In Deutschland gilt Claudio Pizarro als Spaßvogel und Torjäger. In seiner Heimat Peru als Querulant und Unruhestifter. Warum?
Nach Claudio Pizarros 1:0‑Siegtor gegen Venezuela im zweiten Gruppenspiel der Copa América tauchten in den Sozialen Netzwerken eine Vielzahl sogenannter „Memes“ auf, Witze und Sprüche auf Fotos . Und eines dieser Memes war gar nicht so komisch, zumindest nicht für Pizarro. Er zeigt den Spieler beim Torschrei nach seinem entscheidenden Treffer, und darüber steht die Frage: „Und, vertraut Ihr mit jetzt“? Die Antwort darunter war „Nein“ – und es folgte eine üble Beleidigung, die man an dieser Stelle nicht wiedergeben kann, ohne sämtliche Mütter dieser Welt zu kompromittieren.
Solche Bildwitze über den Stürmer kursieren seit Jahren im Internet und sie belegen, dass es der in Bremen und bei Bayern so beliebte Peruaner in seiner Heimat viel schwerer hat. Bei Werder und in München mochte und schätzte man Pizarro als Stürmer mit Schmäh und Charme, Talent und Torinstinkt. Aber in der Heimat hat Pizarro den Ruf eines Unruhestifters, Stressmachers und als jemand, der viel zu wenig für sein Land gegeben hat.
„Er hat diese Saison ja kaum ein Spiel gemacht“
„Pizarro hat Schulden bei den Peruanern und der Nationalmannschaft“, sagt zum Beispiel César Condori, ein peruanischer Fußballfan aus der Stadt Arequipa, der in diesem kalten chilenischen Winter die Auftritte seiner Elf bei der Südamerika-Meisterschaft verfolgt. Und er spricht seinem Volk aus dem Herzen. Als der 36 Jahre alte Stürmer im ersten Spiel gegen Brasilien auf der Bank saß, fanden das die meisten Peruaner völlig in Ordnung: Zu alt, passt zu wenig ins System und überhaupt: „Er hat diese Saison bei Bayern ja kaum ein Spiel gemacht“, sagt Condori. Wettbewerbsübergreifend machte Pizarro beim Deutschen Meister gerade mal 17 Spiele. Er stand nur 388 Minuten auf dem Platz, schoss nur ein Tor. Wahrlich keine Empfehlung für die Nationalmannschaft.
Aber dann kam diese 71. Minute im Spiel gegen Venezuela. Ein Pass in den Strafraum kann ein Verteidiger nur vor die Füße von Pizarro grätschen, und der haut den Ball mit links in dieser typischen Pizarro-Haltung mit dem Körper leicht über den Ball gebeugt mit voller Wucht unter die Latte. In diesem Moment konnte man ahnen, warum der 36-Jährige einmal den Namen „Bomber aus den Anden“ verpasst bekommen hatte. Es war nicht nur ein schönes, es war vor allem ein wichtiges Tor. Und da auch der Fußball-Fan immer ein kleiner Opportunist ist, sagt César Condori: „Wenn er solche Tore macht, lieben wir ihn“.