Ein Kölner Sportstudent macht mit drei simbabwischen Nachwuchsfußballern einen Roadtrip durch Deutschland. Ihr Ziel: ein Vertrag bei einem Profiverein.
AYSA, die Akademie der drei simbabwischen U20-Nationalspieler, sei da ganz anders, sagt Gründer und Geschäftsführer Marc Duvillard. Der Schweizer, der früher mal den FC Lugano und Lausanne Sports trainierte, spricht von einer sozialen Einrichtung, in der es nicht in erster Linie um Fußball und die großen Karrieren gehe, sondern eher darum, die Kinder auf das Leben vorzubereiten. Die Worte „Life Skill Coaching“ prangen auf der Homepage, und neulich fand sogar ein Seminar mit dem Titel „Talk on Human Trafficking“ statt, in dem Referenten über Transfers von minderjährigen Fußballern sprechen. „Wir schicken die Jugendlichen nur ins Ausland, wenn es echte Perspektiven gibt“, sagt Duvillard. „Deswegen spielen auch vergleichsweise wenige unserer Spieler in Europa.“
Der renommierte Sportwissenschaftler Raffaele Poli, der seit Jahren zum Thema Kinderhandel im Fußball forscht, bestätigt die Selbstbeschreibung der Akademie. „AYSA ist eine NGO, die vorbildlich arbeitet. Im Gegensatz zu vielen anderen Akademien, gerade in Westafrika. Sie hat einen pädagogischen Ansatz.“ So können die Jüngeren auf der AYSA einen Schulabschluss machen, und die Älteren bekommen Englisch- und Computerunterricht.
„Trotzdem“, sagt Sören Stephan, „auch die meisten Kinder der AYSA haben nur ein Ziel: Sie wollen Fußballprofi in Europa werden.“
Keine Perspektiven in Simbabwe
Moffat, Mapisa und Guyo traten vor etwa sieben Jahren der AYSA bei. Sie waren nicht bettelarm und lebten nicht in den Slums, als sie ankamen. Aber ihre Eltern hatten einfache Jobs, Mechaniker oder Schneider. Das Einkommen reichte selten für zwei Mahlzeiten am Tag und oft nicht mal, um das Schulgeld zu bezahlen.
Simbabwe ist ein Land der Armut. Die Arbeitslosenquote liegt bei über 90 Prozent, seit 30 Jahren regiert Diktator Robert Mugabe mit harter Hand. Ein Mann, der sich weniger um die Wirtschaft seines Landes schert, als vielmehr um sein eigenes Wohl. Die Feier seines 92. Geburtstags im vergangenen Jahr soll über 700.000 Euro gekostet haben.
Selbst ein Profivertrag in der simbabwischen Premier Soccer League klingt für junge Fußballer alles andere als lukrativ. Topverdiener beim Dynamos FC oder Platinum FC, den großen Vereinen der Liga, kommen im Monat zwar auf 400 bis 1000 Dollar, die meisten Spieler müssen sich aber mit 50 bis 150 Dollar zufriedengeben. Die „Zimbabwe Congress of Trade Unions“ spricht von „Sklavengehältern“. Viele Profis versuchen daher ihr Glück in Südafrika. Dort wird mehr bezahlt, außerdem gilt die Liga als Sprungbrett. So hat es etwa der Simbabwer Knowledge Musona nach Europa geschafft, er wechselte 2011 von den Kaizer Chiefs zur TSG Hoffenheim und spielt aktuell in Belgien für den KV Ostende. Auch er wurde bei AYSA ausgebildet.
„Coach, kannst du uns ein Probetraining vermitteln?“
Als Sören Stephan die drei Jungs im Spätsommer 2015 zum ersten Mal trifft, lernt er drei schüchterne Jugendliche kennen, die in der Anwesenheit von Erwachsenen in Ehrfurcht erstarren. Ältere, das haben sie gelernt, sind Autoritäten, denen man nicht widerspricht. „Es herrschte anfangs eine Atmosphäre, die mir unangenehm war“, sagt Stephan. Auf der einen Seite: der große Mann aus Europa, der das Geld und das Wissen besitzt. Auf der anderen die jungen Afrikaner, fragil und devot, die den weißen Mann als Übervater betrachten – auch wenn dieser nur acht Jahre älter und ein gewöhnlicher Student ist.
Aber mit der Zeit nähern sie sich an. Vielleicht weil die drei Jungs realisieren, dass Stephan interessiert an ihnen ist. Vielleicht weil sie sehen, dass er kein Heiliger ist und auch keiner sein möchte. Als er sie nach gut zwei Monaten wieder verlässt, fragen sie: „Coach, kannst du uns ein Probetraining in Deutschland vermitteln?“ Stephan, der Coach, blickt sie erstaunt an. Wenn er könnte, klar, dann würde er das machen. Aber wie soll er das nur anstellen?