Hurra, der 1. FC Köln spielt wieder in Europa (vielleicht). In der Vergangenheit war das meist kein gutes Vorzeichen. Gelingt die Saison diesmal besser?
Was ist neu? Die Teilnahme an der Qualifikation zur Conference League. Der ruhmreiche Effzeh hat in seiner Geschichte viel erlebt: Einige (wenige) Meisterschaften und Pokalsiege, Spiele in verschiedenen Europapokalen, Auf- und Abstiege. Aber was der Verein noch nie durchlebte, ist die Teilnahme an der Europa Conference League. Gut, den Wettbewerb gibt es auch erst seit dem vergangenen Jahr, aber es ist dennoch erfreulich, dass er genau seinen Zweck erfüllt, nämlich halbgaren Mittelklassevereinen aus den Topligen des Kontinents das Gefühl zu geben, auch mal eine Geige in Europa zu spielen. Naja, neben den Meistern aus San Marino, Albanien und Island, versteht sich. Aber International ist International und einem geschenkten Europacup schaut man nicht ins Maul, oder so ähnlich.
Was ist so geblieben (verdammt nochmal)? Womöglich das Beiwerk, das eine Teilnahme am Europapokal in Köln traditionell mit sich bringt. Also eine Saison voller Pleiten, Sorgen und Abstiegsgefahren. Nach erfolgreicher Qualifikation für den Uefa-Cup 1985 sicherte Köln im Jahr darauf erst am letzten Spieltag den Klassenerhalt, ebenfalls Abstiegskampf lautete die Realität 1993, nachdem die Truppe 1992 in den Europapokal eingezogen war. In der Saison 2017/18, als Kölle in der Europa League gegen Arsenal siegte, fehlten in der Bundesliga schließlich elf Punkte zum erhofften Relegationsplatz, Köln stieg ab. Nach dem Pokalaus vom Wochenende in Regensburg muss der neutrale Beobachter leider sagen: So unrealistisch ist es nicht, dass sich die Geißböcke wieder eher im Abstiegskampf als im neuerlichen Kampf um Europa wiederfinden.
Was fehlt? Das große Geld. Daran ändert auch die Quali zur Europa Conference League nichts. Die finanzielle Lage des Vereins ist angespannt, auch wegen der Pandemie. „Der FC ist finanziell und strukturell eine große Sanierungsaufgabe“, hat Christian Keller, Geschäftsführer Sport des 1. FC Köln, dem Kölner Express im Mai gesagt. Sogar die Ticketpreise im Müngersdorfer Stadion erhöhte der Klub um rund 20 Prozent. Leistungsträger und Großverdiener wie Anthony Modeste oder Sebastian Andersson könnten daher noch verkauft werden. Neuzugänge kamen entweder ablösefrei oder für wenig Geld. Die Verantwortlichen verbreiterten eher den Kader mit Steffen Tigges, Sargis Adamyan oder Erik Martel für die Mehrfachbelastung als ihn zu verstärken. Bei weiteren Abgängen von Leistungsträgern könnte das den Geißböcken auf die Hufe fallen. Aber der Verein hat bereits am vergangenen Samstag ein wenig vorgesorgt. Durch das Pokal-Aus wird aus der Dreifach- nur noch eine (mögliche) Zweifachbelastung. Clever.
Wenn dieser Klub ein Getränk wäre: Gut&Günstig Cola. Eine Cola, die eigentlich nur so sein möchte, wie all die anderen beliebten und erfolgreichen koffeinhaltigen Erfrischungsgetränke. Verglichen mit den Big Playern hat sie aber doch eher bescheidene Möglichkeiten. Und wenn sie mal gekauft wird, dann denkt sie, sie ist schon im Cola-Olymp angekommen (Effzeh-Trainer Steffen Baumgart zur 1:2‑Testspiel-Niederlage gegen die AC Mailand: „In Köln so ein Spiel zu gewinnen ist vielleicht gar nicht gut, dann fängst du hier gar keinen mehr ein.“). Nehmen Supermarktkunden mal eine Flasche aus dem untersten Regal, fällt die dünne und billig produzierte Verpackung auf. Kosten sparen, aber davon träumen, Kassenschlager zu sein – so funktioniert das nicht.
11FREUNDE-Orakel: Na klar, es wird kommen wie immer in den letzten Jahrzehnten in Köln. In den Playoffs zur Conference League wird sich der Effzeh gegen ZSKA Sofia in die Gruppenphase mühen, um dort gegen Konyaspor, Nizza und Molde auszuscheiden. Durch die Spiele in Europa wächst die Verletztenliste und die Breite des Kaders wird nützlich, doch gleichwertige Qualität sucht Baumgart vergeblich. Talente wie Denis Huseinbasic, Mathias Olesen und Tim Lemperle müssen in die Startelf rücken. In der Rückrunde wird es besser, weil nach dem DFB-Pokal auch der Europacup für Köln wegfällt und die Verletzten zurückkehren. Am 32. Spieltag macht der Effzeh gegen Hertha den Klassenerhalt klar. Am Ende langt es für Platz 13.