Li Yonghong ist seit April 2017 Eigentümer des AC Mailand und will den Verein zurück zum Glanz vergangener Tage führen. Doch nun werden Stimmen laut, dass er pleite sei – Li dementiert.
Was dem AC Mailand seit August 2016 wiederfahren ist, klingt nach einem abschreckenden Fußballmärchen. Eines von der Sorte, die einen auf die 50+1‑Regel blicken und hoffen lässt, dass sie ewig weiter bestehen wird. Denn die Gier nach mehr öffnet auch unglaubwürdigen Personen die Vereinstür, mit denen man nicht mal gerne eine Bank im Bus zum Auswärtsspiel teilen würde.
Der dreifache Champions League-Gewinner Associazione Calcio Milan, kurz AC Mailand, ließ in den letzten Jahren die großen Titel vermissen. Zudem häufte man 220 Millionen Euro an Schulden an, was dem Eigentümer, Silvio Berlusconi, gar nicht schmeckte. Noch weniger wollte der ehemalige italienische Ministerpräsident das Geld für Verpflichtungen neuer Spieler in die Hand nehmen und bot den über 100 Jahre alten Verein zum Verkauf an.
Wie viel kostet Tradition?
Und es fand sich ein Käufer. Im August 2016 erklärte sich die Sino-Europe Sports Investment Management Changxing Co., Ltd. dazu bereit, für den Klub 740 Millionen Euro zu zahlen (inklusive der Schulden). 100 Millionen wurden als Pfand hinterlegt, der Rest sollte bis Dezember folgen. Tat er aber nicht. Was begann, war ein Rumgeschiebe von Multi-Millionenbeträgen von China über Hongkong bis zu den Virgin Islands und Gründungen von Unternehmen, die alle Rossoneri hießen.
Doch auch das undurchsichtige Netz von Firmen half am Ende nichts: Bis Dezember war lediglich eine weitere Sicherheit von 100 Millionen Euro hinterlegt worden, eine neue Zahlungsfrist wurde festgelegt. Als auch diese zu verstreichen drohte, lieh man sich die ausstehenden 300 Millionen Euro von der Elliott Management Corporation mit der Auflage, das Geld bis Oktober 2018 zurückzuzahlen. Sollte dies nicht der Fall sein, würde der AC Mailand in den Besitz der Elliott Management Corporation übergehen.
Doch in Mailand feierte man den Verkauf des Vereins, denn jetzt war das Geld für große Transfers da: 194,5 Millionen Euro gab man letzten Sommer für neue Spieler aus, doch man verlor gegen zwei Aufsteiger und kam aus dem Mittelfeld der Tabelle einfach nicht heraus. Offiziell gehört jetzt der Verein Rossoneri Sport Investment Luxembourg – und der Chef dieser Firma ist Li Yonghong.
Über Herrn Li etwas zu finden, was von glaubwürdigen Quellen bestätigt ist, ist schwer. Sein Geburtsort ist ebenso unbekannt wie die Herkunft seines Geldes. Laut eigener Aussage habe er ein Vermögen mit einer Phosphatmiene gemacht, dem jetzigen Inhaber dieser Miene ist Li Yonghong allerdings nicht bekannt. Lis Lebenslauf, die ihn als General Manager und CEO verschiedener Unternehmen in Hongkong ausweist, ist laut des Unternehmensregisters der ehemaligen britischen Kolonie nicht wahrheitsgemäß, denn er kommt darin schlicht nicht vor.
Was man allerdings findet, sind Berichte über die Verhaftung seines Vaters Li Naizhi und seines jüngeren Bruders Li Yongfei. 2003 waren beide angeklagt worden, ein Unternehmen zum Kauf von Ackerland nur als Fassade zu nutzen und in Wahrheit Anleger in ein Schneeballsystem zu verwickeln. Da der Großteil des erwirtschafteten Vermögens an ein Unternehmen des älteren Bruders, Li Hongqiang, weitergeleitet wurde, wollte die Chinesische Polizei auch diesen verhaften. Doch dieser entzog sich der Festnahme durch eine Hongkonger Staatsbürgerschaft und setzte sich in der Folge nach Honduras ab.
Die Antwort auf alle Fragen: „Fake News“
Nun kann man niemanden verurteilen, weil Mitglieder seiner Familie verhaftet worden sind. Es ist nicht verboten, einen unvollständigen Lebenslauf zu veröffentlichen und auch eine undurchsichtige Unternehmensführung in China nichts Neues.
Doch die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“ veröffentlichte diese Woche, dass Li bereits jetzt pleite wäre und deshalb seine Anteile an Taobao (Anm. d. Red. asiatisches Pendant zu eBay) verkaufen müsste. Sollte das stimmen, wäre es für AC Mailand fatal – denn dann würden sie in Kürze der Elliott Management Corporation angehören, die als Heuschrecken-Investoren in Süd-Amerika bereits bekannt sind.
Während der Artikel in Italien hohe Wellen schlug, feierte Li gerade das chinesische Neujahrsfest in seiner Heimat. Er antwortete erst zwei Tage später mit einem kurzen Statement auf der Seite des Klubs: Es seien Fake News. Er sei liquide, seine Unternehmen laufen alle und überhaupt fände er den Druck, mit dem er seit dem Kauf des Vereins zu kämpfen hat, enorm. Dann wünschte er allen noch ein frohes neues Jahr.
Eins, zwei oder drei?
„An diesem Punkt gibt es drei Möglichkeiten“, zog die „Corriere della Sera“ als Fazit: „1. Er ist wirklich sehr reich. Sein Vermögen ist bislang versteckt und er zahlt die Schulden nicht, da er abgelenkt wird. 2. Er hat jeden gelinkt und glaubt an sein Konstrukt aus Lügen. 3. Er war ein Strohmann in einem größeren Spiel und die Garantien stammen nicht von ihm.“ Dem Verein wäre Variante 1 zu wünschen, aber in Anbetracht der Lage wirken die beiden anderen Möglichkeiten plausibler.
Enttäuschend muss es für Trainer Gennaro Gattuso und sein Team sein: Zum ersten Mal in der Saison haben sie einen Lauf, elf Spiele in Folge ungeschlagen, in der Euro-League ist man im Achtelfinale. Doch wofür das alles, wenn man nicht mal weiß, unter wem man im nächsten Jahr Spielen wird?