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Vor knapp fünf­zehn Jahren rech­nete Rudi Völler in seiner berühmt-berüch­tigten Wei­zen­bier-Rede mit den Medien ab. So lustig seine Sprüche gegen Wal­demar Hart­mann auch waren („Du bringst doch hier die Schärfe rein!“), seine Kritik traf einen wahren Kern: Gerne malen wir Sport­jour­na­listen schwarz und weiß und rufen ständig einen neuen Höhe- oder Tief­punkt aus.

Doch im Zusam­men­hang mit Borussia Dort­mund fällt es momentan schwer, nicht über Tief­punkte zu schreiben. Eine Mann­schaft, die viel­leicht als Meisterschafts‑, min­des­tens aber als Cham­pions-League-Kan­didat in die Saison gestartet war, steht nach neun­zehn Spiel­tagen auf dem letzten Rang. Und obwohl die erste Halb­zeit gegen den FC Augs­burg ordent­lich war – die zweite war ein neuer Tief­punkt in einer an Tief­punkten nicht armen BVB-Saison.

Dort­munds Sta­bi­li­täts­fokus

In der Win­ter­pause rich­tete Jürgen Klopp seine Borussia neu aus, hin zu mehr Sta­bi­lität und defen­siver Stärke. Auch gegen den FC Augs­burg fokus­sierte sich der BVB auf das Pres­sing und das kom­pakte Ver­schieben. Zunächst lau­erte Klopps Mann­schaft im Mit­tel­feld. Dort­mund lenkte den Gegner dabei oft auf den Flügel und suchte dort mit drei oder vier Spie­lern den Zugriff.

Bereits gegen Lever­kusen war zu erkennen, dass das Dort­munder Pres­sing im Ver­gleich zur Hin­runde wesent­lich besser funk­tio­niert. Die Mecha­nismen greifen besser, die Spieler ver­schieben kol­lek­tiver und nehmen ihre Auf­gaben sehr pflicht­be­wusst wahr. Feh­lende Dis­zi­plin und man­gelnden Kampf kann man dem BVB zur­zeit nicht vor­werfen.

Augs­burg, das Über­ra­schungs­team

Gegen den FC Augs­burg ist das Pres­sing jedoch schwerer als gegen die meisten anderen Bun­des­li­gisten. Augs­burg ver­fügt über ein gutes Ball­be­sitz­spiel, das sich vor allem auf die Qua­lität des Mit­tel­felds ver­lassen kann. Pierre-Emile Højb­jerg und Daniel Baier halfen auf den Flü­geln, um das Pres­sing der Dort­munder zu umgehen. So konnten die Augs­burger sich selbst aus engen Situa­tionen gut befreien. Sobald die erste Pres­sing­reihe der Dort­munder umspielt war, fand Augs­burg Räume auf dem Flügel, die sie für schnelle Angriffe nutzen konnten.

Nach rund einer Vier­tel­stunde inten­si­vierten die Dort­munder ihr Pres­sing und griffen früher an. Vor allem das Stören der Augs­burger Innen­ver­tei­di­gung zahlte sich aus. Auf­grund zahl­rei­cher Ver­let­zungen musste Markus Wein­zierl hier impro­vi­sieren und stellte mit Ragnar Clavan und Chris­toph Janker eine unein­ge­spielte Innen­ver­tei­di­gung auf. Ball­ver­luste im Auf­bau­spiel waren die Folge. Der BVB kam in dieser Phase ver­mehrt zu Chancen. Inten­sives Pres­sing und schnelles Umschalten – es wehte ein Hauch des alten BVB durch das West­fa­len­sta­dion, wenn auch der finale Pass so gut wie nie den Mit­spieler fand.

Rück­stand kann der BVB nicht

Nach der Pause zog sich der BVB wieder etwas weiter zurück, wäh­rend Augs­burg früher störte. Højb­jerg und Altintop schossen häufig aus der 4 – 2‑3 – 1‑Formation nach vorne, sodass im Pres­sing ein aggres­sives 4−1−3−2 ent­stand. So fand das Mit­tel­feld der Dort­munder nicht ins Spiel. Augs­burg kon­trol­lierte die Partie über das eigene Pres­sing und das gute Ball­be­sitz­spiel – und erzielte fol­ge­richtig das Tor. Eine Pleiten, Pech & Pannen“-Fehlerkette der Dort­munder Abwehr lud Raul Boba­dilla dazu ein (50.).

Nach Rück­ständen hat Borussia Dort­mund in dieser Saison einen küm­mer­li­chen Punkt geholt (beim 2:2 gegen den VfB Stutt­gart). Ansonsten bedeu­tete ein BVB-Rück­stand stets eine Nie­der­lage. Diese Partie war keine Aus­nahme: Spie­le­risch boten die Dort­munder eine schwache Leis­tung. Sie besetzten die Posi­tionen in der Offen­sive sehr ungleich­mäßig, ein kon­struk­tives Offen­siv­spiel fand kaum statt. Statt­dessen setzten sie bereits früh auf die Brech­stange, die langen Bälle fanden aller­dings selten einen Abnehmer – kein Wunder, posi­tio­nierte sich Stürmer Ciro Immo­bile doch meist auf dem Flügel.

Die rote Karte gegen Janker (63.) half dem BVB nicht, im Gegen­teil. Augs­burg stand nun noch tiefer, der BVB agierte noch ideen­loser. Zwi­schen der 71. und der 88. Minute gab der BVB nicht einen Tor­schuss ab. Stets suchten die Angreifer den kom­pli­zierten statt den ein­fa­chen Weg. Exem­pla­risch war eine Szene fünf Minuten vor Spiel­schluss, in der Neven Subotic eine Flanke hinter das Tor setzte, wäh­rend die Spiel­ge­stalter Henryk Mkhi­ta­ryan und Mats Hum­mels neben ihm völlig frei­standen.

Zweifel an der Aus­rich­tung

Fast schon man­tra­artig beschwören die Dort­munder Ver­ant­wort­li­chen, dass Kampf im Tabel­len­keller wich­tiger sei als Cham­pa­gner-Fuß­ball“. Doch wer den BVB am gest­rigen Abend gesehen hat, sah elf Spieler, die auf­op­fe­rungs­voll alles gaben, aber spie­le­risch ver­sagten. Nach Rück­ständen fällt der BVB kom­plett in sich zusammen, alle spie­le­ri­schen Schwä­chen und psy­chi­schen Blo­ckaden zeigen sich hier. Und so fällt es nicht schwer, von einem neuen Tief­punkt zu schreiben. Egal, was Rudi Völler dazu sagen würde.