moment mal, das ist der Saisonverlauf der Frauen des VfL Wolfsburg. Puh, für die Männer müssen wir hier kurz in den Tiefen des Orakel-Papierberges kramen. Ah da, zerknickt und unbeachtet in der Ecke. Der VfL Wolfsburg wird am Ende der Saison mit Niko Kovac (immerhin) im Tabellen-Niemandsland, auf Platz 10, landen. Kein Drama, kein Abstiegskampf, vielleicht durfte man mal kurz die Fühler in Richtung der internationalen Plätze ausstrecken, aber nach deutlichen Niederlagen gegen Hoffenheim und Mainz, konnte man diese Träume schnell begraben. Und wenn sich die technischen Möglichkeiten zur Erfassung von Einschaltquoten zur neuen Saison nicht verbessert haben und immer noch Einzelspiele mit weniger als 5000 Zuschauern als eine Quote von 0 gewertet werden, dürfte der VfL auch hier wieder einige Null-Nummern einfahren.